Tale · Lars Harms · 29.10.2020 Wir brauchen Profis, die sich gut auskennen mit den verschlungenen Wegen des Geldes

„Ich bin davon überzeugt, dass den hiesigen Finanzämtern eine Schlüsselstellung bei der Geldwäsche zukommt. Darum erscheint mir eine zentrale Geldwäschebekämpfung auf der Ebene der Finanzämter der Weg, den wir einzuschlagen haben.“

Lars Harms zu TOP 60 - Tätigkeitsbericht der Geldwäscheaufsicht beim Finanzministerium für den Zeitraum 09/2017 bis 03/2020 (Drs. 19/2350)

Beim Befund sind wir uns ja durchaus einig: Deutschland hat sich in den letzten Jahren zu einem sehr lukrativen Ziel für die organisierte Kriminalität gemausert. Gerade, weil sich in Deutschland niemand vorstellen kann, dass Geldwäsche unserer leistungsstarken und integren Verwaltung nicht sofort ins Auge fallen würde, haben Banden Deutschland ins Visier genommen. Dieses Vertrauen wurde und wird brutal ausgenutzt: Einnahmen aus Drogen- oder Waffengeschäften werden in Deutschland zunehmend in legalen Branchen investiert, zum Beispiel in den Kauf von Immobilien. Die Häuser sind für die Banden dann wie eine Geldbörse aus Stein. Beim Wiederverkauf ist das Geld sauber; die Herkunft nicht mehr nachvollziehbar. 
Im September meldete die Tageschau, dass Kriminelle in Deutschland vor allem die Tatsache ausnutzen, dass die Behörden keine etablierten Kooperationsverfahren kennen; weder innerhalb Deutschlands noch mit den Nachbarn. Die Ermittler halten sich an die Landesgrenzen, die kriminellen Banden aber nicht. International ist das längst aufgefallen. Enthüllungen über Verstrickungen deutscher Banken kamen deshalb in den letzten Jahren immer aus dem Ausland, den USA zum Beispiel. 

Am Problem der Koordinierung und der Hürden durch den Datenschutz bei der Ermittlung ändert auch der vorliegende Bericht der Finanzministerin nichts. Polizeidaten sind für die Finanzverwaltung immer noch nicht verfügbar. Alles muss mühsam selbst ermittelt werden. Das macht die Bekämpfung entsprechend schwer. Immer noch gibt es keine Geldwäschebehörde in Schleswig-Holstein, die Daten automatisch mit Hamburg oder mit Dänemark abgleicht. 
Und die bestehenden Einrichtungen sind auch nicht gerade üppig ausgestattet. Die Kriminellen lachen sich doch ins Fäustchen, wenn sie lesen, dass die Landesregierung mittels dreier Vollzeitäquivalente versucht, sie zu verfolgen. Und diese Stellen sind nicht etwa vor Ort unterwegs, sondern derzeit vor allem damit beschäftigt, ihre eigene Leistungsfähigkeit zu beweisen, damit Schleswig-Holstein die so genannte Deutschlandprüfung erfüllt. Die Zuarbeit für die Prüfung nimmt einen großen Zeitanteil der Geldwäscheaufsicht in Anspruch, schreibt die Ministerin. Und das bereits seit 2019. Diese Monate haben die Kriminellen sicherlich gut nutzen können. Risikoanalysen sind eben nur ein winziger Baustein in der Bekämpfung der Geldwäsche.

Um mit der organisierten Kriminalität auf Augenhöhe agieren zu können, bedarf es Spezialisten; Profis, die sich gut auskennen mit den verschlungenen Wegen des Geldes, das die Banden erwirtschaften. Die Kriminellen achten peinlich darauf, ihr gewaschenes Geld ordnungsgemäß zu versteuern. Eine Steuerklärung ist für sie so etwas wie das doppelte Echtheitszertifikat. Darum müssen die staatlichen Geldwäsche-Profis in einer zentralen Stelle die Geldflüsse aller Finanzämter kontrollieren. Die Abgabenordnung sieht ja ausdrücklich vor, dass die Finanzämter das Steuergeheimnis einmal links liegen lassen können und bei Verdacht auf Geldwäsche alle Daten dem Staatsanwalt unverzüglich zu melden haben.

Ich bin davon überzeugt, dass den hiesigen Finanzämtern eine Schlüsselstellung bei der Geldwäsche zukommt. Darum erscheint mir eine zentrale Geldwäschebekämpfung auf der Ebene der Finanzämter der Weg, den wir in Schleswig-Holstein einzuschlagen haben. 
 

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