Tale · Lars Harms · 09.10.2014 Vorteilsnahme verhindern und gleichzeitig spätere berufliche Chancen nicht unterbinden

Karenzzeit für Ministerinnen und Minister, gemeint ist damit eine Regelung zu finden, die den Übergang von Politik in die Wirtschaft vorschreibt. Sicherlich kein einfaches Thema, weder für uns als Politiker, noch für die Unternehmen selbst. Die Meinungen in der Bevölkerung liegen weit auseinander. Die einzige Einigkeit, die sich in dieser Sache derzeit ablesen lässt, ist, dass etwas getan werden muss. Für uns als SSW steht ganz klar fest: Es muss ein berufliches Leben nach der Politik geben! Wie dies vonstattengehen soll, darüber besteht in der Tat erheblicher Beratungsbedarf.

 

Dabei stehen sich Grundsätzlich zwei Dinge gegenüber. Zum einen wäre da die freie Berufswahl und zum anderen besteht die Unterbindung von Vorteilsnahme und Abhängigkeiten. Es handelt sich hierbei nicht nur um einen arbeitsrechtlichen oder politischen Spagat, sondern dies ist gewisser Maßen eine gesellschaftliche Aufgabe, die es zu bewerkstelligen gilt. Von daher sollten wir uns davor hüten, vorschnelle Lösungen aus dem Hut zu zaubern. Zudem sollte es unser Ziel sein, eine Regelung zu finden, die von allen Mitgliedern im Parlament getragen wird. Ich hoffe, dass zu mindestens in dieser Hinsicht fraktionsübergreifende Einigkeit besteht.

 


 

Mit einer Einführung einer Karenzzeit für Minister haben wir in Übrigen dann noch lange nicht alle Probleme aus der Welt geschafft. Freiberufler bleiben sogar Freiberufler, neben ihrer Regierungszeit. Zumindest können sie automatisch in ihren Beruf zurückkehren. Auch Selbständige können wieder in ihren Betrieb zurückkehren, auf wenn sie sich für ihre eigene Branche in ihrer Ministerzeit eingesetzt haben. Ebenso werden Minister, die sich fachlich während ihrer Ministerzeit für Beamte stark machen, später wieder ganz normal in ihre Beamtenlaufbahn einsteigen können. Worüber wir heute reden, sind nur die Minister, die sich vorher in einem angestellten Arbeitsverhältnis befanden. Alle anderen Minister sind nicht umfasst. Inwieweit hier eine Ungleichbehandlung stattfindet, müsste überprüft werden. Und auch die Politik gänzlich würde von dieser Regelung nicht einflussfrei werden. Auch Abgeordnete können massiv Einfluss auf politische Entscheidungen ausüben und wir als Landtag sind Haushaltsgesetzgeber. Einen größeren Einfluss gibt es nicht. Trotzdem gibt es keine Karenzzeiten für Abgeordnete.

 


 

Gleichwohl zeigen viele Fälle immer wieder, dass Karenzzeiten politisch notwendig sind. Und deshalb macht es Sinn, sich an der Hamburger Regelung zu orientieren, die zumindest als im Vorwege rechtlich überprüft gelten kann. Sobald wir einen Blick auf die Regierungsbank werfen, sollte uns allen hier im Haus deutlich werden, wie umfassend ein Ministeramt ist. Vor diesem Hintergrund sei erwähnt, dass zum Beispiel Finanzministerinnen und Justizministerinnen nach einer strengen Auslegung des vorliegenden Piraten-Gesetzentwurfs gänzlich ein Arbeitsverbot auferlegt bekommen könnten. Das gleiche gilt natürlich auch für die entsprechenden Staatssekretäre sowie den Chef der Staatskanzlei. Eine Tätigkeit auszuüben, die in keinem Zusammenhang mit finanz- oder justizrechtlichen Fragen steht, ist mir bislang ein Rätsel. 

 

Zu diesem bizarren Bild gesellt sich noch ein anderes. Ein Bild, welches eine Regierungsbank der Fast-Rentner abbildet. Ohne jemanden zu nahe treten zu wollen, ist dieses Bild nach außen zumindest ein sehr realistisches Bild. Wenn jemand sich beruflich nach der Ministerzeit nicht weiterentwickeln kann, wird er möglicherweise von der Berufung zum Minister Abstand nehmen. Dann würden sich nur noch vornehmlich die berufen fühlen, die ihre berufliche Zukunft schon hinter sich haben. Auch das kann kein Ziel sein. 

 

Es sind hier heute im Plenum sicherlich noch nicht alle Ausgangssituationen und Ziele ausdiskutiert worden. Von daher sollten wir uns im Ausschuss nochmal ausreichend Zeit nehmen, um vorschnelle und rückwärtsgewandte Lösungen auszusondern. Denn schließlich geht es in dieser Frage nicht nur um Unternehmen, Minister und Staatssekretäre, sondern es geht vielmehr um die Frage, wie wir die Attraktivität der Landespolitik nach innen und außen erhalten können. Und das heißt, Vorteilsnahme verhindern und gleichzeitig spätere berufliche Chancen nicht unterbinden. Hier kann in der Tat die Hamburger Regelung ein Ausgangspunkt sein.

 


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