Tale · Flemming Meyer · 26.01.2012 Landestheater

Unser Berichtsantrag ist erst einmal der Tatsache geschuldet, dass der Kulturminister dieses Landes Anfang des Jahres zum einen den Plänen eine Abfuhr erteilte, in Schleswig mit Hilfe des Landes ein neues Theater zu bauen, zum anderen das Schwarze-Peter-Spiel fortsetzt, das er seit gut einem Jahr spielt: Das Land ist nicht zuständig für die überwiegend kommunal ausgerichtete Theaterstruktur Schleswig-Holsteins, lautet der Tenor. Formaljuristisch mag das sogar stimmen, aber kulturpolitisch betrachtet ist diese Einstellung nicht mehr und nicht weniger als ein Armutszeugnis. Damit meine ich nicht, dass das Land zu allen Wünschen aus Schleswig ja und amen sagen sollte. Ich erkenne aber nicht einmal ansatzweise den Willen des Ministers, konzeptionell zu denken oder zu sehen, ob ihm der Hut eines verantwortlichen Kulturministers überhaupt noch passt.
Menschlich gesehen könnte ich das alles sogar noch nachvollziehen, weil ich mittlerweile den Eindruck habe, dass „Aussitzen“ besser ankommt als sich zu bewegen – die heutige Reaktion der Kollegin Herold im Flensburger Tageblatt auf den Berichtsantrag des SSW lässt grüßen. Dort wird behauptet, dass wir davon ablenken wollen, dass der Oberbürgermeister der Stadt Flensburg eine Strukturdiskussion anstoßen will, ohne bisher etwas geliefert zu haben. Das ist natürlich Quatsch, und das weiß die Kollegin Herold auch – zumal wir beide uns des Öfteren über die schwierige Theatersituation in Schleswig-Holstein ausgetauscht haben.
Vor knapp einem Jahr hatte der SSW gemeinsam mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zur Sicherung des Landestheaters eingebracht. Wir wollten die Wiedereinführung der Dynamisierung des Vorwegabzuges im FAG – erst einmal für drei Jahre, damit ein für das Land tragfähiges Theaterkonzept erarbeitet werden könnte, und wir wollten, dass die Theater in Kiel und Lübeck mit einbezogen wurden. Kein einfaches Unterfangen! Aber genau aus dem Grund war uns wichtig daran festzuhalten, dass die Landesregierung in der Pflicht sei, diesen Prozess zu moderieren. Daraus wurde nichts. Es wurde stattdessen eine Theaterstrukturkommission eingerichtet, die laut Bericht im Bildungs- und Kulturausschuss bisher nichts bewegt hat. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich erfreulich und positiv zu bewerten, dass das Landestheater mit seinem neuen Intendanten von sich aus alles daran setzt, die wirtschaftliche Lage des Theaters zu verbessern – und mit sehr gutem Erfolg, wie wir wissen.
Wer redlich ist, wird einräumen, dass weiter gedacht werden muss. Der mehrfach geschobene Bericht zur Soziokultur stellt vor diesem Hintergrund einen weiteren Kristallisationspunkt der kommunalen Kulturarbeit dar, wie vonseiten der Landesregierung in einer Kleinen Anfragen des Kollegen Jezewski lobend erwähnt. Fraglich ist nur, welche Schlussfolgerungen die Landesregierung daraus gezogen hat. Ich sehe momentan keine. Es ist doch im Gegenteil so, dass die Soziokulturellen Zentren dermaßen am Hungertuch nagen, dass sie große Probleme haben, diejenigen Eigenmittel aufzubringen, die ihnen die Zuweisung von Bundesmitteln erlauben würde.
Wir wollen die einzelnen Bereiche der Kulturarbeit nicht gegeneinander ausspielen, das wäre dumm und würde letztlich der Kultur in unserem Lande insgesamt schaden – zumal noch mal daran erinnert werden sollte, dass nur knapp 0,7% des Landeshaushalts für den Kulturbereich zur Verfügung steht, und Schleswig-Holstein auch im Bundesvergleich ganz schlecht dasteht. Anders herum ist uns allen aber auch bewusst, dass der finanzielle Spielraum sehr eng ist. Kulturkonzepte nach dem Motto „wünsch dir was“ werden daher nicht als glaubwürdig akzeptiert werden. Für den SSW fordere ich daher ein, dass die aktuelle Situation des Landestheaters mit dem maroden Theater in Schleswig auch als Chance gesehen wird, kulturpolitisch – und kulturstrategisch über den Tellerrand von Hier und Jetzt zu denken. Die zentralen Fragen lauten für uns: Welche Art von Gebäude würde der Stadt Schleswig als Kulturstadt am meisten helfen? Welches Theaterangebot brauchen wir in Schleswig-Holstein? Und wie wird es uns gelingen, neue Gruppen der Bevölkerung an Kulturerfahrungen heran zu führen?
Es gibt keine Patentrezepte. Die Zeit der Denkverbote sollte aber auch vorbei sein. Ich bin als gebürtige Schleswigerin zum Beispiel davon überzeugt, dass wir für Schleswig eine Art von „Mehrzweckhalle“ brauchen und kein traditionelles Theatergebäude. Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Theaterstätten Profile bilden – was etwas völlig anderes ist, als Spaten zu schließen. Und ich könnte mir vorstellen, dass Kulturbarrieren bewusst abgebaut werden - unter dem Stichwort „Kulturbildung ist ein Lebensmittel für das ganze Land“. Das alles schreit aber förmlich nach einem anderen Kulturminister! Der SSW will einen Kulturminister, der sich aktiv einmischt in die wichtigen Zukunftsfragen der Kulturpolitik des Landes. Wir wollen einen Kulturminister, der sich beim Landestheater mit Ideen und Vorschlägen für ein zukunftsfähiges Theater einbringt und nicht passiv zuschaut, wie der Karren an die Wand gefahren wird. Aber so einen Kulturminister werden wir vor der Wahl wohl nicht mehr bekommen.

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