Tale · Flemming Meyer · 22.03.2001 Regierungserklärung zu den BSE-Vorkommnissen

Noch vor einigen Wochen konnte man von offizieller Seite hören, dass Deutschland BSE-frei sei. Doch die Wahrheit hat uns alle am 22. November eingeholt. Die Bevölkerung in Deutschland wurde mit einem Schlag in helle Aufregung versetzt. Und es ist egal, ob es sich bei dem Fund um ein Einzelfall handelt oder nicht. Wir müssen erkennen, dass Deutschland und Schleswig-Holstein keine Insel der Glückseligkeit ist.
Die schon vor Jahren in Deutschland gefundenen englischen BSE-Rinder, vermittelten uns damals eine trügerische Sicherheit, aus der wir jetzt herausgerissen wurden. Die heutige Erkenntnis ist: BSE macht nicht vor Grenzen halt, sondern ist ein europaweites und globales Problem. Ob man das Problem jetzt schlagartig in den Griff bekommt, scheint eher zweifelhaft, da es an Konsequenz und Handlungswillen gefehlt hat und zumindest auf europäischer Ebene immer noch fehlt.

Was bisher über BSE bekannt ist, ist nur sehr wenig und verringert daher auch die Möglichkeiten wirksame Methoden gegen die Erreger zu finden. Geht man jedoch vom derzeitigen Stand der Forschung aus, so gilt Tiermehl als der höchstwahrscheinliche Infektionsweg mit dem BSE-Erreger. Daher ist die einzig logische Konsequenz: Dieser Infektionsweg muss ausgemerzt werden. Da hilft es auch nicht, dass manch einer sagt, dass noch nicht erwiesen sei, ob Tiermehl im Futter der Rinder für die Weitergabe des BSE-Erregers verantwortlich ist. Die Vermutung ist da und sie ist begründet.

Mittlerweile hat die Bundesregierung es geschafft im Eilverfahren ein Gesetz auf die Beine zu stellen, indem festgelegt wird, dass Tiermehl aus der gesamten Futterkette in Deutschland verbannt wird. Eine weitere logische Konsequenz ist, dass ein komplettes Im- und Exportverbot von Tiermehl eingeführt wird. Aber für die EU gilt: Die Wege in Europa sind unergründlich und vor allem verschlungen. Und noch mehr gilt dies für den Rest der Welt. Man weiß nicht, ob es nicht vielerlei Wege gibt, doch Tiermehl nach Deutschland einzuführen.

Ähnliche Gedanken kommen mir, wenn ich darüber nachdenke, dass nun, bevor ab Januar 2001 BSE-Tests europaweit vorgeschrieben sind, man Tiere ins europäische Ausland bringt, um diese dort schlachten zu lassen – natürlich ohne vorher einen BSE-Test durchgeführt zu haben. Dies zeugt von einer gewissen kriminellen Energie, die man sicherlich in vielen Branchen vorfindet.
Aber gerade diese kriminelle Energie macht mir Sorgen. Wenn nicht alle Europäer an einem Strang ziehen und es einheitliche Kontrollen und Tests gibt, werden wir große Probleme bekommen.

Die Entwicklung hinsichtlich BSE in den letzten Jahren erinnert mich ein bisschen daran, dass jemand einem ein Gewehr in die Hand drückt und sagt: „Kein Problem und keine Gefahr, das Gewehr ist nicht geladen!“ Was macht man in einem solchen Fall? Solange man sich nicht selbst davon überzeugt hat, dass das Gewehr auch wirklich ungeladen ist, solange behandelt man es so, als wäre es geladen. Man ist ja vorsichtig und überprüft dann die Waffe und wenn man sich überzeugt hat, dass die Waffe wirklich ungeladen ist, hat man die entsprechende Gewissheit, dass von der Waffe keine Gefahr ausgeht. Solange man sich aber nicht sicher ist, solange hängt man das Gewehr nicht an die Wand oder drückt es dem nächsten mit den Worten „Keine Gefahr!“ in die Hand.

