Tale · Lars Harms · 08.05.2020 Grundprinzipien des kommunalen Finanzausgleichs können fortgelten

„Eines der wichtigsten Vorhaben der damaligen Küstenkoalition hat seine Bewährungsprobe bestanden. Die Grundprinzipien sollten noch für längere Zeit fortgelten.“

Lars Harms zu TOP 8 - Entwurf eines Gesetzes zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs (Drucksache 19/2119)

In Schleswig-Holstein wurde ab Übernahme der Regierung durch die damalige Küstenkoalition der seit langem nahezu unveränderte kommunale Finanzausgleich grundlegend überarbeitet. In einem transparenten Dialog- und Reformprozess wurden alle Beteiligten und Interessierten intensiv eingebunden. Schließlich wurde im November 2014 das Gesetz zur Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs vom Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedet und kommt seit dem 1. Januar 2015 zur Anwendung. Das neue Finanzausgleichsgesetz (FAG) führte zu deutlichen Veränderungen bei den Zuweisungen an die einzelnen Kommunen. Hiernach ist es dann zu einer Normenkontrollklage und einer Verfassungsbeschwerde gegen diese Neuregelung der damaligen Küstenkoalition gekommen. Das Ergebnis war eindeutig: Mit dem Urteil vom 27. Januar 2017 wurden Kernstücke des neuen Regelwerks bestätigt. Unter anderem auch die dem SSW damals und heute sehr wichtigen Vorwegabzüge für Theater, Orchester und das Büchereiwesen wurden durch das Landesverfassungsgericht bestätigt.

Das Landesverfassungsgericht hat aber festgestellt, dass es einige wenige inhaltliche Probleme im Gesetz gab und dass es auch einiger Klarstellungen bedurfte, damit die Regelungen verfassungskonform sind. Lassen Sie mich deshalb auf die bemängelten Punkte eingehen.

Bei der vertikalen Verteilung der Mittel ist auch die heutige Landesregierung der Auffassung, dass das, was die Küstenkoalition auf den Weg gebracht hatte, richtig ist. Der Verbundsatz wird trotzdem erhöht, weil man ursprünglich separat verteilte Mittel, wie die Integrationspauschale, nun in den Verbundsatz einrechnet. Die Integrationspauschale ist ja erst nach Schaffung des neuen FAG in 2015 entstanden. Diese, wie auch andere Dinge, nun in das System einzurechnen, macht Sinn.

Auch bei der horizontalen Verteilung der Mittel ändert sich kaum etwas. Die prozentuale Verteilung zwischen Kreisen, Städten und Gemeinden wird eigentlich nur noch einmal als richtig bestätigt und es wird die inhaltliche Begründung noch einmal bestätigt. Das gleiche gilt für den Flächenansatz bei der Verteilung der Mittel, der auch die Flächenkreise mit ihren vielschichtigen Aufgaben angemessen berücksichtigt. Auch dies haben wir als SSW damals für richtig und notwendig gehalten und wir freuen uns darüber, dass diese Überlegungen weiterhin Bestand haben. Dass es für Frauenhäuser und Schwimmbäder gesonderte Zuweisungen als Vorwegabzug gibt, macht ebenfalls weiterhin Sinn und findet unsere Unterstützung.

