Tale · Flemming Meyer · 14.12.2005 Sichere Lebensmittel – Besserer Verbraucherschutz

Der Gammelfleischskandal hat einmal wieder gezeigt, was alles möglich ist, wenn skrupellose Geschäftemacher versuchen, noch mehr Geld zu machen. Viele werden das Gefühl nicht los, dass oft von den Beteiligten einfach nicht hingesehen wird, wenn es offensichtlich erscheint, dass nicht für den menschlichen Verzehr geeignetes Fleisch angekauft wird, um es dann doch in den mensch-lichen Verzehr zu bringen. Nachrichten, dass Geflügelfleisch mit Wasser aufgespritzt wurde, um noch mehr Gewicht zu erreichen, taten dann sein Übriges. Sicherlich ist es so, dass tatsächlich nur eine geringe Anzahl von Firmen und Personen sich solcher Machenschaften schuldig machen, aber trotzdem zeigen solche Auswüchse, dass wir hier ein echtes Problem haben. Wir haben Probleme bei der Kontrolle durch den Staat und bei dessen gesetzlichen Grundlagen. Und wir haben Proble-me, weil die Kunden nicht so qualitätsbewusst handeln, wie wir es uns wünschen.

Verbraucherschutzminister Seehofer setzt in seinem 10-Punkte-Plan auf einen verbesserten Informationsfluss, eine Ausweitung der Meldepflichten und eine Rückverfolgbarkeit von so genanntem Kategorie-3-Material. Darüber hinaus sollen die Lebensmittelkontrollen verbessert werden und auch eine flächendeckende Kühlhausüberprüfung stattfinden. Alle diese Maßnahmen sind richtig und sinnvoll, aber sie führen dann auch automatisch zu Mehrkosten bei den betroffe-nen Herstellern und zu mehr Verwaltungsarbeit, sowohl bei den Behörden als auch bei den Betrieben. Dieser Tatsache müssen wir klar ins Auge sehen. Will die Branche und will der Bürger mehr Sicherheit, so ist diese nicht umsonst und ohne Aufwand zu haben. Wir werden uns also in der Lebensmittelbranche von der Produktion bis zum Verkauf mit mehr Bürokratie auseinander setzen müssen, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden und um Auswüchse, wie wir sie jetzt wieder erlebt haben, zu begrenzen. Verwaltungsaufwand und Kosten sind somit nicht immer ausschließlich schlechte Dinge, sondern im vorliegendem Fall sogar die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft in dieser für Schleswig-Holstein wichtigen Branche. Das müssen wir bei allen Diskussionen zu Verwaltungsvereinfachung und Kostensenkung in diesem Bereich immer wieder bedenken.

Wir werden anscheinend auch ein Verbraucherinformationsgesetz bekommen, wie es sich die Grünen in ihrem Antrag wünschen. Zweimal ist ein solches Gesetz an Schwarz-Gelb in Bundesrat schon gescheitert und nun soll jetzt doch dieses Gesetz kommen. Schade nur, dass es immer wieder eines solchen schlimmen Anlasses bedarf, um zur gesetzgeberischen Vernunft zu kommen. Ob in diesem Gesetz wirklich auch die Namensnennung von Firmen, die Verstöße begangen haben, aufgenommen werden kann ist nach meiner Ansicht fraglich. So sehr man dafür plädieren könnte, so groß sind auch die rechtsstaatlichen Bedenken – vor allem, wenn eine Firma zu Unrecht an den Pranger gestellt wurde und dann Regressforderungen stellt. Trotzdem ist ein solches Gesetz natürlich gut, weil es für den Bürger den Zugang zu Informationen sichert und er zumindest die Chance bekommt, als Bürger zu erfahren, woraus seine Lebensmittel bestehen.
Der einzelne Bürger wird hier sicherlich nicht ständig in Kontakt mit den Behörden stehen. Viel-mehr werden es die Verbraucherverbände sein, die hier für Öffentlichkeit sorgen sollen. Daher wäre es sinnvoll, wenn die Verbraucherverbände ein eigenes Einsichtsrecht erhalten würden. Denn dann würde die öffentliche Kontrolle, die so sehr von allen Parteien gewünscht ist, am besten funktionieren können.
Ein Verbraucherinformationsgesetz wird sicherlich auch dazu führen, dass die rechtlichen Grund-lagen für die Veröffentlichung über Vorkommnisse noch sicherer wären und so die jeweiligen Behörden auch mit einer gewissen rechtlichen Sicherheit Daten und Fakten veröffentlichen könnten. Dieser Prozess ist hoch sensibel und da wäre es natürlich gut, wenn die Rechtsgrundlage nicht nur sehr genau beschrieben wäre, sondern wenn man sich auf Bundesebene auch über einen gewissen Grundkonsens einigen könnte.

