Rede · 24.02.2017 Ein eindeutiges Ja zum Praktikum - aber zu vernünftigen Bedingungen

Rede zu Protokoll gegeben.Flemming Meyer zu TOP 41 - Gute Arbeit für Praktikanten – Schutzvorkehrungen und Mindeststandards für Praktika einführen

Presseinformation

Kiel, den 24.2.2017

Rede zu Protokoll gegeben

Drs. 18/5194

Praktika ermöglichen jungen Menschen, sich ein eigenes Bild über einen Arbeitsplatz oder einen Beruf zu machen, indem sie in Betrieb oder Behörde den Arbeitsalltag kennenlernen und beobachten. Wenn ich an einige Schülerinnen und Schüler denke, war für sie das Praktikum oftmals der erste, ernste Kontakt mit der Arbeitswelt, die sie vorher nur aus Gesprächen kannten. Sie merken erst an der Werkbank oder der Ladentheke, ob ihnen der Beruf zusagt oder nicht. Das persönliche Erleben ist also enorm wichtig und durch kein Buchwissen ersetzbar. Darum ein eindeutiges Ja zum Praktikum. 

Ein Praktikum ist  ja nicht zufällig für viele Ausbildungs- und Berufsgruppen verpflichtend. Das Prinzip ist einfach: Erst lernt man etwas am Schreibtisch und sieht dann im Praktikum, wie das Gelernte in der Praxis ausgeführt wird. Bei Pflichtpraktika ist der Landesdienst bereits gut aufgestellt; die entsprechenden tariflichen Regelungen und Richtlinien zeigen das. Sie sind nach meiner Einschätzung ausreichend für den Schutz von Praktikanten, die im Rahmen ihrer Ausbildung als Pflichtpraktikanten ein Praktikum absolvieren müssen. 

Allerdings gibt es auch eine Schattenseite der Praktika. Ein Praktikant ist nämlich rechtlich gesehen kein Arbeitnehmer, so dass viele Rechte des Arbeitnehmers demzufolge auch nicht gelten. Arbeitgeber nutzen das aus. Fragen Sie in den Jobcentern nach. Dort sind genügend schwarze Schafe bekannt, die immer wieder Praktikanten anfordern, woraus aber niemals eine Festanstellung erfolgt. Immer wieder wird Menschen Hoffnungen gemacht, nur um sie als kostenlos Beschäftigte auszubeuten. Das gilt übrigens nicht nur am unteren Ende der Lohnskala, sondern auch für viele Studienabsolventen. Sie werden in der einen oder anderen Agentur voll eingesetzt, ohne jemals einen Cent für ihre Arbeit zu sehen. Hier werden Ressourcen richtig gehend verschwendet, worauf der Deutsche Gewerkschaftsbund wiederholt hingewiesen hat.  Vor einigen Jahren kam das böse Wort von der Generation Praktikum auf, weil sich immer mehr Absolventen von einem Praktikum zum anderen hangeln; finanziert oftmals von den eigenen Eltern.

Darum ist vollkommen klar, dass ein Praktikum zeitlich begrenzt sein muss. Vor diesem Hintergrund kommt dem Land natürlich eine besondere Verpflichtung und eine Vorbildfunktion zu. Es ist gut und richtig, dass es überhaupt keine zeitlich unbegrenzten Praktika im Landesdienst gibt. Die meisten Praktika dauern nicht einmal vier Wochen. In dieser Zeit gewinnt der Praktikant einen guten Einblick, ohne dass die Gefahr besteht, dass er oder sie in Arbeitsprozesse eingliedert wird. Das ist im besten Sinne ein Praktikum. Für die anderen Praktikanten zeigt die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Piraten, dass  die Zahl der freiwilligen Langzeitpraktika im Landesdienst sehr klein ist. Nur sechs freiwillige Praktikanten listet die Landesregierung auf, die länger als drei Monate Praktikum ableisten; davon vier im Landesbetrieb für Küstenschutz. Diese vier erhielten eine existenzsichernde Vergütung. So etwas findet man in der freien Wirtschaft wohl nicht.

Zu meinem Bedauern haben kaum Flüchtlinge Zugang zu Praktika in der Landesverwaltung, wie die Antwort der Landesregierung auf eine entsprechende Anfrage des Kollegen Klug offenbarte. Gerade aber Flüchtlinge sind auf Erfahrungen im deutschen Berufsalltag angewiesen, der sich ja sehr von dem in ihrem Heimatland unterschieden kann. Ich würde es begrüßen, wenn die Landesregierung mehr Flüchtlinge als Praktikanten einen Einblick in die deutsche Arbeitswelt gewähren würde. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Sprachbarriere im Lauf des Praktikums immer niedriger werden würde. Entsprechende Angebote würden darüber hinaus ein gutes Signal in die freie Wirtschaft sein.

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