Tale · Flemming Meyer · 30.01.2008 Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie


Die umfangreichen klima- und energiepolitischen Debatten, die wir hier im Landtag geführt haben, haben immer wieder eins deutlich gemacht. Der gute Wille zur Verbesserung ist bei allen vorhanden, jedoch wird über die Umsetzung ausführlich gestritten. Gleiches können wir derzeit in Deutschland im Zusammenhang mit dem Gesetz für Erneuerbare Wärmeenergie feststellen.
Die Bundesregierung hat vor gut zwei Jahren angekündigt, eben ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen – nun ist der Entwurf seit Dezember letzten Jahres öffentlich.

Baden-Württemberg hat diesen langen Zeitraum konstruktiv genutzt und seit dem 1. Januar hat man dort ein geltendes Gesetz zur Nutzung Erneuerbarer Wärmeenergie. Das Gesetz wurde von CDU, FDP und Grünen verabschiedet. Beflügelt von den guten Erfahrungen in Baden-Württemberg haben die Grünen unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und jetzt auch in Schleswig-Holstein entsprechende Gesetze eingebracht. Daher auch die große Übereinstimmung des vorliegenden Gesetzentwurfs mit dem Baden-Württembergischen Gesetz – obgleich die vorliegende Kopie wesentlich weiter geht, als das Original.

Doch was in Baden-Württemberg geht, muss nicht unmittelbar in anderen Landesparlamenten gehen. So setzt die CDU in Schleswig-Holstein darauf, dass eine bundesweite Lösung getroffen werden muss, damit es keinen Flickenteppich auf Länderebene gibt. Aber als gewählter Abgeordneter will ich dort über Gesetze entscheiden, wo ich entsprechend Einfluss nehmen kann - also hier im Parlament. Daher halte ich für richtig und wichtig, dass wir uns hier mit diesem Thema ausführlich befassen und nicht darauf warten, dass Bund und Länder irgendwann einmal etwas aushandeln.

Leider liegen mir zwar keine genauen Zahlen vor, aber es ist davon auszugehen, dass auch bei uns in Schleswig-Holstein ein Grossteil der Gebäude energetisch sanierungsbedürftig sind. Der große Teil des Energieverbrauchs in den Wohnungen geht auf Heizwärme und Warmwasser zurück. Generell gilt, dass Wärme die wichtigste Energieform für Deutschland ist und sie hat einen Anteil von fast 60 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs und umfasst dabei etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen. Angesichts der Tatsache, dass wir uns national und international verpflichtet haben, den CO2-Ausstoß drastisch zu minimieren – 40% bis 2020 – erfordern derartige Ziele entsprechende Maßnahmen.

Lange Zeit war die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien nur eine Idee, die an technischen und ökonomischen Hindernissen gescheitert ist. Doch die Zeit ist auch hier nicht spurlos vorübergegangen. Der technische Stand ist in den letzten Jahren erheblich vorangegangen. Und die Preisexplosionen auf dem Energiesektor lassen die erneuerbaren Wärmeenergien zu echten Alternativen werden. Es ist längst nicht mehr nur eine Nische für ideologische Fantasten. Mittlerweile ist die erneuerbare Wärmeenergie zu einem ökonomischen Rechenexempel geworden, dass am Ende für den Verbraucher aufgeht. Aber Zahlen belegen, dass auf diesem Sektor in den letzten Jahren nur ein geringes Wachstum zu verzeichnen ist.
Um hier den notwendigen Kick hinzubekommen, benötigen wir einen entsprechenden Rahmen. Dies fordern die Verbände bereits seit Jahren. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf können wir der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien letztendlich zum Durchbruch zu verhelfen. Und wir können damit die notwendige Dynamik entfalten, um die energiepolitischen- und insbesondere die CO2-Reduktionsziele zu erreichen. Daher sind wir der Meinung, dass der Gesetzentwurf der Grünen in die richtige Richtung zeigt.

Jedoch habe ich bei einigen Punkten des Gesetzentwurfs Klärungsbedarf. So zum Beispiel §2 Anwendungsbereich. Demnach gilt das Gesetz nur für Gebäude, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheime. Der vorliegende Entwurf bezieht sich also ausschließlich auf Wohngebäude – alle Nichtwohngebäude, wie beispielsweise Büros, gewerblich genutzte Gebäude oder Schulen finden sich im Gesetz nicht wieder. Damit sind also auch alle öffentlichen Gebäude außen vor. Doch gerade dieser Bereich sollte eine Vorreiterfunktion haben und hier mit gutem Beispiel vorangehen. Wir können doch auf der einen Seite der Bevölkerung nicht vorschreiben, für Energieeinsparmaßnahmen und erneuerbare Wärmeenergien Investitionen zu tätigen und andererseits die öffentlichen Gebäude außen vor lassen. Damit verliert das Gesetz seine Glaubwürdigkeit und trägt dann eben nicht dazu bei, das öffentliche Bewusstsein für erneuerbare Wärmeenergien zu stärken. Hier muss auf jeden Fall nachgebessert werden.

