Tale · Flemming Meyer · 10.05.2007 Nichtraucherschutzgesetz

Der Suchtbericht der Bundesregierung hat es in dieser Woche noch einmal durch Zahlen belegt: immer weniger Menschen in Deutschland rauchen. Die Kampagnen der letzten Jahre, die konsequente Aufklärung und nicht zuletzt die Verteuerung der Zigaretten durch die Erhöhung der Steuern haben Wirkung gezeigt. Viele Menschen wissen um die Gefahren des Rauchens und fangen gar nicht erst an.

Doch der Bericht hat auch gezeigt, dass die Kampagnen gegen das Rauchen bei einigen auch nichts fruchten. Schlimmer noch: das Einstiegsalter für Raucher sinkt seit Jahren kontinuierlich. Viele Kinder und Jugendliche haben Geschmack am Rauchen gefunden. Das ist sehr bedauerlich und zeigt, dass wir die Anstrengungen in Richtung Aufklärung intensivieren müssen. Erkenntnisse über die Auswirkungen der neuen Regelung, nach der nur Erwachsene via Geldkarte an Zigarettenautomaten eine Packung bekommen, liegen noch nicht vor. Schließlich gilt das neue System erst seit Januar. Dennoch gehe ich davon aus, dass der freie Verkauf mittels Automat für Kinder und Jugendliche effektiv erschwert wurde. Morgens vor der Schule noch schnell eine Packung ziehen, geht einfach nicht mehr. Diese technische Einschränkung ist einfallsreich und war schon lange überfällig.

Wir müssen uns als Politiker allerdings auch unsere Grenzen eingestehen. Es ist vollkommen unmöglich, das Rauchen aus unserer Gesellschaft komplett zu verdrängen. Totalitäre Regimes mögen es versuchen, aber eine demokratische Gesellschaft muss das Privatleben der Bürgerinnen und Bürger schützen. Rauchen in Privaträumen muss weiterhin gestattet sein. Darum halte ich auch nichts von verordneten Rauchverboten im Auto. Wenn Kinder an Bord sind, sollten vernünftige Menschen natürlich die Zigarette aus machen. Kinder sollten Zigarettenrauch so wenig wie möglich ausgesetzt sein, schließlich schädigt Passivrauchen die Kinder nachweislich erheblich. Darum ist es für verantwortliche Eltern klar, dass sie niemals in der Gegenwart ihrer Kinder rauchen. Allerdings glaube ich, wir sollten hier nicht mit Verboten arbeiten, sondern aufklären, weil das Auto, der Garten, die Wohnung oder das eigene Haus eben zur Privatsphäre zählen, aus der sich der Staat nach Möglichkeit heraus halten sollte.

Rauchen in der Schwangerschaft ist ebenfalls ein Risikofaktor, der nach meinem Dafürhalten mehr Frauen verdeutlicht werden sollte. Viele Säuglinge, die mit Untergewicht zur Welt kommen, haben rauchende Mütter. Frauenärzte sollten sich die Zeit nehmen können, ihre Patientinnen auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Das müssen die Krankenkassen entsprechend honorieren. Rauchen ist übrigens einer von drei Faktoren, die nachweislich den plötzlichen Kindstod auslösen können.  Grund genug, die Zigarette zur Seite zu legen.

Ich habe diese Punkte angeführt, weil ich eines unterstreichen möchte: Rauchen ist gefährlich. Nicht nur für den Raucher selbst, sondern auch für diejenigen, die Zigarettenrauch - unbeabsichtigt oder nicht - einatmen. Darum hat sich die Politik für eine nachhaltige Nichtraucherpolitik eingesetzt. Das Thema ist ja nicht erst seit gestern auf der Tagesordnung. In Schleswig-Holstein haben wir eine Reihe von Initiativen in Gang gesetzt, um das Nichtrauchen zu fördern. Ich denke da nicht zuletzt an die Debatten um ein rauchfreies Landeshaus und Rauchverbote in den Schulen. Wir haben auch schon einiges erreicht.

Der SSW hat immer betont, dass Grundlage einer nachhaltigen Verhaltensänderung nur die innere Einsicht sein kann. Gerade beim Rauchen zeigt sich, dass die Raucher sich gut informiert über die Folgen des Rauchens zeigen. Sie wissen um höheres Krebsrisiko, kürzere Lebenserwartung und eine überdurchschnittliche Rate an Herzinfarkten unter Rauchern. Trotzdem hat sie die Sucht voll im Griff.

Darum drängt der SSW auf klare und eindeutige Regelungen. Meines Erachtens kann diese nur heißen: Rauchen in öffentlichen, geschlossenen Räumen ist verboten. Punkt. Ohne Wenn und Aber ist das Rauchen in allen öffentlich zugänglichen Bereichen verboten. Einzige Ausnahme kann in größeren Gebäuden ein Raucherraum sein. Ich betone „kann“, denn ein Zwang zur Ausweisung eines Raucherraumes sollte unterbleiben.

