Tale · Christian Dirschauer · 10.05.2023 Wo fängt Bürokratisierung an oder ab wann wird Kontrolle zur Manie?

„Es ist doch völlig absurd, wenn wir in Schleswig-Holstein verpflichtende Fristen für Abwasserdichtheitsprüfungen anordnen, diese aber nicht eingehalten und sie schon gar nicht kontrolliert werden.“

Christian Dirschauer zu TOP 18 - Abwasserdichtheitsprüfung nur in begründeten Verdachtsfällen (Drs. 20/814)

In §60 des Wasserhaushaltsgesetzes ist unter anderem geregelt, dass Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden sollen. Entsprechen die Anlagen nicht den Anforderungen, so sind Maßnahmen innerhalb bestimmten einer Frist durchzuführen, damit sie den Regeln wieder genügen. Oder kurz gesagt; Anlagen, die undicht sind, müssen repariert werden. 
Nach §61 WHG ist die Abwasseranlage durch Selbstüberwachung zu überprüfen. So ist es sinngemäß durch das Bundesgesetz vorgeschrieben. Und das ist auch gut so. Abwasser muss abgeleitet werden und soll nicht im Boden versickern. Darüber herrscht breite Einigkeit. 
Gleichwohl besagen die Erfahrungen aus der Praxis der Unteren Naturschutzbehörden, dass die Gefahren, die von undichten Leitungen auf Privatgrundstücken ausgehen, generell als gering einzustufen sind. Neben dem Naturschutzargument gibt es aber durchaus weitere Argumente, die in dem Zusammenhang nicht unerheblich sind. Abwasser muss ungehindert abfließen können, denn sollte dies nicht der Fall sein, können verstopfte oder undichte Leitungen durch Feuchtigkeit, Schimmelbildung oder Unterspülung größere Schäden an der Immobilie verursachen. Und um das zu vermeiden, haben Haus- oder Grundstücksbesitzerinnen und Besitzer ein ureigenes Interesse, dass ihre Abwasserleitung unbeschädigt ist. 
Die Frage ist also, brauchen wir neben den Bundesregelungen eine landeseigene Regelung, die über die Bundesregelung hinaus Fristen für Dichtigkeitsüberprüfungen festschreibt? Oder anders gefragt, wo fängt Bürokratisierung an oder ab wann wird Kontrolle zur Manie? 
Es ist doch völlig absurd, wenn wir in Schleswig-Holstein verpflichtende Fristen für Abwasserdichtheitsprüfungen anordnen, diese aber nicht eingehalten und sie schon gar nicht kontrolliert werden. Die Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen des Kollegen Dr. Buchholz machen deutlich, dass die Landesregierung überhaupt keine Kenntnis hat in Bezug auf Prüfungen oder Ergebnisse. Wir haben hier eine Regelung, in der Fristen nach bestimmten Gebieten gesetzt sind, bis wann dort die häuslichen Abwasserleitungen zu überprüfen sind. Soll heißen, in Wasserschutzgebieten hätten die Untersuchungen bereits bis 2015 erfolgen müssen und in den übrigen Gebieten bis 2025.
Flächendeckende Kontrollergebnisse liegen der Landesregierung aber nicht vor, schlicht weil es sie flächendeckend nicht gibt. Aus diesem Grund hat die Landesregierung diese Regelung mittlerweile gekippt und die Prüffrist für Wasserschutzgebiete der Zone III B und außerhalb von Wasserschutzgebieten um 30 Jahre verlängert – sprich bis 2040. In Wasserschutzgebieten der anderen Kategorien bleibt die umgehende Prüfung bestehen. Begründet wird die Fristverlängerung mit den gering vorhandenen Kapazitäten im Bereich des Installateurwesens, die für die Instandhaltung des öffentlichen Kanalwesens zur Verfügung stehen. So geht es aus einer Pressemitteilung des Ministeriums hervor. Zudem ist die behördliche Kontrolle nicht leistbar aufgrund mangelnder Personalkapazitäten. Wenn die Landesregierung mittlerweile erkannt hat, dass die Fristen eh nicht eingehalten werden können – warum auch immer – sollte sie Nägel mit Köpfen machen und komplett auf die Fristen verzichten. Damit würde das Damoklesschwert nicht mehr über den Häuptern der Haus- und Grundstückseigentümer und -eigentümerinnen schweben. Der Antrag der FDP wäre aus Sicht des SSW ein gangbarer Weg, um die Abwasserdichtheitsprüfung zu entbürokratisieren und um die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. 

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