Ich habe es bereits eingangs gesagt, dass der vorliegende Gesetzentwurf in manchen Punkten vom Baden-Württembergischen Original abweicht. So auch in §4 der anteiligen Nutzungspflicht von Erneuerbaren Wärmeenergien. Das Baden-Württembergische Gesetz sieht vor, dass die Wärmeversorgung bei Neubauten, für die ab 1. April 2008 die Bauunterlagen erstmalig eingereicht werden, zu mindestens 20 Prozent über erneuerbare Energien wie Sonnenenergie, Erdwärme und Wärmepumpen oder Biomasse gedeckt werden. Und für den Gebäudebestand wird ab 2010 ein Anteil regenerativer Energien von 10 Prozent vorgeschrieben, der immer dann erfüllt werden muss, wenn es zum Austausch der Heizungsanlage kommt.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Grünen sieht für Schleswig-Holstein die doppelte Prozentzahl vor. - Im Gegensatz dazu sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, dass erneuerbare Wärmeenergien nur bei Neubauten vorgesehen sind.
Es ist nachvollziehbar, je höher der Anteil erneuerbarer Wärmeenergien, desto besser für die Umwelt und das Erreichen der politischen Klimaschutzziele. Aber lassen sich diese Zahlen auch mit Leben erfüllen? Haben wir die Kapazitäten, um eine derartige Verdoppelung umzusetzen? Dies sollten wir in der Anhörung hinterfragen. Denn es nutzt uns nichts, wenn wir bestimmte Mengen gesetzlich festlegen, die dann von der Wirtschaft nicht eingehalten werden können. Ich sehe das Problem nicht so sehr im Bereich der solarthermischen Anlagen. Aber vielmehr im Bereich Biogas, Bioöl und Geothermie.

Ein weiterer Punkt bei der Umsetzung des Gesetzes ist, gerade im Bezug auf solarthermischen Anlagen, wie soll dies in Einklang gebracht werden, wenn ein Wohngebäude beispielsweise unter Denkmalschutz steht oder der örtliche Bauleitplan derartige Anlagen verbietet? Auch dies sind Punkte die wir im Ausschuss näher klären müssen.

Wirkliche Bauchschmerzen bereitet mir §5 des Entwurfs, wo es um die Energetischen Anforderungen an bestehende Wohngebäude geht. Die dort vorgeschriebene etappenweise Reduzierung des Jahresendenergiebedarfs bestehender Wohngebäude für Heizung, Warmwasserbereitung und Lüftung sehe ich kritisch. Das erfordert, dass Geld in die Hand genommen werden muss, um die Vorgaben zu erfüllen.

Wir wissen, dass klimafreundliche Technologien und Energieeinsparmaßnahmen nicht umsonst sind. Angesichts der immer noch hohen Kosten in diesen Bereichen, könnte dies bedeuten, dass viele Familien erst einmal auf ihr Eigenheim verzichten müssten. Das kann nicht gewollt sein. Daher ist es notwendig, dass es zum Gesetz entsprechende Investitionsprogramme gibt.
Ebenso halten wir es für notwendig, dass es auch Härtefallregelungen geben muss. Beispielsweise wenn es für den Eigentümer unzumutbar ist, zu investieren, weil die ökonomische Situation es einfach nicht zulässt – ich denke hierbei an Rentner oder Familien mit niedrigen Einkommen.
Hier muss der Gesetzgeber darauf achten, dass es Härtefallregelungen für finanziell Schwächere gibt, damit die nicht irgendwann vor dem Nichts stehen.

Auch wenn wir einige Punkte des Gesetzentwurfs kritisch angesprochen haben, sind wir der Auffassung, dass wir mit einem solchen Gesetz einen erheblichen Beitrag für die Umsetzung der Klimaschutzziele leisten. Angesichts der Trägheit, Energieeinsparmaßnahmen durchzuführen oder Erneuerbare Wärmeenergien stärker zu nutzen, halte ich das Gesetz für ein gutes Instrument, um endlich Bewegung in die Sache zu bringen.
Es erfordert aber auch, dass wir Geld in die Hand nehmen und Investitionsmodelle bereithalten, um es den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, die Vorgaben des Gesetzes zu erfüllen.

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