Pressemeddelelse · 24.01.2006 Gemeindetag: SSW-Bürgermeister protestieren gegen Bülow-Äußerungen

In einem offenen Brief an den Vorsitzenden des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages (SHGT), Volker Dornquast, protestieren SSW-Kommunalpolitiker  gegen die Verunglimpfung des SSW durch den SHGT. Dessen Geschäftsführer Jörg Bülow hatte dem SSW in einer Pressemitteilung unter anderem vorgeworfen, durch sein Eintreten für eine Gebietsreform die kommunale Selbstverwaltung zu beschimpfen. Die beiden Bürgermeister Andreas Lorenzen (Havetoftloit) und Hans Hermann Schümann (Maasbüll) sowie das Niebüller Ratsmitglied Mogens Lesch weisen die Äußerungen Bülows als „unsachliche Polemik“ zurück: „Als Mitarbeiter eines überparteilichen Verbandes schießt Herr Bülow eindeutig über das Ziel hinaus, wenn er demokratischen Parteien im Namen des Gemeindetages Unwahrheiten unterstellt.“


Havetoftloit, 23. Januar 2006

Betr.: Pressemitteilung des SHGT: „Beschimpfung der kommunalen Selbstverwaltung einstellen!“

Sehr geehrter Herr Dornquast,

mit sehr großer Verwunderung haben wir einer Pressemitteilung des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages vom 16. Januar 2006 entnommen, dass der SSW laut Landesgeschäftsführer Jörg Bülow anscheinend die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker beschimpft, das kommunale Ehrenamt ganz abschaffen, die Demokratie schwächen und dem Land schaden will. Das ist starker Tobak!
Die 155 kommunalen Mandate des SSW sind auch ein Teil des Ehrenamtes und im Landesteil Schleswig sind wir damit die drittgrößte kommunale Partei. Wir haben daher Mandatsträger, die über Jahrzehnte täglich das Ehrenamt ausgeübt haben und sehr wohl wissen, wie man damit umgeht und unter welchen Bedingungen heute das Ehrenamt wahrgenommen wird. 

Das der SHGT, als Verband der Gemeinden in Schleswig-Holstein sich engagiert in die landespolitische Diskussion über die Zukunft der kommunalen Ebene einmischt, ist selbstverständlich und von uns aktiven Kommunalpolitikern auch gewünscht. Das demokratische Gemeinwesen lebt aber nun auch davon, dass einige Grenzen in der politischen Auseinandersetzung nicht überschritten werden. Als Mitarbeiter eines überparteilichen Verbandes schießt Herr Bülow eindeutig über das Ziel hinaus, wenn er demokratischen Parteien im Namen des Gemeindetages Unwahrheiten unterstellt.

Es verhält sich so, dass sämtliche im Landtag vertretenen Parteien darüber streiten, wie die kommunale Ebene nachhaltig gestärkt werden kann. Keiner Partei darf unseres Erachtens diese Intention pauschal abgesprochen werden, bloß weil sie in einem Punkt von der Haltung des Gemeindetages abweicht. Über den Weg zu mehr kommunaler Selbstverwaltung, wird – wie es in Demokratien üblich ist – gestritten und der Öffentlichkeit werden Alternativen zum Regierungshandeln vorgestellt. Das ist nicht nur das Recht des SSW, sondern seine demokratische Pflicht.

In der Frage der Anzahl der Gemeinden und damit der Gemeindevertreter gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Gemeindetag und dem SSW. Herrn Bülow ist jedoch sehr wohl bewusst, dass eine Reduzierung der Zahl der Gemeindevertreter nicht mit der „Zerstörung“ oder Abschaffung des Ehrenamtes gleichzusetzen ist. Es trotzdem zu behaupten, ist reine unsachliche Polemik!
Da Herr Bülow keinen Beleg dafür nennt, dass der SSW Kommunalpolitiker beschimpft, bleibt diese Unterstellung für uns „schleierhaft“. Die Tatsache, dass der SSW auch auf die Praxis in anderen Bundesländern und Ländern verweist, in denen es relativ weniger ehrenamtliche Kommunalpolitiker gibt, diese aber mit erheblich mehr Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet sind, als Beschimpfung der hiesigen Kommunalpolitiker darzustellen, ist sehr bedenklich. Das kann nicht im Sinne des Gemeindetages sein.

Weder in den kommunalpolitischen Eckpunkten des SSW „Starke Kommunen braucht das Land“ noch in den „Eckpunkten des SSW zur Verwaltungsreform der Landesregierung“ (Siehe Anlagen) finden Sie einen einzigen demokratieschädlichen Ansatz. Dafür finden Sie ernst gemeinte und mit langjähriger ehrenamtlicher kommunalpolitischer Erfahrung erarbeitete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Selbstverwaltung in Schleswig-Holstein. Wir verlangen nicht, dass man mit uns einer Meinung ist, aber den notwendigen Respekt, den Kommunalpolitiker einer anderen politischen Partei sowie parteilose Kommunalpolitiker verlangen können, schon.

Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag sollte die engagierte, aber sachliche Auseinandersetzung um den besten Weg für die Kommunen des Landes suchen. Wir hoffen, dass wir Ihnen die Sicht von Kommunalpolitiker einer kleinen Partei näher gebracht haben und stehen gerne zur Verfügung, um die Sicht des SSW in einer solchen demokratischen Auseinandersetzung im Gemeindetag zu vertreten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir diesen Brief veröffentlichen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Andreas Lorenzen, Bürgermeister
Hans Hermann Schümann, Bürgermeister
Mogens Lesch, Ratsmitglied
 
 


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