Genau dies ist aber im Fall BSE geschehen. Man hat gesagt: „Kein Problem und keine Gefahr, Tiermehl im Futter erscheint gefährlich, aber erwiesen ist nichts!“ Dies führte aber nicht dazu, vorsorglich Tiermehl aus der Nahrungskette zu verbannen und die Wirkung dann zu überprüfen. Genau das Gegenteil ist der Fall. In der BSE-Forschung ist man nicht weiter gekommen und Tiermehl wurde in der EU als Futtermittelzusatz weiter verwendet. Das möglicherweise geladene Gewehr wurde ungeprüft weitergereicht und jetzt scheint es wohl doch geladen gewesen zu sein.

Nicht nur, dass man in der Vergangenheit inkonsequent war. Die ganze Inkonsequenz scheint sich fortzusetzen. Anders ist das Tiermehlfütterungsverbot des EU-Agrarrates, das sich derzeit nur auf ein halbes Jahr beschränkt, nicht zu verstehen. Die BSE-Forschung wird in diesem Zeitraum nicht viel weiter kommen, so dass von dieser Seite keine neuen bahnbrechenden Erkenntnisse zu erwarten sind.
Auch erreicht man durch ein „nur für ein halbes Jahr-Gesetz“ keine Alternativnutzungen, da nur die Wenigsten in neue Strukturen investieren werden. Insofern kann ich dem Umweltminister nur Recht geben, wenn er öffentlich sagt; „Die haben nicht alle Tassen im Schrank!“ Das trifft es ziemlich genau.

Wir wissen, dass für Tiermehl durchaus alternative Verwendungsmöglichkeiten vorhanden sind. Es gibt Interessenten, die Tiermehl und Tierfette in Biogas-Anlagen nutzen können und möchten. Auch über den Einsatz von Tiermehl in der Betonindustrie wird mittlerweile nachgedacht. Genügend Möglichkeiten sind also vorhanden, so dass es hier nicht zu einem totalen Einbruch in der Tiermehlindustrie kommen wird. Daher bin ich der Auffassung, wenn so etwas in Schleswig-Holstein möglich ist, ist eine Alternativnutzung von Tiermehl und Tierfetten auch in anderen Teilen Europas möglich. Allerdings sind derartige Investitionen nur zu erwarten, wenn man die Gewissheit hat, dass Tiermehl nicht mehr für das Futter der Tiere Verwendung finden wird. Wenn nach einem halben Jahr alles wieder beim Alten ist, wird es keine Zukunftsinvestitionen geben und die Gefahr, dass BSE übertragen werden könnte, bleibt weiterhin bestehen. Es besteht die Gefahr, dass das Tiermehl für ein halbes Jahr zwischengelagert wird, danach wieder auf den Markt geworfen wird und wie in der Vergangenheit seine Abnehmer finden wird.

Darüber hinaus besteht das Problem, dass wenn Tiermehl im Ausland wieder erlaubt ist, werden ausländische Landwirte finanziell gesehen einen Wettbewerbsvorteil haben können. Dies kann nicht im Interesse unserer Landwirte sein.

Daher kann es nur eine Forderung geben: Das Tiermehl europaweit komplett aus der Nahrungskette herausnehmen. Es ist ohnehin abartig tierische Produkte an pflanzenfressende Wiederkäuer zu verfüttern. Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung endlich eine konsequente Haltung in dieser Frage eingenommen hat. Diese Konsequenz würden wir uns auch auf europäischer Ebene wünschen.

Jetzt ist es wichtig, dass wir so schnell wie möglich Alternativen zum bisherigen Futtermittel finden. Wir dürfen jedoch nicht den Fehler machen und den Teufel mit dem Belzebub austreiben, indem wir den Landwirten ermöglichen, Gen-Soja zu verfüttern. Dies ist auch eine wichtige Forderung in unserem gemeinsamen Antrag zusammen mit SPD und den Grünen. Würden wir jetzt Tür und Tor für Gen-Soja öffnen, würden wir vom Regen in die Traufe kommen. Jedenfalls sind die Auswirkungen derzeit noch nicht hinreichend erforscht. Wir können nur im Rahmen einer landwirtschaftsorientierten Technikfolgenabschätzung die Grundlagen für einen nachhaltigen Einsatz von Biotechnologie in diesem Bereich schaffen. Das dauert aber. Darauf hat der SSW schon in der letzten Landtagssitzung hingewiesen.

