Tale · Flemming Meyer · 25.01.2001 Zukunft der Universitätsklinika

Die Spatzen pfeifen es schon lange von den Dächern: In einem relativ kleinen Bundesland wie Schleswig-Holstein ist eigentlich kein Platz - und insbesondere kein finanzieller Spielraum - für zwei Universitätskliniken. Es macht wenig Sinn, so wird gesagt, beide Universitätskliniken finanziell relativ knapp zu halten, weil dadurch eine wirklich hochwertige Forschung und Lehre an beiden Standorten schwer zu fördern ist. Es ist klar, dass dieses in Lübeck und Kiel sicherlich teilweise anders gesehen wird.

Dass die Landesregierung die oben genannte Auffassung teilt, zeigt sich jetzt in dem Vorschlag des Bildungsministeriums, die beiden Gesellschaften durch Gesetz spätestens ab dem Jahr 2003 zu einer Gesellschaft mit dem Namen „Universitätsklinikum Schleswig-Holstein“ zusammenzulegen. Nach Angaben von Staatssekretär Stegner ist es geplant, einen gemeinsamen Vorstand zu berufen, dessen Aufgabe es sein wird, die Verwaltungen der beiden Standorte zusammenzuführen, um dadurch Synergieeffekte zu erzielen. Gleichzeitig versichert Herr Stegner, dass beide Standorte erhalten bleiben und dass keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden.

Dazu sollen die Beschäftigten in den Diskussionsprozess um eine neue Struktur mit eingebunden werden. Insbesondere sollen die beiden Kliniken in der Forschung und Lehre besser zusammenzuarbeiten. So weit so gut.

Ursache dieser Beschlüsse ist die knappe Finanzlage der Kliniken, die sich nach Angaben des Bildungsministeriums durch die Bundesgesundheitsstrukturreform ab 2003 dramatisch verschlechtern wird. Durch die fortdauernde Deckelung des Kassenbudgets haben die Kliniken bereits jetzt fühlbare Einnahmelücken im Betriebsbereich zu verzeichnen. Obwohl die effektiv zugewiesenen Zuschüsse des Landes für Forschung und Lehre von 1997 bis 1999 um über 12 Mio. DM sanken, gelang es den Universitätskliniken dennoch, das Wirtschaftsjahr 2000 ohne Verlustvortrag abzuschließen.

Die Wirtschaftspläne für 2001 rechnen auch mit einem Bilanzverlust von Null DM. Da ab 2003 die Abrechnung der Kassen auf die Fallpauschalen umgestellt wird, rechnet das Ministerium aber mit weiteren Einnahmeverlusten für die Kliniken. Denn die Fallpauschalen spiegeln nur die Kosten nicht-universitärer Krankenhäuser wieder. Dass in den Universitätskliniken viele Ressourcen auf Ausbildung verwendet werden, ist dabei nicht in ausreichender Weise berücksichtigt.

Schon die Verselbständigung der beiden Universitätskliniken der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und der Medizinischen Universität zu Lübeck vom 1.1.1999 hatte zum Ziel, die Verwaltungen in die Lage zu versetzen, flexibel und eigenverantwortlich in ihrem Bereich zu arbeiten und dadurch Ressourcen für andere wichtige Bereiche freizusetzen. Im Gegensatz zur der gefundenen Lösung bei der Verselbstständigung der psychiatrischen Fachkliniken, die eigentlich ganz gut funktioniert hat, gab es bei den Unikliniken schon bei Verabschiedung des Gesetzes Kritik an der Struktur - insbesondere an der Zusammensetzung des Aufsichtsrates und den mangelnden Mitspracherechten des Personals.
Durch die Verselbständigung hoffte man auch, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitätskliniken intensiviert werden würde. Obwohl im Bericht der Landesregierung darauf hingewiesen wird, dass in den letzten Jahren durch einschneidende Einsparungen, strukturelle Umschichtungen - insbesondere im Personalbereich - sowie durch zunehmende Wirtschaftlichkeit in der Betriebsführung eine Effektivitätssteigerung beider Kliniken stattgefunden hat, geht nicht hervor, inwieweit es schon jetzt eine Zusammenarbeit zwischen den beiden gibt. Mein unmittelbarer Eindruck ist, dass es wegen der Konkurrenzsituation der beiden Kliniken nicht weit her ist mit einer konstruktiven Zusammenarbeit. Dabei gebe es sicherlich Potentiale in der Beschaffung oder in anderen Verwaltungsbereichen.

Dennoch ist der SSW der Auffassung, dass das Bildungsministerium mit seinem Vorschlag zu schnell vorgeprescht ist. Wir hätten uns gewünscht, wenn man eine ausführliche Evaluation der bisherigen Ergebnisse der Verselbständigung von 1999 durchgeführt hätte - beispielsweise mit einem ausführlichen Fragenkatalog, wie man es auch bei den Fachkliniken gemacht hat - bevor man mit seinen Ideen an die Öffentlichkeit geht. Nach einer Schwachstellenanalyse hätte man eine bessere Grundlage für eine Entscheidung gehabt.

Jetzt ist die Katze aus dem Sack und kann nicht mehr eingefangen werden. Es ist klar, dass diese Pläne des Ministeriums bei den Betroffenen - sowohl bei den Vorständen als auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - wie eine Bombe eingeschlagen haben. Und trotz aller Versicherungen des Bildungsministeriums zum Standorterhalt und zur Arbeitsplatzgarantie geistern allerlei Gerüchte durch die Medien. Es geht die Angst um - besonders in Lübeck - dass ein Standort dennoch vollständig geschlossen werden muss. Diese Reaktion ist nur zu verständlich.

Dadurch haben wir jetzt die schlechteste Situation: Die Unsicherheit führt zu demotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - ja sie kann sogar zur Mitarbeiterflucht führen, weil einige diese Unsicherheit bis 2003 nicht mitmachen wollen. Das kann nicht im Interesse des Landes sein. Wir brauchen motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit Schleswig-Holstein bundesweit konkurrenzfähig bleibt im Bereich der Universitätskliniken.

Nun aber ist das Kind in den Brunnen gefallen. Deshalb muss die Landesregierung jetzt zusammen mit dem Aufsichtsrat, den Vorständen und den Beschäftigten so schnell wie möglich Klarheit schaffen, wie man sich die Zukunft der „Universitätsklinik Schleswig-Holstein“ vorstellt. So schwer es fällt: Dazu gehört, dass man schnellstmöglich einen gemeinsamen Vorstand beruft, der deutlich macht, wie er in Zukunft verfahren will:

- Wo soll die Hauptverwaltung sein?
- Welche Produktpalette soll Lübeck, welche Kiel anbieten?
- Wie viele Medizinstudierende ist eine angemessene Zahl für Schleswig-Holstein?

Man darf nämlich nicht vergessen, dass die Medizinstudierenden zu den teuersten Studierenden gehören. Es ist daher berechtigt, die Frage zu stellen, wie viele Ressourcen ein Land wie Schleswig-Holstein für so einen Bereich bereitstellen kann.

Wie gesagt: Der SSW hätte sich gewünscht, dass man diese Frage in Rahmen einer Evaluation der bisherigen Erfahrungen in Ruhe untersucht hätte. Durch ihr eigenes Vorpreschen hat sich die Landesregierung jetzt selbst unter Druck gesetzt. Denn jetzt besteht die sVerpflichtung, klar zu sagen, wie sie sich die Zukunft der beiden Universitätskliniken vorstellt. Das schuldet die Landesregierung nicht zuletzt den vielen Tausenden Beschäftigten an beiden Standorten.

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