Tale · Flemming Meyer · 19.06.2009 Entwurf eines Hochschulzulassungsgesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Zustimmungs- und Ausführungsgesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung

Der vorliegende Entwurf eines neuen Hochschulzulassungsgesetzes ist für die Landesregierung ein Armutszeugnis sondergleichen. Die beiden Zielsetzungen, zum einen die Neuregelung des Kapazitätsermittlungsrechtes durch die Einführung eines Bandbreitenmodells und zum anderen die Stärkung der Hochschulautonomie durch ein neues Auswahl- und Vergabeverfahren, richten aus Sicht des SSW mehr Schaden als Nutzen an. Und auch die Stellungnahmen der betroffenen Hochschulen machen deutlich, dass die Erneuerungen unüberlegt sind und jeglicher sinnvollen Grundlage entbehren.

Die Einführung des curricularen Normwerts als Bandbreitenmodell soll den Hochschulen ermöglichen, das Betreuungsausmaß der Studierenden innerhalb eines Spektrums festzulegen. Somit wurde zwar auf die Forderung der Hochschulen nach einem flexibleren System eingegangen. Gleichzeitig sind die vorgegebenen Bandbreiten aber bisher noch unbekannt und nur ein Fortschritt für die Qualität der Lehre, wenn damit auch die Betreuungsrelationen an den Hochschulen verbessert werden. Es spricht jedoch einiges dafür, dass die Bandbreiten eine Betreuung über dem absoluten Minimum nicht zulassen und somit auch keine qualitative Verbesserung der Betreuung an den Hochschulen unterstützt wird.

Darüber hinaus wird mit der Neuordnung des Auswahl- und Vergabeverfahrens das gesamte Immatrikulationsverfahren der Hochschulen auf den Kopf gestellt. Aus unserer Sicht sind damit das Chaos und die hohe Anzahl neuer Gerichtsverfahren vorprogrammiert, da niemand mehr nachvollziehen kann, warum jemand an einer Hochschule angenommen oder abgelehnt wird.
Die ZVS wird nur noch die Zuständigkeit für ein paar wenige Studiengänge haben. Alle weiteren können - müssen aber nicht - von den Hochschulen reguliert werden. Als Alternativlösung können die Hochschulen mit Erlaubnis des Wissenschaftsministeriums das Auswahl- und Vergabeverfahren an Dritte delegieren. Das Verfahren richtet sich dann in Zukunft nicht mehr nur nach den Bestnoten und der Wartezeit, sondern außerdem zu 60% nach einem Auswahlverfahren der Hochschulen. Das Verfahren kann zum Beispiel auf Einzelnoten, Studierfähigkeitstest, Art der Berufsausbildung oder Auswahlgesprächen beruhen.

Zwei Dinge bleiben bei dieser Neuordnung aus Sicht des SSW völlig unklar. Erstens wie der zusätzliche Arbeitsaufwand an den Hochschulen gestemmt werden soll und zweitens, wie transparente Kriterien für die Annahme oder Ablehnung einer Bewerberin oder eines Bewerbers aussehen. Die Landesregierung überlässt die Lösung des ersten Problems den Hochschulen. Sie stellt fest, dass die Hochschulen es ja nicht anders wollten: Jetzt müssen sie eben den Brei auslöffeln, den sie sich eingebrockt haben.

Das weit größere Problem ist nach Auffassung des SSW aber die Durchführung der Auswahlverfahren. Wie sollen die Hochschulenlehrenden objektiv beurteilen können, ob sich eine Person für ein Studium eignet, wenn nach Motivation, Identifikation und angestrebtem Beruf gefragt wird? Befragungen von Studienabsolventen belegen deutlich, dass die wenigsten Hochschulbewerberinnen und Bewerber vor Antritt des Studiums eine Identifikation mit dem Studienfach oder einem möglichen späteren Beruf entwickelt haben. Das Studium dient ja gerade dazu, dies zu entwickeln. Auch die CAU macht in ihrer Stellungnahme deutlich, dass die vorgeschlagenen Auswahlkriterien keine bessere Passung als die Abitursnote versprechen.

Der vorliegende Gesetzentwurf verkompliziert nicht nur das Auswahlverfahren, sondern schränkt mit dem Paragraph 11 auch die Autonomie und Eigenverantwortung der Hochschulen extrem ein. Hier ermächtigt sich das Ministerium, den Hochschulen alle relevanten Entscheidungen vorzuschreiben. Mit dem Paragraph 11 macht die Landesregierung die hochtrabend angekündigten Innovationen durch die Hintertür völlig zunichte und sich selbst vor allem lächerlich.

Für den SSW geht es vor allem darum, die Chancengleichheit der Bewerberinnen und Bewerber an den Hochschulen Deutschlands zu sichern. Wir zweifeln daran, dass diese gesellschaftliche Verantwortung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt wird. Der SSW plädiert daher für ein bundeseinheitliches Zugangsverfahren an den Hochschulen, damit sich diese auch in Zukunft auf ihr Kerngeschäft Forschung und Lehre konzentrieren können und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Chancengleichheit gesichert wird. Dem vorliegenden Gesetzentwurf können wir daher auf keinen Fall zustimmen.

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