Öffentliche Räume sind nicht nur Behörden, Gerichte, Schulen und Rathäuser. Zu den öffentlichen Räumen gehören zweifelsohne auch die Restaurants, die Kneipen und alle Gaststätten. Deren Verband, der DeHoGa hat bundesweit eine freiwillige Lösung versprochen, die aber von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Aus einem ganz einfachen Grund: Jeder Wirt riskiert das Abwandern seiner Kundschaft zur Konkurrenz, wenn diese das Rauchen gestattet. Da konnte es nicht gut gehen, nur auf eine freiwillige Regelung zu setzen. Die großen Ketten setzten ein Rauchverbot relativ einfach durch, bleiben doch bei ihnen die Gäste nur wenige Minuten, um Burger oder Pommes zu verzehren. Zu einer längeren Mahlzeit gehört dagegen für Viele in Deutschland einfach die Zigarette. Kleingeisterei wurde den Wirten vorgeworfen. Und das waren noch die Vorwürfe der harmloseren Sorte.

Die kleinen Schilder mit der durchgestrichenen Zigarette verschwanden aus vielen Restaurants genau so schnell, wie sie einmal aufgetaucht waren. Auch die Bundesregierung musste einsehen, dass diese Strategie langfristig nicht zum gewünschten Erfolg führen konnte. Der Konkurrenzdruck unter den Restaurants ist enorm. Rauchfreiheit gilt bis dato nicht unbedingt als eine Werbemaßnahme. Woran das liegt, kann man nur mutmaßen.

Ich möchte an dieser Stelle ganz klar sagen: die Freiheit gerät nicht in Gefahr, wenn das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten wird. Die Kollegen von der FDP rücken das Rauchverbot in eine Reihe mit anderen Diskussionen. Nach dem Motto: wenn das Rauchverbot erst durchgesetzt ist, kommt es bald zur Sportpflicht, Süßigkeitenverbot und ähnlichem Unsinn. Natürlich wird es immer Menschen geben, die meinen, dass vernünftiges, gesundes Verhalten nur durch staatliche Maßnahmen durchzusetzen sei. So ein Dominoeffekt  ist aber kein Naturgesetz. Gurtmuffel haben in den 70er Jahren genau die gleichen Horrorszenarien angeführt, um die Gurtpflicht zu diskreditieren. Im Nachhinein hat sich das als völlig haltlos erwiesen. Der private Bereich wird ja nicht geregelt.

Das Freiwilligkeitsprinzip führt uns aber wegen der Unklarheit nicht weiter. Das zeigen alle internationalen Erfahrungen. Auch der DeHoGa musste eingestehen, dass freiwillige Rauchverbote nicht zum flächendeckenden Verbot führen werden. Diese Fakten sind bekannt. Ich kann nicht verstehen, dass die FDP diese Tatsachen ignoriert. Sie knüpft an einen Diskussionsstand an, der bereits überholt ist. Das Freiwilligkeitsprinzip ist nichts anderes als das Ausnahmeprinzip a la Niedersachsen. Wer als Wirt keine Lust auf allabendliche Diskussionen mit seiner Kundschaft hat, der wird natürlich eine Ausnahmegenehmigung erwirken. Wer möchte schon Kunden verlieren? Niemand!

In Schottland, wo bereits ein Rauchverbot gilt, sind diejenigen, die sich gegen ein Rauchverbot einsetzten, heute heilfroh, dass sie in ihrem Pub nicht alle drei Jahre neu tapezieren müssen, dass sie in rauchfreier Umgebung arbeiten können und dass sie ihre Kleidung nicht jeden Tag auslüften müssen. Und auch die Angestellten sind dort jetzt dankbar, dass sie nicht mehr in einer gesundheitsschädlichen Umgebung arbeiten müssen. Die Wirte profitieren dort im Übrigen auch finanziell von dem Verbot, auch wenn sie das nicht unbedingt vor ihren Gästen zugeben würden. Eine klare Regel, die ausnahmslos das Rauchen verbietet, schafft somit Sicherheit und „Waffengleichheit“ unter den gastronomischen Betrieben.

Ich möchte abschließend auf das Argument der föderalen Vielfalt eingehen. Angeblich sei es den Rauchern und den Nichtrauchern nicht zuzumuten, dass sie in einem Bundesland rauchen dürfen, während es beim Nachbarn ganz anders zugeht. Natürlich würde ich es bedauern, wenn sich Deutschland nicht zu einem einheitlichen Vorgehen durchringen könnte, weil einige Bundesländer vor der Lobby Tabakindustrie einknicken. Doch ich bin optimistisch, dass es so ähnlich wie in Niedersachsen ablaufen wird: die Ausnahmen werden erst lautstark angekündigt und dann klammheimlich einkassiert. Auch wenn das nicht überall der Fall sein sollte: ein Flickenteppich aus Rauchverboten und Ausnahmen ist nicht das Ende der Welt.

Der SSW hat immer wieder zu Augenmaß in der Debatte geraten: weder ist Hysterie wegen einer einzelnen gerauchten Zigarette angebracht, noch ist die Aufregung um die Einschränkung von angeblichen Grundrechten hier berechtigt.  Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf klare, nachvollziehbare und transparente Regelungen. Genau das wäre ein allgemeines Rauchverbot. Der FDP-Vorschlag ist dagegen unklar, sachlich nicht nachvollziehbar und wegen der Ausnahmen nicht transparent. Darum lehnt der SSW den Entwurf ab.

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