Tale · Lars Harms · 07.03.2019 Populistische Zahlenspielchen

 „Sich hier hinzustellen und zu suggerieren, dass Berater nicht nötig gewesen wären, ist mir dann doch zu billig.“

Lars Harms zu TOP 12+43 - Kosten für Dienstleistungen im Rahmen von Stützung und Verkauf der HSH Nordbank und Beteiligungsbericht 2018 (Drs. 19/1238)

(Nr. 072-2019) Anfang diesen Jahres ging die Botschaft durch die Presse, dass die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein sowie die HSH-Nordbank in den letzten Jahren insgesamt 306 Mio. Euro für Berater aufgewendet hätten. Zu dem Zeitpunkt erst einmal eine richtige Mitteilung und die Ministerin hat ja gerade auch die Zahlen noch einmal aktualisiert. Und ja, es ist natürlich schade, dass dieses Geld aufgewendet werden musste. Sich aber jetzt hier hinzustellen und zu suggerieren, dass dieses nicht nötig gewesen wäre, ist mir dann doch zu billig. Auch, dass man Zahlenspielchen betreibt und sagt, dass die ausgegebene Summe, die Erlöse aus dem Verkauf der Bank zu einem Drittel wieder auffressen würde, ist eine billige Masche, um hier zu skandalisieren.

Worum geht es wirklich? Ich glaube, zuerst können wir feststellen, dass es richtig gewesen wäre, wenn sich die Bank seinerzeit, als sie die verheerenden Geschäfte gemacht hatte, eine solche Expertise von Fachleuten eingeholt hätte. Dann wäre es sicherlich nicht zu den immensen Schäden gekommen, die dann später eingetreten sind. Auch wäre es mit Sicherheit schlau gewesen, wenn sich die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein im Vorwege solcher Expertise bedient hätten. Auch dann wäre es wohl nicht dazu gekommen, dass so viele Engagements zu Lasten unserer Gewährträgerhaftung eingegangen worden wären. Ganz allgemein, wird also wohl jeder zustimmen, wenn man sagt, dass man vorher gute Expertise hätte einkaufen sollen. Und dann stellt sich natürlich schon die Frage, warum dann nicht auch zur Minimierung von Schäden professionelle Berater mit einbezogen werden sollten? Natürlich braucht man in solchen Fällen genauso professionelle Berater, wie in den zuvor genannten Fällen. Und genau das ist auch so gemacht worden. Daran gibt es eigentlich nichts zu mäkeln.

Wir müssen uns vielleicht auch einmal vergegenwärtigen, was eigentlich auf dem Spiel stand. Zeitweise drohten Verluste in mindestens hoher zweistelliger Milliardenhöhe. Da kann man schon mal sagen, dass eine zweite oder dritte Meinung durch Berater da nicht schlecht ist. Es ging ja nicht mehr um die vergleichsweise noch gut zu verstehenden Bankgeschäfte, sondern es ging hier um völliges Neuland. Niemand wusste im Vorwege, wie man eine bisherige Landesbank richtig abwickelt oder auch privatisiert. Es gab drei Szenarien, die alle für sich extrem kompliziert einzuschätzen und umzusetzen waren: die Privatisierung, die kontrollierte Abwicklung und die unkontrollierte Abwicklung. Und für alle diese Fälle brauchte es gute Berater.

Und mal ehrlich, niemand kann erwarten, dass eine Landesverwaltung diese Expertise hat. Unsere Mitarbeiter in den Ministerien und unseren Anstalten öffentlichen Rechts haben eine super Arbeit geleistet, aber bei einer solchen komplizierten, extrem fachbezogenen und neuen Fragestellung kommt auch die beste Verwaltung an ihre Grenzen.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist eine deutsche Landesbank vollständig privatisiert worden. Da gab es keine Blaupause, wie man das wohl standardmäßig bewerkstelligen soll. Und dazu kamen dann noch völlig neue EU-Auflagen, die beinhart waren. Im Übrigen auch deshalb so beinhart, weil wir die gleichen Maßstäbe an griechische, spanische oder italienische Banken angelegt haben. Und betrachtet man die Verluste bei anderen Banken in Deutschland, dann waren die Beratergelder wohl doch eher gut angelegt. Bei der Hypo Real Estate wurden 20 Milliarden Euro verbrannt. Bei der Deutschen Industriebank beliefen sich die Verluste am Ende auf 9 Milliarden Euro. Und bei der West LB gibt es jetzt schon Verluste in Höhe von 6 Milliarden Euro, die wohl noch auf 12 Milliarden Euro steigen könnten. Vor diesen Hintergründen erscheint es eher als Erfolg, dass wir nach der HSH-Nordbank-Krise knapp 300 Millionen Euro für Berater ausgegeben haben und dadurch den Verlust und vor allem die zukünftigen Risiken minimiert haben. Zumindest waren wir hier erfolgreicher als andere und auch das ist ja ein Lerneffekt der heutigen Politik.

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