Tale · Flemming Meyer · 16.05.2002 Qualitätssicherung an den Schulen

Die sogenannte TIMSS-Studie erregte 1998 nicht annähernd soviel Aufsehen wie die PISA-Studie im Dezember letzten Jahres. Dabei deuteten auch in dieser Studie die Testleistungen deutscher Schülerinnen und Schüler auf große Defizite hin. Insbesondere bestand eine große Diskrepanz zwischen den Kompetenzen, die im Rahmen einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundbildung angestrebt und erwartet wurden, und dem am Ende eines Ausbildungsganges in der Sekundarstufe II erreichten Niveau der Fähigkeiten. Obwohl damals Leistungsvergleiche von einer halben Million Schülerinnen und Schülern aus rund 15.000 Schulen in 46 Ländern ermittelt wurden und die Bundesrepublik dabei also unterdurchschnittlich abschnitt, gab es erhebliche Zweifel an der wissenschaftlichen Aussagekraft der Ergebnisse. Dies führte dazu, dass die öffentliche Diskussionen nach kurzer Zeit verstummte.
Seit PISA wissen wir, dass die TIMSS-Studie – bei allen Vorbehalten solchen internationalen Vergleichsstudien gegenüber– vielleicht doch einige Anhaltspunkte über den Zustand des deutschen Schulwesens gab.
Und heute nun befinden wir uns in der Situation, dass das schlechte Abschneiden Deutschlands bei der PISA-Studie immer mehr auch zum Wahlkampfthema wird – siehe die aktuelle Ausgabe des Spiegels. Dabei droht ins Vergessen zu geraten, was wir zumindest seit TIMSS wissen: dass nämlich Reformen erst nach einer gewissen Zeit zu wirken beginnen. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass wir ohne Konzepte nicht weiter kommen. Aus Einzelmaßnahmen lässt sich keine Reform zusammenstricken. Neu an der jetzigen Situation ist, dass diese Problematik endlich auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Wer die Qualität von Schule verbessern will, muss deshalb vor allem klären, was zu lernen eigentlich wichtig ist, welches der unverzichtbare Bestand an Kernwissen und an Basisqualifikationen sein soll. Geklärt werden muss auch, welche Aufgaben Schule erfüllen soll. Sollen Schulen in der Hauptsache Lernorte sein oder auch Lebensräume? Von der Entscheidung dieser Frage hängt es ab, was alles für die Qualität einer Schule bedeutsam sein soll – wie viel Personal mit welcher Ausbildung benötigt wird und welche Kosten damit verbunden sind.
Die Bildungsministerin hat dargelegt, welche Maßnahmen sie seit 1998 zur Verbesserung der Unterrichtsqualität an den schleswig-holsteinischen Schulen in Angriff genommen hat. Für mich ist dabei nicht der Zeitpunkt entscheidend. Wichtig ist allein, was jetzt getan wird. Und da hat das Ministerium seit Anfang des Jahres einige vielversprechende Initiativen in Gang gesetzt, auf die man weiter bauen kann.

So soll die Zusammenarbeit zwischen vorschulischen Einrichtungen und der Grundschule in Zukunft verbindlich geregelt werden. Beide Institutionen sollen enger zusammenarbeiten - beispielsweise damit Lehrkräfte der Grundschule schon im vorschulischen Bereich sprachliche Defizite erkennen und wenn möglich beheben können. Dieser Ansatz ist richtig, denn es ist ja kein Geheimnis, dass bereits im Kindergartenalter oft die Weichen für spätere schulische Leistungen gelegt wird.
Auch bei den Lehrplänen will das Bildungsministerium ansetzen. So sollen im Bereich der Hauptschule – im Rahmen der Qualitätsoffensive Hauptschule - die Lehrpläne im Form von Handreichungen und Beispielaufgaben konkretisiert werden. In einem nächsten Schritt geht es um Handreichungen und Beispielaufgaben als Standardsetzungen für die Orientierungsstufe und für die Grundschule. Auch die geplante externe Evaluation der schulischen Arbeit - ein Verfahren zur Überprüfung der Wirksamkeit des pädagogischen Handels – sieht der SSW durchweg positiv. Für uns ist dabei entscheidend, dass dadurch die Selbstevaluation von Schulen gestärkt wird, denn dies ist vermutlich die sinnvollste Form der Qualitätskontrolle. Sie will aber gelernt sein. Eine Schule kann sich nicht „mal eben“ selbst evaluieren. Die Ziele der Evaluation müssen klar, akzeptiert und überschaubar sein. Und es muss eine reale Chance geben, aus den Ergebnissen praktikable Schlussfolgerungen zu ziehen. Alles dies könnte mit Hilfe von externen Beratern erarbeitet werden.
Angesichts der Tatsache, dass gerade die ausländischen Schülerinnen und Schüler in der PISA-Studie besonders schwach abschneiden, ist auch die geplante bessere Förderung von Schülerinnen und Schülern mit einem Migrantenhintergrund sinnvoll. Zu guter Letzt müssen wir auch die Lehrerfortbildung verbessern, aber darüber werden wir ja später noch die Gelegenheit erhalten zu diskutieren. Denn für alle Maßnahmen zur Qualitätssicherung gilt, dass sich die Qualität der Schulen nachhaltig nur mit qualifiziertem und motiviertem Personal sichern und steigern lässt.

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