Tale · Flemming Meyer · 29.04.2004 EU-Osterweiterung: Neue Partner und Nachbarn willkommen

Anfang der Woche nahm eine schleswig-holsteinische Delegation unter der Leitung von Landtagspräsident Heinz-Werner Arens in Danzig an einer Konferenz zur Gründung des „Parlamentsforums südliche Ostsee“ teil. Zentraler Gedanke der Veranstaltung war die Bildung von Netzwerken auf der Ebene der Parlamente. Akteure dieser Netzwerkbildung sind in diesem Zusammenhang die nordpolnischen Wojewodschaften Pommern und Westpommern und die beiden Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Und folgerichtig wurde im Anschluss an das Treffen in Danzig von Landtagspräsident Arens und dem Vorsitzenden des Sejmik der Wojewodschaft Westpommern, Karol Osowski, eine gemeinsame Erklärung über den die Zusammenarbeit zwischen den Sejmik und dem Schleswig-Holsteinischen Landtag unterschrieben.

Am Vorabend der historischen EU-Osterweiterung zum 1. Mai ist dies ein ganz wichtiges Sig­nal aus Schleswig-Holstein. Mit dieser regionalen Zusammenarbeiten leisten wir eine positiven Beitrag zur Integration derjenigen neuen EU-Länder, die an der Ostsee liegen. Der SSW steht zu dieser verstärkten regionalen Zusammenarbeit. – Nicht nur, weil die Ostsee­region eine Wachstumsregion ist, sondern auch, weil dies Art der Kooperation aus unserer Sicht künftig noch an Gewicht gewinnen werden. Eine EU der 25 wird eine andere EU sein als die der 15. Da darf man sich nichts vormachen. Das „Mare Balticum“ ist eine Idee „made in Schleswig-Holstein“. Für uns heißt die Herausforderung der kommenden Jahre somit, wie wir die Ostseekooperation unter den neuen, geänderten Rahmenbedingungen voran bringen können.

Ein Merkmal dieser Zusammenarbeit ist ja, dass es bereits viele Gremien und viele Formen von Netzwerken gibt. Das ist ihre Stärke, genau so wie es zu ihren Stärken gehört, dass sie von unten gewachsen ist. – Kultur, Minderheitenpolitik, Bildung und das Zusammentreffen von Menschen – alles dies macht die Ostseekooperation aus. Darüber sollten wir uns richtig freuen. Was noch geleistet werden muss, ist, die Ostseekooperation auf nationaler Ebene in Berlin und auf EU-Ebene in Brüssel zu stärken.

Für die skandinavischen Länder ist der Ostseeraum der herausragende Wirtschaftsraum. – Soll heißen: der Wettbewerb ist hart, und wir leiden darunter, dass die Ostseeregion aus bundesdeutscher, Berliner Sicht noch immer nicht in der ersten Liga spielt. Hier gibt es noch viel zu tun. Hier müssen wir aus Schleswig-Holstein weiter druck auf Berlin ausüben.

Anlässlich der EU-Erweiterung hat es verschiedene Umfragen gegeben. Aus vielen gehen Ängste hervor, daher ist es wichtig, deutlich zu machen, dass die Osterweiterung für Schleswig-Holstein eine Chance darstellt. Allerdings müssen wir uns auch dem Problem stellen, dass viele westliche Unternehmen wegen der niedrigen Löhne und Steuern ihre Arbeitsplätze in den neuen EU-Staaten verlagern, während bei uns viele Menschen ihre Arbeit verlieren. Daher brauchen wir beispielsweise EU-weite Regelungen für die Unternehmens­besteuerung und soziale Mindeststandard, die das massive Lohndumping verhindern.

Bei den Ängsten dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch in den Beitrittsländern Ängste gibt – in Polen zum Beispiel. Insgesamt dürfen wir nicht schönreden, dass wir in Deutschland Polen gegenüber eine besondere Verpflichtung haben – gerade wenn es um Vorurteile geht. Die Abstände sind geringer geworden. In den Köpfen der Menschen gibt es aber immer noch Barrieren, am meisten bei den Menschen, die keine Polen kennen. Darum sage ich: es gehört zu den Erfahrungen des deutsch-dänischen Grenzlandes, dass das Erlernen der Sprache des Nachbarn die wichtigste Voraussetzung für die Durchlöcherung von Grenzen ist, der geographischen und derjenigen in den Köpfen der Menschen.

Zuletzt möchte ich noch ein Punkt ansprechen, der dem SSW ganz besonders am Herzen liegt: Nämlich die Frage der Akzeptanz einer größeren EU bei den Bevölkerungen Europas und die damit verbundene Frage, welche Verfassung sich Europa gibt und wie diese legitimiert wird. Auch wenn es ein Risiko darstellt: Wir meinen weiterhin, dass die neue europäische Verfassung unbedingt durch eine Volksabstimmung in Deutschland bestätigt oder abgewiesen werden muss. In Großbritannien und Dänemark wird es Abstimmungen über die EU-Verfassung geben. Aus demokratischer Sicht und um die Akzeptanz der EU in den Völkern Europas wirklich zu verankern sollten in allen EU-Ländern entsprechende Volksabstimmungen durchgeführt werden. Wir müssen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Prozess mitnehmen, wenn die historische Chance auch genutzt werden soll.

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