Tale · Lars Harms · 18.04.2016 "Für ein soziales Schleswig-Holstein braucht das Land den SSW"

Rede des Vorsitzenden des SSW im Landtag, Lars Harms, zu TOP 6 "Diskussion und Beschluss eines neuen Rahmenprogramms" auf dem außerordentlichen SSW-Parteitag in Harrislee am 16. April 2016.

Kære venner,

i dag beslutter vi vores nye rammeprogram. Jeg vil gerne på dette sted sige mange tak til alle de mange mennesker der har været involveret i at formulere det foreliggende udkast. Det har været et godt stykke politisk arbejde og har kostet meget tid for mange mennesker, så tak for det – især tak til medlemmerne af rammeprogramkommissionen.

I rammeprogrammet er der mange nye emne og selvfølgelig også traditionelle politiske emner. Den vigtigste traditionelle punkt i rammeprogrammet er jo selvfølgelig, at vi er og bliver det danske mindretals og frisernes parti. Vi er rodfast i begge mindretal og det er og bliver vores fælles udgangspunkt!

Das Rahmenprogram spiegelt generell die Grundwerte und Haltungen sowie die gesellschaftlichen Visionen des SSW wider. Das Rahmenprogram ist das Parteiprogram oder das „Grundgesetz“ des SSW, der als politischer Leitfaden für alle SSW-Mitglieder Gültigkeit hat. Das jetzt gültige Rahmenprogram wurde 1999 beschlossen. Seit dem ist viel passiert nicht nur im SSW, im Grenzland oder in Schleswig-Holstein sondern in Europa ja in der ganzen Welt hat es markante neue gesellschaftliche und politische Entwicklungen gegeben. Von daher war es nötig, dass der SSW sein Rahmenprogram aktualisiert und an die neuen politischen Herausforderungen anpasst. Ohne das wir dabei unsere eigenen Werte, Traditionen und politischen Überzeugungen über Bord werfen.

Deshalb macht das neue Rahmenprogramm deutlich: Der SSW sieht sich weiterhin als Partei der dänischen Minderheit und mit uns zusammenarbeitenden Friesen – also als regionale Minderheitenpartei, die Politik für alle Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein macht.

Was ist der SSW eigentlich für eine Partei in politischen Spektrum in Schleswig-Holstein? Für mich ist der SSW eine ganz besondere Partei die es nur hier bei uns oben im Norden gibt. Auch das macht das neue Rahmenprogram deutlich. Für mich ist

-       Der SSW eine Minderheitenpartei, die für die kulturelle Vielfalt in Schleswig-Holstein wirkt

-       Der SSW eine Regionalpartei, die für eine engere deutsch-dänische Zusammenarbeit arbeitet

-       Der SSW eine Soziale Partei, die für eine humane Gesellschaft und für Bürgerrechte kämpft

-       Der SSW eine internationale Partei, die sich nach Skandinavien und Europa orientiert und über den nationalen Tellerrand schaut

-       Der SSW eine zukunftsorientierte Partei, die lebenslanges Lernen und gute Arbeit fördert

  

Der SSW ist keine Partei der Ideologien; denn wir sind die Partei der dänischen Minderheit und der Friesen. Das war schon immer so und so ist es auch heute. Unsere Wurzeln sind in den Minderheiten, aber unsere Verantwortung haben wir für alle Menschen in unserem Land. Deshalb treffen wir Aussagen zu allen Problemen und Herausforderungen für unser Land und unsere Bürgerinnen und Bürger. Das ist unsere Verantwortung und das ist auch unsere Pflicht. 

Die Bürgerinnen und Bürger können mit Recht erwarten, dass wir uns zu allen Themen zu Wort melden. Was man aber gerade bei uns nicht erwarten kann ist, dass wir nur einer Ideologie hinterher rennen. Wir sind ideologiefrei und orientieren uns nur an der Sache selbst. Wir wollen Probleme lösen und Herausforderungen meistern. Das geht nur, wenn man nicht zwanghaft immer die gleiche Sicht der Dinge einnimmt. Manchmal genügt schon ein anderer Blickwinkel, um die wirklich wahren Lösungen finden zu können. Und genau hier wollen wir mit unserem neuen Rahmenprogramm ansetzen. 

Wir orientieren uns, wie immer, an dänischen und skandinavischen Lösungen. Und aus dieser Sichtweise heraus mag ein Lösungsvorschlag einmal sehr progressiv, das andere Mal eher liberal und wieder ein anderes Mal auch konservativ anmuten.

Wir halten an der staatlichen Verantwortung für das Sozialsystem fest und stehen Privatisierungsbestrebungen in diesem Bereich mit Skepsis gegenüber. Umgemünzt auf deutsche Politik wirkt dies linkslastig. In Wahrheit ist dies aber breiter gesellschaftlicher Konsens in den skandinavischen Staaten.