Eine neue Anpassung erfolgt zudem dafür, dass die Kita-Kosten für die Eltern eingegrenzt werden und dass die Investitionskosten der Schulträger nun in die Schülerkostensätze eingerechnet werden. Diese Ergänzungen werden natürlich auch von uns begrüßt. Da kann man ja auch nichts gegen haben. Genauso wenig wie gegen die Erhöhungen der Dynamisierung der Vorwegabzüge für die Theater, Büchereien oder neuerdings für Schwimmbäder. Allerdings haben diese Vorwegabzüge und deren Dynamisierungen doch eine mittelbare Auswirkung. Da die meisten dieser Einrichtungen in den kreisfreien Städten und den kommunalen Zentren liegen, werden im Finanzausgleich auch diesen diese Einnahmen zugerechnet. Die kreisfreien Städte haben beispielsweise genauso hohe Einnahmen wie bisher, aber dadurch, dass die Vorwegabzüge da sind und diese dynamisiert werden, haben sie weniger Geld ungebunden zur Verfügung als bisher. Sie können so ihren bisherigen anderen überregionalen Aufgaben nicht mehr gleichgut nachkommen. Nach unserer Auffassung muss deswegen über die Zuweisungen für übergemeindliche Aufgaben noch einmal nachgesteuert werden, damit die betroffenen kreisfreien Städte und zentralen Orte ihren bisherigen überörtlichen Aufgaben weiter gleichgut nachkommen können.

Was am Ende als Neuerung im Gesetzentwurf bleibt, sind somit die Fragen, wie der grundsätzliche Finanzbedarf der Kommunen begründet wird und wie die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen ausgeglichen wird. Und die Antwort ist hier sehr einfach: Diese Fragen werden mit zusätzlichem Geld beantwortet. Einerseits werden finanzielle Unterschiede zwischen den Kommunen mit Geld nivelliert und andererseits wird durch die neue Gesamtsumme des Finanzausgleichs festgelegt, was für die Kommunen auskömmlich ist. Das ist nicht als Vorwurf zu verstehen, sondern eher als eine Tatsachenbeschreibung. Landesregierung und Kommunen haben sich darauf geeinigt, wie hoch der kommunale Finanzausgleich unter normalen Bedingungen sein muss und sie haben damit den Grundbedarf festgelegt; so wie es das Landesverfassungsgericht auch erwartet hat. Das ist der eigentliche Unterschied zum bisherigen Gesetz. Man hat definitiv die Bestätigung der Kommunen bekommen, wie hoch der zusätzliche Finanzbedarf für die Kommunen ist. Dieser zusätzliche Bedarf setzt sich im Wesentlichen aus einer Erhöhung des Verbundsatzes von 54 Millionen Euro und der Einberechnung von Infrastrukturbedarfen in Höhe von 59 Millionen Euro zusammen. Dann gibt es da noch kleine Punkte, wie 5 Millionen Euro Extra für den ÖPNV oder auch 5 Millionen Sonderzuführung für die Jahre 2022 bis 2024. Alles in allem um die 125 Millionen Euro zusätzlich.

Wir haben also erstmalig gemeinsam mit den Kommunen festgelegt, was ein bedarfsgerechter kommunaler Finanzausgleich ist und das ist die eigentliche Neuerung im System.

Ob diese Mittel jetzt aber vor dem Hintergrund der Corona-Krise noch auskömmlich sind, kann man mit Recht bezweifeln. Aber hier muss klar sein, dass nicht am kommunalen Finanzausgleich gerüttelt werden kann, sondern diese Lasten dann durch gesonderte Zahlungen von wem auch immer zu tragen sind. Da mag es Zuschüsse des Bundes geben und da mag es dann auch Zuschüsse des Landes geben. Zumindest die des Landes können aber nur zeitbegrenzt zur Bewältigung der Krise erfolgen. Denn es muss klar sein, dass wir an den Grundsätzen der KFA-Regelungen nicht mehr rütteln können und sollten.

Wir können feststellen, dass eines der wichtigsten Vorhaben der damaligen Küstenkoalition seine Bewährungsprobe bestanden hat. Wir haben damals ein gerechtes und verfassungskonformes System für einen neuen kommunalen Finanzausgleich geschaffen. Einige wenige Punkte sind noch durch das Landesverfassungsgericht hinterfragt worden und sind jetzt beantwortet. Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden, dass der neue kommunale Finanzausgleich auch wechselnde Mehrheiten und Regierungswechsel überstanden hat und in den Grundprinzipien so hoffentlich noch für längere Zeit fortgelten kann.

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