Die Forschung im Bereich Futtermittel und die Vermittlung von entsprechenden Kenntnissen in der Landwirtschaft für den Ausstieg aus Tiermehl ist unerlässlich und sie muss in Zusammenarbeit mit den Landwirten erfolgen. Hier möchte ich auf die Arbeit des Grünen Zentrums in Bredstedt hinweisen, aber auch auf die Arbeiten in Futterkamp, die sich mit der Zucht von Rindern beschäftigt, verweisen. Es wird deutlich, dass diese Maßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung in der Landwirtschaft außerordentlich wichtig sind. Diese Bereiche werden von den möglichen zukünftigen Kürzungen bei der Landwirtschaftskammer hart betroffen sein. Es ist klar, dass die Finanzierung der Standesvertretung für die Landwirte, wie auch bei anderen Berufszweigen, auf andere finanzielle Beine gestellt werden muss. Gleichwohl muss man unter anderem die Forschungs- und Entwicklungsbereiche, die unter dem Dach der Landwirtschaftskammer laufen, anders sehen. Hier handelt es sich um Zukunftsinvestitionen, die auch im Sinne der Verbraucher sind. Selbstverständlich muss man versuchen Synergieeffekte mit anderen Einrichtungen zu suchen, aber man muss auch einen zeitlichen Rahmen schaffen, dass diese Synergieeffekte gesucht werden können. Daher schlage ich vor, dass die Landesregierung sich noch einmal mit der Landwirtschaftskammer an einen Tisch setzt, um über die zukünftige finanzielle Ausstattung der Kammer zu reden. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass anstelle einer institutionellen Förderung Zielvereinbarungen treten könnten, die Ziele und notwendige Mittel hierfür genau festschreiben und die dann aber auch zu einer einigermaßen stetigen und haushaltsunabhängigen Finanzierung führen müssen. Hierbei kann man dann auch bewusst ökologische Zielsetzungen in die Arbeit mit einbauen. Nach den gemachten Erfahrungen wäre dies nur zu begrüßen und läge auch im Interesse der konventionellen Landwirtschaft.

Die erneut aufgeflammte Diskussion über BSE und seine Verbreitung hat dazu geführt, dass auch Regelungen für die Untersuchung von Rindern auf BSE-Erreger gefunden worden sind. So sollen Rinder, die über 30 Monate alt sind, ab jetzt auf BSE im Schnelltest untersucht werden. Vor dem Hintergrund dass ein Großteil an Schlachtrindern ihren zweiten Geburtstag nicht erleben, ist dies nur eine eingeschränkt gute Nachricht. Das jüngste Rind, bei dem bisher BSE erkannt wurde, war bei der Schlachtung 20 Monate alt und zeigte schon zu Lebzeiten deutliche Anzeichen von BSE. Rechnet man die Inkubationszeit ab, so hätte man theoretisch im Alter von 14 Monaten bei diesem Rind, sofern es zu diesem Zeitpunkt geschlachtet worden wäre, BSE erkennen können. Aus Verbraucherschutzgründen spricht diese Tatsache dafür, auch jüngere Rinder zu testen. Am sinnvollsten erscheint es mir, alle geschlachteten Rinder zu testen, egal wie alt sie sind. Zwar ist die Chance, BSE nachzuweisen bei jüngeren Tieren tatsächlich zur Zeit zwar sehr gering, aber jedes BSE-Rind, dass man findet und aus dem Verkehr zieht, trägt dazu bei, den Verbraucher zu schützen. Und Verbraucherschutz haben wir uns ja alle in diesem Parlament auf die Fahnen geschrieben.
Dem Verbraucher muss deutlich gemacht werden, dass der Stempel „BSE-geprüft“ nicht garantiert, dass das jeweilige Rind „BSE-frei“ ist. Hierdurch wird Sicherheit suggeriert, die unmittelbar nicht vorhanden ist. Aber man muss alles versuchen, um den Verbraucher zu schützen und ihn darüber informieren, dass es zur Zeit keine absolute Sicherheit gibt.