Wir setzen sehr darauf, dass sich die Menschen frei entfalten können und jeder nach seiner Facon glücklich werden kann. Das wirkt in der deutschen Politik sehr liberal, ist aber eine konkrete Umsetzung des Menschenbildes, das man in Dänemark und in Skandinavien hat.

Und wir wollen beispielsweise in der Umweltpolitik, diese Politik im Einvernehmen mit den Menschen machen. Das wirkt erst einmal konservativ, ist aber nur genau das, was wir aus Dänemark gewohnt sind.

Diese Ideologiefreiheit ermöglicht es uns, Kompromisse zu schließen, wo andere schon lange keine Kompromisslinien mehr erkennen können. Das ist unsere Stärke, liebe Freunde. Und diese Stärken wollen wir zum Wohle der Menschen in Schleswig-Holstein auch ausspielen!

Grundlage allen politischen Handelns muss die Rechtsstaatlichkeit sein. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich auf ihren Rechtsstaat verlassen können und alle Menschen müssen auch weiterhin vor dem Gesetz gleich sein. Da darf es keine Vorverurteilungen von Gruppen geben. Aber ebenso muss der Rechtsstaat sich gegen die wehren, die ihn aushöhlen wollen. Egal ob Rechts- oder Linksradikale, egal ob Menschenfeinde, die sich hinter einer Religion verstecken, gegen alle müssen wir uns als Staat schützen und unsere Werte bewahren!

Wir wollen keine Diskriminierung, wir wollen die Teilhabe von Menschen mit Behinderung, wir wollen das Einbeziehen von Menschen, die sozial ausgegrenzt werden und wir wollen, dass die Familien unterstützt werden, wobei Familie oft nicht nur Vater, Mutter und Kind sind. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche zu selbstverantwortlichen Menschen erzogen werden und wir wollen genauso, dass alte Menschen nicht in Altersarmut enden. Und wir stehen für die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Das sind alles Richtschnuren, an denen sich der SSW schon immer ausgerichtet hat. Und an diesen Richtschnuren halten wir auch weiterhin fest. Für ein soziales Schleswig-Holstein braucht das Land den SSW!

Der SSW steht für eine vielfältige Kultur, die in Zukunft auch durch die Zuwanderer beeinflusst werden wird. Diese Vielfalt, die sich ergibt, gilt es zu fördern und zu schützen. Sicherlich ohne die eigene Kultur aufzugeben! Aber auch mit der Gewissheit, dass die neuen kulturellen Einflüsse nicht weg bleiben werden. Auch unsere Kulturen sind Kulturen, die immer schon unter einem vielfältigen Einfluss gestanden haben. Wir müssen uns unserer Kulturen immer wieder bewusst sein und diese schützen und fördern. Dazu zählen alle kulturellen Ausprägungen. Für uns ist Kultur ein Menschenrecht und deshalb ist der Erhalt und die Förderung der Kultur nichts, was man so mal mitnimmt. Kultur ist eine Kernaufgabe des demokratischen Gemeinwesens. Kulturförderung ist somit ein Teil der Grundversorgung für die Menschen!

Än dan as die wäi natörlik ai mör wid tu da manerhäide. Dåt stipen foon manerhäide hålt et seelschap tuhuupe. Ouers as åles ninte! Die Minderheitenpolitik steht natürlich am Anfang unseres Rahmenprogramms. Die Institutionen und Organisationen der Minderheiten müssen weiter gefördert werden. Gerade in den letzten vier Jahren haben wir riesige Fortschritte machen können. Die dänischen Schulen sind wieder gleichgestellt, die dänische Zentralbibliothek bekommt nun eine stark erhöhte Förderung auf vertraglicher Basis, der Kulturzuschuss für die dänische Minderheit ist genauso erhöht worden, wie der für die friesische Minderheit, das Nordfriisk Instituut hat ebenfalls eine wesentlich stärkere Förderung auf vertraglicher Basis bekommen und wir kümmern uns nun um die zweisprachige Beschilderung in Nordfriesland.

Es ist schon viel geschehen und es läuft auch noch vieles. Aber trotzdem gibt es noch viel zu tun. Die sprachlichen Rechte für die Minderheiten müssen weiter ausgebaut werden, so dass die Minderheiten sichtbar werden und sie ihre Sprachen auch in öffentlichen Zusammenhängen nutzen können. Auch hier sind wird schon damit begonnen, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen. Aber auch hier ist noch mehr möglich. Nur, wenn die Minderheitensprachen lebendig in Kindergarten, Schule und Öffentlichkeit sind, haben wir eine Chance, unsere Kulturen und Sprachen zu erhalten. Deshalb wird eine aktive Sprachenpolitik, die auf Gleichberechtigung, noch besseren Bildungsangeboten und einer verstärkten Medienpräsenz beruht, ein Schwerpunkt unserer zukünftigen Arbeit für die Minderheiten sein.