Als weiteren Punkt hat Minister Seehofer auch die Frage in den Raum gestellt, ob nicht ein Verbot, Waren unter den Einkaufspreis zu veräußern, für den Lebensmittelbereich umgesetzt werden könne. Dies wäre ein schwerer Markteingriff und es stellt sich dann unweigerlich die Frage, warum diese Regel nur für die deutsche Landwirtschaft gelten soll? Warum nicht auch für die Textilindust-rie, die Kohleindustrie oder viele andere Branchen? So gut also ein Vorschlag klingt, so schwierig wird die Diskussion darüber. Wir haben durchaus viel Sympathie für die Vorschläge von Herrn Seehofer, aber wer diese Vorschläge hier vorbringt, der muss diese auch für alle anderen Wirt-schaftsbereiche vorbringen. Und dann wäre ich schon gespannt, wie diese Diskussion in Europa – auf dem liberalen Binnenmarkt – aufgenommen würde. So sympathisch diese Lösung ist, so schwierig wird sie umzusetzen sein. Würde man nämlich für deutsche Waren die hohen Preise festlegen, könnten auch ausländische Waren hier wieder konkurrenzfähiger werden. Für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft wäre dann nichts gewonnen, sondern eher etwas verloren. Diese Frage gilt es vorher genau abzuwägen, ehe man mit solch einem Vorstoß kommt.

Ich glaube solche Diskussionen würden länger andauern und ob sie dann von einer zufrieden stellenden Lösung gekrönt würden, ist doch mehr als fraglich. Deshalb brauchen wir andere kurzfristige Lösungen.
Die erste Lösung wäre, wenn wir überprüfen würden, ob wir genügend Kontrollen durchführen und ob die Strukturen, die wir in der Vergangenheit aufgebaut haben, ausreichen. Minister Seehofer hat ja gefordert, dass die Länder hier mehr tun müssen. Ich glaube aber, dass wir gerade auch nach der BSE-Krise sehr viel gelernt haben und unsere Strukturen hier in Land schon recht gut sind. Wenn meine Vermutung richtig ist, würde sich möglicherweise die Frage erübrigen, ob wir staatlich lizenzierte, freiberufliche Lebensmittelsachverständige brauchen oder nicht.

Die zweite Lösung, wäre nicht – wie Herr Seehofer vorschlägt – an die Eigenkontrolle der Wirt-schaft zu appellieren und diese zu fördern, sondern ganz klare Qualitätsstandards festzulegen, die für jeden Bürger leicht kontrollierbar wären. Hierbei geht es dann um eine Kontrolle von der Aufzucht über die Schlachtung und Bearbeitung bis hin zur Lagerung und zum Verkauf. Nach BSE haben wir es hier in Schleswig-Holstein schon mit den Qualitätstoren versucht und einige Erfolge erzielen können. Trotzdem sind die Qualitätstore nicht so verbreitet, wie wir es uns wünschen. Was wir deshalb brauchen ist, keine regionale Lösung, sondern ein bundesweites Qualitätssiegel, das ähnlich wie das bundesweite Bio-Siegel, dokumentiert, dass bei Produktion, Lagerung und Verkauf alles in Ordnung ist. Ein solches Qualitätssiegel wäre für den Kunden transparent und für die Betriebe wirklich erstrebenswert. Und es wäre ein echter Wettbewerbsvorteil für diejenigen, die dieses Qualitätssiegel vorweisen könnten. Dabei wäre ein solches Qualitätssiegel wirklich ein Marktanreiz und eine Möglichkeit, ohne in den Markt direkt einzugreifen, trotzdem die gute Produktion in unserem Land herauszustellen. Selbstredend müsste man dann auf die Förderung von alten Gütezeichen verzichten und sich von Seiten des Landes dann auf die Förderung und Vermarktung eines solchen bundesweiten Qualitätssiegels umsteigen. Allerdings würde man dann eine bundesweite Transparenz für den Verbraucher gewinnen. Und das regionale Schleswig-Holstein-Wappen könnte man immer noch mit verwenden.

Wenn wir die Sachlage ehrlich betrachten, so kommen wir bei allen Lösungsmöglichkeiten nicht um zusätzliche finanzielle Leistungen herum. Wir müssen die sauberen Produkte besser vermark-ten, wir müssen ein Qualitätssiegel von der Produktion bis zum Endverbraucher schaffen und wir müssen bereit sein, mehr Verwaltung und mehr Kosten auf uns zu nehmen. Und dabei meine ich nicht den Staat, sondern diejenigen, die sich von den Machenschaften der skrupellosen Geschäf-temacher abgrenzen wollen. Erst dann wird auch der Verbraucher erkennen können, was Qualität ist und was nicht – und sich danach richten.

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