Hier besteht heute nur die Wahl zwischen „schon etwas für den Verbraucher tun“ und „alles heute
mögliche für den Verbraucher tun, auch wenn es auf dem Papier etwas verwirrend ist“. Es muss derzeit alles menschenmögliche getan werden, ehe man sich wieder Vorwürfe macht, nicht konsequent genug gewesen zu sein.

Die Untersuchungen kosten zwar im ersten Moment Geld, aber die Konsumenten werden lernen müssen, dass Gesundheit etwas kostet. Zumal man errechnet hat, dass die BSE-Schnelltests beim Endpreis für Rindfleisch mit 30 bis 40 Pfennig pro Kilo zu Buche fallen. Dies sind Beträge, die keine Probleme beim Verbraucher auslösen dürften. Ein größeres Problem wäre es, wenn der Verbraucher annehmen muss, dass nicht alles getan werde, um Schaden von ihm abzuhalten. Dann wäre das Vertrauen, wie zur Zeit, nachhaltig getrübt. Dies wäre das weitaus größere Problem für die Landwirtschaft, da man dann dauerhaft seine Fleischprodukte nicht mehr verkaufen könnte.

Im Übrigen muss ich sagen, dass ich in keiner Weise Verständnis dafür habe, dass die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung der Lebensmittelkette EDEKA verbieten will, ein Etikett mit den Worten „BSE getestet“ an seinen getesteten Waren anzubringen. Dies ist die heute bestmögliche Verbraucherinformation. Wenn schon jemand alles tut, um Schaden von seinen Kunden abzuhalten und hierfür auch noch in BSE-Tests investiert, darf man ihn nicht dafür bestrafen. Andere Ketten testen nicht und haben so einen Preisvorteil gegenüber EDEKA. Nichtstun wird somit belohnt. Das ist ein unhaltbarer Zustand, der schnellstmöglich geändert werden muss.
Ich wäre froh, wenn sich alle Lebensmittelketten so verantwortungsbewusst wie EDEKA verhalten würden. Dann wären wir im Verbraucherschutz und in der Zurückgewinnung des Vertrauens der Verbraucher mit Sicherheit weiter als jetzt. Schnelltests sind nun einmal das einzige derzeit mögliche Mittel, um den Verbraucher zu schützen.

Jetzt ist auch dafür zu sorgen, dass weder die Landwirte noch der Steuerzahler mit den Kosten für diese Tests belastet werden. Auch ist ein Aufschlag auf den Schlachtpreis für andere Tiere zum Ausgleich der Einnahmeverluste durch die Tatsache, dass weit weniger Rinder geschlachtet werden, nicht der richtige Weg. Über den Groß- und Einzelhandel muss der Preis für die BSE-Tests an die Verbraucher weitergegeben werden. Und ich bin überzeugt, dass der Verbraucher diesen Preis auch zu zahlen bereit ist. Diese Erfahrungen haben auch Manager der EDEKA-Gruppe gemacht. Gerade wegen der dortigen BSE-Tests und der Deklaration des Fleisches als „BSE-getestet“, ist der Umsatz bei EDEKA gestiegen. Dies beweist, dass Verbraucherschutz sich auch lohnen kann.

