Press release · 12.04.2022 LNG-Terminals sind keine Lösung, sondern die Eskalation des Problems

Inmitten der Klimakrise kehren SPD, CDU, Grüne und FDP dem Pariser Klimaschutzabkommen den Rücken und investieren Milliarden in neue fossile Energiestrukturen. Das ist nicht nur gefährlich, sondern wird auch zu erheblichen Mehrbelastungen für die Verbraucher führen, warnen SSW und das Klimabündnis gegen LNG.

"Ein LNG-Terminal in Brunsbüttel ist energie-, klima-, sicherheits- und finanzpolitischer Wahnsinn". So lautet das Fazit von SSW-Landtagschef Lars Harms nach einem Treffen zwischen Vertretern des Südschleswigschen Wählerverbandes und dem Klimabündnis gegen LNG in dieser Woche in Schleswig. Und: "Für die Verbraucher wird es nochmal richtig und dauerhaft teuer." 
Doch von Anfang an. Nach dem Willen von Bundes- und Landesregierung soll in Brunsbüttel schon bald eins von mindestens vier deutschen Importterminals für Flüssiggas errichtet werden; In direkter Nachbarschaft zum stillgelegten Kernkraftwerk, einem Zwischenlager für hochradioaktive Atomabfälle, einem Chemiepark, einer Müllverbrennungsanlage und einem ebenfalls geplanten Ammoniaklager. 
"Ein weiterer Störfallbetrieb an einem derart exponierten Ort ist schlicht nicht genehmigungsfähig und gemäß Bebauungsplan für diesen Standort ausgeschlossen", sagt Dr. Reinhard Knof, Sprecher des Klimabündnis gegen LNG. 
Es sei nicht auszumalen, welche Kettenreaktionen etwa ein Brand dort auslösen könnte. Er befürchte deshalb ein ähnliches Bauverfahren wie bei der deutschen Tesla-Fabrik: "Dass man einfach drauf los baut, und die Politik das ganze nachträglich abnickt".
So zweifelhaft wie der Standort ist auch die Herkunft des Flüssiggases, das in Zukunft an der Elbe eingespeist werden soll: "Bundeswirtschaftsminister Habeck begründet das Terminal stets mit der Unabhängigkeit von der russischen Autokratie. Ob seine neuen Freunde in Katar, Nigeria oder Algerien so viel demokratiefreundlicher sind, wage ich allerdings zu bezweifeln", so Harms. 
Ein Teil der LNG-Importe würden zudem aus amerikanischem Frackinggas bestehen: "Einer Fördertechnologie, die derart riskant für Mensch, Umwelt und Klima ist, dass wir sie hierzulande untersagen", so Harms. 
Auch für die Steuerzahler dürfte das Terminal kein Zuckerschlecken werden. Bis zu einer Milliarde Euro werden für den Bau des Brunsbütteler Terminals veranschlagt. Der spätere Betreiber Gasunie trägt 40% und RWE 10% der Baukosten, die andere Hälfte steuert die bundeseigene KfW bei - als finanzielle Einlage ohne Gegenleistung. Hinzu kommen Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe in Anschluss- und Netzausbau: "Diese werden ebenso wie die laufenden Betriebskosten über den Gaspreis auf die Endverbraucher abgewälzt. Da LNG ohnehin teurer ist als Pipelinegas, können sich die Gaskunden schon mal warm anziehen, denn die Gaspreise werden durch neue LNG-Terminals dauerhaft auf hohem Niveau eingefroren werden", warnt Harms.
Dabei sei anzuzweifeln, ob vom neuen Flüssiggasterminal aus auch nur eine einzige Wohnung beheizt wird, erklärt Knof, denn ein diskriminierungsfreier Zugang zum LNG sei gar nicht geplant. 
Auch das Argument, das Terminal könne perspektivisch auf CO2-neutrale Wasserstoffderivate umgerüstet werden, glauben Harms und Knof nicht. "Das ist nur ein Feigenblatt, um die LNG-skeptische grüne Basis ruhig zu stellen", vermutet Harms. Tatsächlich sei eine Umrüstung lediglich in Aussicht gestellt worden. Sie sei aber nie eingepreist oder konkret geplant worden. Eine brancheninterne Studie rät sogar davon ab. Und dafür gibt es einen guten Grund: 
"LNG und Wasserstoff unterliegen ganz unterschiedlichen Spezifikationen. Die würden große Teile an dem Terminal austauschen müssen, und das würde nochmal richtig teuer", sagt Knof. "Steuerzahler und Verbraucher bezahlen, und die Gasindustrie kommt aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus."
Vor allem aber klimapolitisch sei das Terminal ein Schuss in den eigenen Fuß, betonen Harms und Knof: "Statt auf erneuerbare Energien aus heimischer Produktion zu setzen, zementieren Ampel und Jamaika-Koalition in Bund und Land die fossile Energieversorgung für weitere Jahrzehnte. LNG-Terminals sind keine Lösung, sondern die Eskalation des Problems", kritisiert Harms. 
Auch Prof. Dr. Niklas Höhne, Mitautor des aktuellen IPCC-Berichts, stellt fest: „Wir können die Klimakatastrophe noch abwenden, wenn wir wollen. Dazu muss Energie gespart und müssen die EE ausgebaut werden. Wir müssen vermeiden, die falschen Dinge zu tun, nämlich neue fossile Infrastruktur aufzubauen,“ wie z.B. LNG-Terminals.
UN-Generalsekretär Guterres nannte bei der Vorstellung des IPCC-Berichts Investitionen in neue fossile Energieinfrastruktur moralischen und ökonomischen Wahnsinn. Wer jetzt noch fossile Energieträger unterstützt, sei ein wahrhaft gefährlicher Radikaler.

„Es ist an der Zeit, dass Politik und Wirtschaft aus 50 Jahren energiepolitischem Versagen lernen und nicht erneut versuchen, die durch fossile Energieträger geschaffenen Probleme mit neuer fossiler Infrastruktur zu bekämpfen. Dieser Wahnsinn muss ein Ende haben,“ sagt Knof.

LNG-Kommentar 

DW-Artikel "US-Fracking-Gas für Europa - "Freiheit" oder Klima-Selbstmord?"  

UN Generalsekretär Guterres

Prof. Dr. Niklas Höhne, IPCC-Mitautor und Mitbegründer des New Climate Institute in Köln. "LNG ist keine Lösung".  

Das Klimabündnis gegen LNG ist ein Bündnis aus Umweltverbänden wie der DUH, dem BUND, der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager, Bürgerinitiativen und Einzelpersonen.
 

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