Die Minderheiten sind ein wichtiger Standortfaktor für Schleswig-Holstein und für seine wirtschaftliche Entwicklung. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ohne verstärkte Beteiligung der Minderheiten nicht denkbar. Deshalb kosten Minderheiten nicht Geld, sondern die Förderung der Minderheiten und ihrer Sprachen und Kulturen sind eine direkte Investition in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Und deshalb ist Minderheitenförderung unabdingbar!

Genauso unabdingbar ist die Stärkung unseres Bildungssystems. Auch hier ist in den letzten Jahren viel geschehen. Aber es muss weitergehen! Ein Bildungssystem muss durchlässig sein und jeden Menschen zu seinen Bestleistungen befähigen. Deshalb soll länger gemeinsam gelernt werden, damit jeder vom anderen profitieren kann. Dabei geht es nicht nur um die reinen Lerninhalte, sondern auch darum, soziale Kompetenzen bei den einzelnen Menschen zu fördern. Darum beginnt bei uns Bildung auch im Kindergarten. Sämtliche Bildungsgänge sollten für die Menschen kostenlos sein, damit jeder den gleichen Zugang zu Bildung bekommt. Deswegen hat der SSW das Ziel, dass für Kindergärten kein Beitrag mehr bezahlt werden muss, dass Schule nichts mehr kostet – auch nicht für Lernmittel - und dass beispielsweise auch Bibliotheken ihre Angebote kostenlos zur Verfügung stellen können. Dies alles zu erreichen ist noch ein langer Weg, aber für den SSW ist die Stärkung des Bildungswesens eine Herzensangelegenheit!

Genauso im Übrigen wie die Berufsausbildung. Auch hier gibt es noch viele Herausforderungen. Wir bekennen uns zur dualen Berufsausbildung, wollen aber auch die Bildungsgänge außerhalb der dualen Berufsausbildung weiterentwickeln. Und natürlich wollen wir auch die Hochschulen stärken. Das alles, damit die Menschen für sich selbst eine gute Ausbildung bekommen und damit die Wirtschaft gestärkt werden kann. Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein wird nur durch Wissen stark. Deshalb müssen wir hier verstärkt fördern!

In Schleswig-Holstein müssen die regionalen Stärken der Wirtschaft gefördert werden. Dabei müssen wir uns darauf ausrichten, dass nachhaltige Arbeitsplätze geschaffen werden, eine gute Infrastruktur vorhanden ist und wir auch die soziale Gerechtigkeit hier im Auge behalten. Der Markt ist nicht fehlerfrei und deshalb müssen Rahmenbedingungen her, die dafür sorgen, dass beispielsweise gerechte Löhne gezahlt werden. Darum sind der Mindestlohn und das Tariftreuegesetz so unverzichtbar! Wir müssen rechtlich absichern, dass gesellschaftliche Ziele nicht durch rein betriebswirtschaftliche Überlegungen konterkariert werden. Da sind wir uns auch mit vielen Vertretern der Wirtschaft einig. Die soziale Marktwirtschaft ist kein Auslaufmodell! Wichtig ist, dass es sozial gerecht zugeht und wir gleichzeitig unternehmerisches Engagement fördern. Dazu sind oft Kompromisse notwendig, aber genau hier liegt ja unsere Stärke!

Der SSW ist überall im Land gut vernetzt und vertreten. Wir haben viele kommunale Vertreter, wir haben Sitze im Landtag, sitzen in der Landesregierung und beeinflussen dort über den Bundesrat die Bundespolitik und wir sind durch die Europäische Freie Allianz im EU-Parlament vertreten. Deshalb ist es klar, dass wir uns auch zu europäischen Fragen und zu kommunalen Fragen äußern. Wir wollen die Kommunen stärken, indem wir sie schlagkräftiger machen. Wir wollen aber auch, dass die kommunalen Vertreter wieder auf alle Beschlüsse für ihre Gemeinden einen direkten Einfluss haben und wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger bei den Wahlen wieder Einfluss auf alle Geschicke ihrer Gemeinden nehmen können. Für uns sind Umwege über Zweckverbände oder Amtsausschüsse, ohne direkte Einflussmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, nicht der richtige Weg!

Und genauso, wie wir uns auch kommunaler Ebene mehr Einflussmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger wünschen, brauchen wir dies auch auf europäischer Ebene. Wir wollen, dass sich die kulturelle, sprachliche und regionale Vielfalt in der europäischen Politik widerspiegelt. Und wir wollen, dass sich die Europäische Union als Bund von souveränen Staaten und starken Regionen weiterentwickelt. Deshalb werden wir die europäische Zusammenarbeit fördern und immer wieder auf den Wert einer friedlichen Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg hinweisen!

Der SSW hat als Partei für die dänische und die friesische Minderheit naturgemäß eine starke regionale Verankerung. Das entlässt uns aber nicht aus der Pflicht, uns für alle Menschen einzusetzen. Genau das spiegelt unser neues Rahmenprogramm wider!

Jeg glæder mig til diskussionerne med jer i dag.

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