Es sollte jedoch nicht nur die alleinige Angelegenheit der Politik oder Supermarktketten sein, hier die Voraussetzungen für einen sicheren Markt zu schaffen. Natürlich ist die Politik gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um heute die best mögliche Sicherheit zu gewähren.
Aber auch der Verbraucher muss verstärkt ein Eigeninteresse entwickeln, sich besser schützen zu wollen. Man kann nicht nur billiges Fleisch fordern, ohne die Konsequenzen solcher Forderungen in Kauf zu nehmen. Wer gute Produkte an der Fleischtheke haben will, muss auch eine aufwendigere Produktion in Kauf nehmen. Daher ist auch der Verbraucher gefordert indem er umdenkt. Er kann durch sein handeln erheblich dazu beitragen den Markt zu steuern. Wenn also der Wunsch von Seiten des Verbrauchers vorhanden ist, sicheres Fleisch zu verzehren, muss er auch sein Kaufverhalten ändern. Der SSW hat in der letzten Legislaturperiode einen Änderungsantrag im Landtag eingebracht, der vorsah, dass sowohl Rindfleisch als auch Rindfleischerzeugnisse vom Rindfleischetikettierungsgesetz des Bundes umfasst werden. Dieser Antrag musste leider zurückgezogen werden, da es technisch und praktisch nicht möglich erschien Fleischprodukte so zu etikettieren, dass es sich bis zum Produzenten zurück verfolgen lässt. Wir sehen also, dass die Politik derzeit nicht in der Lage ist, eine hundertprozentige Sicherheit zu gewährleisten. Ich glaube aber trotzdem, wir sollten uns noch einmal mit dem Sinn und Inhalt unseres damaligen Änderungsantrages beschäftigen.

Es ist begrüßenswert, dass die Landesregierung, speziell die Landwirtschaftsministerin Frau Franzen und der Umweltminister Herr Müller sich nach dem BSE-Vorfall umgehend dafür eingesetzt haben, dass Untersuchungsmöglichkeiten in Schleswig-Holstein erweitert werden, dass die Laborkapazitäten im Veterinäruntersuchungsamt ausgeweitet worden sind und weiter ausgeweitet werden, dass Verträge mit privaten Labors geschlossen werden und dass hierfür schnell 18,7 Millionen Mark bereit gestellt wurden. Alle diese Maßnahmen verdeutlichen, dass die Landesregierung die Dimension des Problems schnell erkannt hat und entsprechend reagiert hat. Dies sage ich auch immer wieder vor dem Hintergrund, da dies vor allem auf europäischer Ebene nicht immer der Fall war und ist.

Ebenso ist der SSW der Auffassung, dass die Landesregierung durch ihre verständliche Informationspolitik zu BSE ihrer Aufgabe zur Aufklärung in dieser Sache nachgekommen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die Homepage der Landesregierung verweisen. Dort hat man die Möglichkeit über Links unter anderem zu verschiedenen Organisationen und Ministerien geleitet zu werden, die auch über das Internet qualitative Informationen zu BSE und der Creutzfeld-Jacob-Krankheit herausgeben.
Wie wichtig eine umfassende Aufklärungsarbeit ist, zeigen uns die hohen Zahlen der besorgten Anrufer im Lagezentrum der Landesregierung. Auf diesem Weg möchte ich mich für den außerordentlichen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien sowie den Polizistinnen und Polizisten bedanken, die sich der Aufgabe gestellt haben und Auskünfte zur BSE-Problematik erteilt haben.

Ich möchte in diesem Zusammenhang jedoch nochmals betonen, dass im Interesse der Sicherheit der Verbraucher alle Rinder getestet werden müssen. Jedes einzelne unter 30 Monate alte Rind, dass von BSE-Erregern befallen ist und gefunden wird, rechtfertigt diese Maßnahme. Selbst wenn keine europäische Lösung möglich sein sollte, müssen wir dies auf Bundesebene durchführen.
Wir brauchen die größtmögliche Sicherheit für den Verbraucher. Nur dies kann und darf die einzige Maxime sein.

