Tale · Flemming Meyer · 21.11.2013 Jugendmedienschutz und Novellierung des JMStV

Kinder und Jugendliche können im Internet Informationen recherchieren, sich mit ihren Freunden weltweit unterhalten und Sprachen lernen. Sie können aber auch auf pornografische oder gewalthaltige Inhalte stoßen, Opfer von von Abzockern werden oder sich in Online-Spielen verlieren. Das Internet ist, wen wundert’s, Fluch und Segen. Wir sollten neben allen Gefahren des Internets nicht dessen unglaubliche Vielfalt unterschlagen. Darum warne ich an dieser Stelle auch ausdrücklich vor einer Überregulierung. Die Notbremse zum Jugendschutz im Rahmen des 14. Rundfunkstaatsänderungsvertrag war richtig, weil die vorgesehenen Regelungen technisch überzogen waren. Seitdem haben wir aber den äußerst unbefriedigenden Zustand, in dem bis zu einem neuen Staatsvertrag die Regelungen aus 2003 weiterhin in Kraft sind. Seitdem hat sich vor allem die mobile Internetnutzung völlig verändert. Doch als Gesetzgeber dürfen wir nicht vor den enormen technischen Wandel kapitulieren. Darum ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die Fraktion der Piraten eine Regelung für dieses Thema anmahnt.
Allerdings möchte ich vorab betonen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Alles, was strafbar ist, wird bereits strafrechtlich verfolgt. Beispiel Cybermobbing. Filmen Schüler, wie ein Mitschüler verprügelt wird, und laden das Filmchen über Youtube hoch und machen es auf diese Weise öffentlich, ist das strafbar und kann nach dem Strafgesetzbuch bei Erwachsenen mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden. Wir reden allerdings nicht über das Strafrecht, sondern über den altersgerechte Nutzung des Internets.
Der Jugendmedienschutz setzt hierbei von zwei Seiten an: erstens mittels technischer Schutzvorkehrungen, die die Anbieter betreffen, und zweitens über die Verbesserung der Medienkompetenz der Nutzer. Beides muss parallel laufen.
Zur technischen Seite: Tatsächlich laufen und funktionieren derzeit - auch ohne die anstehende Novellierung im Rundfunkstaatsvertrag - bereits Jugendschutzprogramme im Netz. Das ist Software, mittels denen die Eltern Internetangebote je nach Altersstufe der Kinder freischalten bzw. ungeeignete blockieren können. Dazu hat Jugendschutz.net, die zuständige Internetplattform der Bundesregierung, festgestellt, dass diese Filter bei einem Versuch mit 1.200 Internetseiten zu achtzig Prozent zuverlässig sind. Eine beachtliche Quote, die international ihresgleichen sucht. Das Problem besteht nun darin, dass nur wenige Eltern die entsprechende Software JusProg bzw. das Programm der Deutschen Telekom überhaupt kennen und dementsprechend nutzen. Bevor wir uns also in einer Perfektionismus-Debatte in Sachen Filterleistung verrennen, müssen wir Sorge tragen, dass mehr Eltern die nötigen Informationen überhaupt bekommen und damit den häuslichen PC kindgerecht gestalten können.
Damit kommen wir zum zweiten Aufgabenfeld: der Medienkompetenz. Schleswig-Holstein steht bezüglich der niedrigschwelligen Information der Nutzer ausgesprochen gut da; das zeigen die Antworten auf die Große Anfrage. Kein Kind durchläuft die Schule, ohne dass es über den richtigen und angemessenen Umgang mit dem Internet und den neuen Medien seitens der Schule informiert wird. Darüber hinaus gibt es zahlreiche außerschulische Angebote. Ich möchte hier nur eines herausgreifen: so ist für Schülerinnen und Schüler der 3. und 4. Klasse in den Freizeitheimen der dänischen Minderheit der Internetführerschein eine zwingende Voraussetzung, bevor sie die PCs in den Einrichtungen nutzen können. Bereits die Acht- bis Zehn jährigen lernen auf diese Weise beispielsweise Suchmaschinen kennen, die ihnen altersgerechte Seiten vorschlagen oder auch den Umgang mit Cybermobbing.
Viele Grundschüler wissen inzwischen mehr übers Internet als wir. Darum sind Veranstaltungen wie der Game-Treff im Sommer hier im Landtag ein tolles Angebot, damit wir Politiker auch wissen, worüber wir entscheiden. Ein Internetspiel kann anspruchsvoll und durchaus kreativ sein. Es sind also nicht nur Ballerspiele, die eifrig nachgefragt werden. Der SSW warnt ausdrücklich davor, die neuen Medien zu verteufeln; auch weil das Verbotene erfahrungsgemäß Kinder und Jugendliche besonders reizt. Die Jugendlichen fühlen sich in der Debatte um den altersgerechten Umgang mit den neuen Medien sehr oft missverstanden und gegängelt. Darum ist es gut, dass Schleswig-Holstein in Erweiterung des Kreises von Experten auch die Nutzer anhört und mit ihnen zusammen Lösungen diskutiert. Der SSW begrüßt es ausdrücklich, dass nicht nur Fachverbände, Experten und die Landesregierung im „Netzwerk Medienkompetenz“ vertreten sind, sondern auch der Offene Kanal, in dem viele Jugendliche ihre ersten Schritte vom Nutzer zum Macher erleben, und vor allem der Landesjugendring. Nur mit den Jugendlichen gemeinsam kann es gelingen, sinnvolle Regelungen und Programme zu entwickeln, die dem jugendlichen Nutzerverhalten entsprechen.


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