Tale · Flemming Meyer · 18.02.2004 Selbstverwaltung stärken – Rechtssicherheit schaffen (AOK-skandal)

Der Fall um die Darlehensvergabe an den Vorstandsvorsitzender der AOK Schleswig-Holstein, Herrn Buschmann, ist wahrlich kein Ruhmesblatt der Selbstverwaltung von Arbeitgebern und Arbeitnehmer in der Sozialversicherung hier im Lande. Natürlich ist es moralisch zumindest problematisch - wenn nicht gar verwerflich - dass der Vorstands­vorsitzende vom Geld der Versicherten günstige Darlehen in dieser Höhe bekommen kann. Hier hätte man sich nicht nur mehr Fingerspitzengefühl bei den Verantwortlichen in den Selbstverwaltungsorganen gewünscht, sondern auch ein Handeln nach den Hinweisen des Sozialministeriums im Jahr 2000.

Eine Krankenkasse ist keine Bank und man fragt sich schon, warum Herr Buschmann nicht einfach – wie andere Leute auch – diese Darlehen bei seinem Kreditinstitut beantragt, wenn er denn in Geldprobleme geraten ist. Diese Haltung vertreten sicher­lich viele Bürgerinnen und Bürger, die einer öffentlichen Krankenkasse angehören.

Allerdings muss man ehrlicherweise auch klar und deutlich sagen: Rechtlich ist dieses Darlehen kaum zu beanstanden und so ungewöhnlich – wie jetzt mancher es in der Öffentlichkeit darstellen will – ist eine solche Darlehensvergabe an Vorstands­vor­sitzende – gerade auch in der freien Wirtschaft – nun auch nicht. Schließlich versucht man ja auch gute Leute mit besonderen Konditionen zu locken und dazu können eben auch günstige Darlehen gehören. Natürlich stellt sich die Situation für den Vorstandsvorsitzenden einer öffentliche Krankenkasse anders dar - auch weil die Sicherheit der Darlehen laut einem Gutachten scheinbar nicht ausreichend ist.

Die AOK hat selbst durch die Beurlaubung von Herrn Buschmann und die Neubesetzung der Verwaltungsratsspitze Konsequenzen gezogen. Die Landesregie­rung hatte als Aufsichts­behörde bzw. als Rechtsaufsicht bereits im Jahr 2000 auf die Problematik eines Darlehens hingewiesen. Seitdem ist leider nichts mehr geschehen. Erst als die Öffentlichkeit Anfang dieses Jahres von den Darlehen erfuhr, gab es ent­sprechende Reaktionen. Das war spät, aber nicht zu spät. Auch weil das Ministe­rium eben nur die Rechtsaufsicht hat und ansonsten die Selbstverwaltungsorgane der AOK hätten reagieren können. Die Selbstkontrolle hat nicht funktioniert, denn die Hinweise der Rechtsaufsicht des Sozialministeriums hat bei weder bei der Spitze des Verwal­tungs­rates noch dessen Mitgliedern zu einem Handeln geführt.

Jetzt führt das Ministerium eine umfassende Geschäfts- und Rechnungsprüfung durch, da auch einige Beraterverträge ins Zwielicht geraten sind. Wir sollten dem Ministeri­um jetzt aber ausreichend Zeit geben, die möglichen Missstände gründlich zu unter­suchen, wie es Staats­sekretär Fischer im Sozialausschuss angekündigt hat, und dann umfänglich im Sozial­aus­schuss uns berichten lassen.

Allerdings stellt sich schon jetzt die Frage, wie man solchen Missbrauch bei öffent­lichen Körperschaften, rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des Landes von vornherein entgehen kann. Darauf zielt ja auch der vorliegende FDP-Antrag ab, der die Landesregierung dazu auffordert eine Bundesratsinitiative einzubringen mit dem Ziel die Vorraussetzungen zur Vergabe von finanziellen Zuschüssen oder von Darlehen an Organmitglieder in Art, Umfang und Höhe festzuschreiben. Die Frage ist aber, ob das der richtige Weg ist um einen even­tuellen Missbrauch in Zukunft zu beseitigen.

Zum einen ist es meiner Ansicht nach ziemlich schwierig generelle Regelungen für die Vergabe solchen Darlehen für alle öffentlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen festzulegen. Und zum anderen gibt es ab dem 1.4.2004 eine Veröffentlichungspflicht für derartige Darlehensvergaben bei den Krankenkassen. Durch diese Transparenz wird es sicher­lich schneller zu öffentlichen Reaktionen auf Darlehensvergaben an Vorstands­mitglieder in Krankenkassen kommen. Es ist auch fraglich, ob durch gesetzliche Vorgaben eine tatsächlich nicht ausgeübte Kontrolle ersetzt werden sollte. Es hätte innerhalb der AOK und ihrer Führung die mögliche Kontrolle stattfinden müssen. Hier gleich nach einem Gesetz zu rufen, ist breiter zu diskutieren. Gleichzeitig muss die Selbstverwaltung der Sozialpartner gewahrt bleiben. Wir sehen also im Moment nicht die Notwendigkeit die FDP-Initiative zu unterstützen.

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