Vor diesem Hintergrund würde ich mir auch wünschen, dass die Bundesregierung eine Initiative starten möge, die Lebendtiertransporte in Deutschland und Europa auf das absolut notwendige Mindestmaß begrenzt. Wir kennen alle die Bilder von zusammengepferchten, verdurstenden und gequälten Tieren, die unter unwürdigen Umständen durch ganz Europa gekarrt werden, um in einem anderen Land oder gar auf einem anderen Kontinent geschlachtet zu werden. Diese Tatsache alleine ist schon Grund genug, eine Initiative gegen Tiertransporte zu starten. Die Diskussionen über die Verbreitung von BSE haben aber auch gezeigt, dass die Aktivitäten über die Grenzen hinweg nahezu unkontrollierbar sind. Wir wissen nicht, was da zurückkommt, wenn die Rinder geschlachtet sind. Sind es jene Rinder, die lebend auf den Weg gebracht worden sind? Oder sind es möglicherweise andere Tiere? Welchen Kontrollen unterlag das geschlachtete Tier? Sind diese Kontrollen genauso wie bei uns? Sind die Tiere „BSE-getestet“, oder nicht?

Will man eine höchstmögliche Sicherheit für den Verbraucher, so muss man alle Eventualitäten ausschließen. Das heißt auch, dass das Transportieren und Verschieben von lebenden Tieren durch ganz Europa ein Ende haben muss.

Alle unsere Maßnahmen nützen aber nichts, wenn sie nicht auch von einer entsprechenden medizinischen Forschung begleitet werden. Noch ist zu wenig über das Phänomen BSE bekannt. Man kennt oder vermutet Ansteckungswege nur ansatzweise, BSE ist nach heutigem Stand der Tiermedizin nicht zu heilen und wir wissen absolut nichts über den Zusammenhang von BSE und der Creutzfeld-Jacob-Krankheit.

Tatsache ist jedoch, dass sich BSE mit zunehmenden Alter der geschlachteten Rinder immer besser feststellen lässt. Tatsache ist aber auch, dass kaum ein Rind sehr alt wird. Meist werden die Rinder in dem Stadium geschlachtet, in dem der Nachweis von BSE derzeit noch sehr schwer feststellbar ist. Daher brauchen wir dringend ein Forschungsprojekt zur Früherkennung von BSE. Je früher und sicherer wir BSE diagnostizieren können, desto besser können wir Verbraucherschutz gewährleisten.
Aber auch die möglichen Übertragungswege von BSE sind weitgehend unerforscht. Das die Übertragung durch Tiermehl erfolgen könnte, ist sehr naheliegend, aber vielleicht gibt es noch weitere Übertragungswege. Wir wissen auch nicht, ob und wie BSE in die Nachfolgegenerationen vererbt wird. Wir vermuten es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Aber wir wissen es nicht. Auch hier ist Forschung notwendig. Anstatt Milchseen zu finanzieren und sogenannte „Judasprämien“ für Schlachtungen im Ausland zu gewähren, sollte man lieber mit EU-Mitteln ein EU-weites Forschungsprojekt zum Thema BSE auflegen. All das, was bisher gelaufen ist, war in jedem Fall nicht ausreichend.

Weiter muss natürlich die mit BSE in Verbindung stehende Creutzfeld-Jacob-Krankheit weiter erforscht werden. Es gibt verschiedene Varianten dieser Krankheit, von denen eine mit BSE in Verbindung steht. Die Krankheit ist, was Früherkennung und Behandlung angeht, noch immer völliges medizinisches Neuland. Und ich glaube, man darf sich keine zu große Hoffnung machen, dass diese Krankheit in absehbarer Zeit entschlüsselt werden wird. Umso mehr ist dies ein Grund erst einmal dort anzufangen, wo man möglicherweise schnell etwas tun kann – und das ist der vorbeugende Verbraucherschutz. Der Verbraucherschutz und die BSE-Schnelltests sind zur Zeit die einzige Waffe, die wir gegen diese Krankheit haben und diese sollten wir so umfangreich wie möglich einsetzen.

Zum Schluss möchte ich auf die beiden vorliegenden Anträge eingehen. Sie sind sehr ähnlich, gleichwohl geht der gemeinsame Antrag von SPD, Grünen und SSW etwas weiter als der von CDU und F.D.P..

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung schon einen Schritt vorangegangen ist, in dem sie Tiermehl zur Fütterung von Rindern verboten hat. Auch das Verbot von Im- und Exporten von Tiermehl von und nach Deutschland zeigt, dass wir von unserem Land eine Vorreiterrolle erwarten und diese auch erwarten dürfen. Darüber hinaus sind wir uns alle einig, dass EU-weite Regelungen erforderlich sind. Wie schwer diese umzusetzen sind, zeigen die Erfahrungen der letzten Wochen. Daher ist der 2. Absatz unseres Antrages auch von zentraler und wegweisender Bedeutung.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir nicht wollen, dass das eine Übel durch das andere ersetzt wird. Das heißt, Gen-Soja oder andere genmanipulierte Stoffe dürfen nicht Ersatz für Tiermehl sein. Denn dann hätten wir möglicherweise ein neues Problem.

Wir fordern in dem Antrag die lückenlose Untersuchung aller geschlachteten Rinder auf BSE-Erreger – und dies ausnahmslos. Hier darf es keine Auslegungsmöglichkeiten geben was beispielsweise „ab dem frühest möglichen Zeitpunkt“ bedeutet, wie es im Antrag von CDU und F.D.P. gefordert wird.
Für den SSW gibt es hier keine Kompromisse. Der rigorose Verbraucherschutz muss oberstes Gebot allen Handelns sein.

Zu den Kosten aller Maßnahmen ist zu sagen, dass der Bundeslandwirtschaftsminister gesagt hat, dass Landwirte Ausgleichszahlungen für „nicht verkäufliches“ Rindfleisch erhalten sollen. Er sprach von 70% EU-Mitteln und 30% Bundesmitteln, orientiert am Marktpreis. Dies würde nach Presseberichten bedeuten, dass die Bundesregierung ungefähr 150 Millionen Mark und die EU zirka 350 Millionen Mark einsetzen würden. Für die Beseitigung des Tiermehls wäre weiterhin das Land zuständig. Es fehlt derzeit noch an einer Finanzierung für die notwendig werdenden Transportkosten und die Verbrennung bzw. Entsorgung. Diese Kosten werden sich nach Schätzungen auf rund 300 Millionen Mark belaufen. Gleichwohl werden Zahlungen und Leistungen erfolgen, die nicht nur den von BSE direkt betroffenen Landwirten zu gute kommen, sondern allen Landwirten helfen, die unter dem Zusammenbruch des Marktes derzeit zu leiden haben. Ein eigener Entschädigungsfonds ist daher nicht notwendig.
Viel wichtiger ist, dass die zukünftigen Einkommen der Landwirte gesichert werden. Ich meine damit, dass sie ihr Fleisch in Zukunft wieder mit gutem Gewissen verkaufen können. Dies setzt eine Werbestrategie voraus, die durchaus auch unter dem Dach der Landwirtschaftskammer laufen könnte, wenn diese mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wäre, und dies setzt voraus, dass sich die Produktpreise erhöhen, damit die Kosten für die BSE-Tests nicht durch den Landwirt getragen werden müssen.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal sagen:
· Ohne eine verstärkte Forschung in den Bereichen BSE und Creutzfeld-Jacob-Krankheit, haben wir keine Chance des Problems Herr zu werden. Mit Investitionen in die Forschung sichern wir uns in Zukunft die Möglichkeit, weiter ohne Angst Rindfleisch essen zu können.
· Ohne eine Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion zusammen mit den Landwirten und ohne die schnelle Einführung von lückenlosen Untersuchungen von geschlachteten Tieren, verschieben wir das BSE-Problem auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.
· Ohne ein Umdenken in unserem Konsumverhalten, werden wir es nicht schaffen, von der industrialisierten Landwirtschaft weg zu kommen.
· Ohne das rigorose Verbot von Tiermehl, sei es als Futtermittel, als Beimischungsmaterial, sei es für den heimischen Garten oder sei es eine sonstige Nutzung außerhalb einer energetischen Verwertung, entschärfen wir nicht die geladene Waffe, die wir in der Hand halten.

Deswegen sollten wir endlich konsequent in unseren Maßnahmen sein, auch wenn es schmerzlich ist. Die Verbraucher - unsere Bürger - und die Landwirtschaft werden es uns danken.

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