Rääde · Lars Harms · 08.05.2020 Angriffe auf Journalisten sind Angriffe auf die Demokratie

„Die Presse, freie Printmedien, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die privaten Rundfunkanstalten sind wichtige Säulen unserer Demokratie. Wir gemeinsam sind dazu aufgerufen, sie zu unterstützen und sie zu schützen.“

Lars Harms zu TOP 31 - Starker Journalismus (Drs. 19/2080)

Der recherchierende und einordnende Journalismus ist so wichtig wie nie, um seriöse Information zu gewährleisten. Die Tagesschau erzielt Traumquoten und die Nachrichtenkanäle im Web sind gefragt wie nie. Deutschland entwickelt sich zu einem Land, in dem sich die Menschen tagesaktuell mit den Zahlen rund um Corona versorgen lassen. 
Gleichzeitig ist aber gerade der professionelle Journalismus ökonomisch bedroht: die Auflagenzahlen stagnieren oder gehen zurück. Kostenlose Infos scheinen massenweise im Netz verfügbar. Das bringt die Lokalzeitungen in Bedrängnis, aber auch die großen Anstalten, die mittendrin in einer Gebührendebatte stehen. Für mich ist klar: gute Arbeit muss gut bezahlt werden.
Journalisten und Journalistinnen werden bedroht und attackiert. Am Rande von rechten Demos sichern inzwischen Sicherheitsleute routinemäßig die Arbeit der freien Presse ab. Und auch diese können Angriffe von rechts oder links nicht verhindern, wie wir gerade erst letzte Woche in Berlin erlebt haben, wo ein ZDF-Team attackiert wurde. Daneben beklagt der Journalistenverband regelrechte Schmäh- und Hasskampagnen auf Journalisten im Netz; und zwar auf allen Plattformen. Rechte Kreise führen so genannte Feindeslisten, auf denen die Namen und Anschriften von Journalistinnen und Journalisten geführt werden. Diese seien zum Abschuss freigegeben, wenn es zum Tag X käme. Das ist widerliche Hetze, der nur mit dem Strafrecht beizukommen ist.
Darum ist es gut, dass wir über den Journalismus reden. Vielen Dank für die Initiative der SPD-Fraktion, die wir fast genau am Tag der Pressefreiheit besprechen.
Aber. Sonntagsreden alleine bringen keine Veränderungen. Sie sichern keinen einzigen Arbeitsplatz oder schaffen keine belastbare Vertrauensbasis für die Bürgerinnen und Bürger. Gerade wir Abgeordneten sollten an den Taten gemessen werden.
Betrachten wir einen aktuellen Fall: den Rücktritt von Innenminister Grote. Dieser sei über eine zu große Nähe zu Journalisten gestolpert. Dabei hörte ich immer wieder, dass die Journalisten gerade die professionelle Art des Ministers lobten, der sich eben nicht hinter Pressemitteilungen verschanze. Ich hoffe nicht, dass das Kabinett vor dem Hintergrund von zu großer Nähe zukünftig den Kontakt zur Presse einschränkt. Ein guter Kontakt zur Presse auf Augenhöhe ist für beide Seiten ein Gewinn; und ein unverzichtbarer Baustein unserer Demokratie. Geneigte Presse als Hofberichterstattung, ist genauso verwerflich und schadet uns allen wie abgeschottete Politik.
Die coronabedingte Distanz der letzten Wochen war nur ein vorübergehendes Phänomen. Pressekonferenzen sind wegen des Abstandsgebotes viel zu aufwändig. Inzwischen haben sich deswegen die Kontaktmöglichkeiten verändert, indem wir jetzt viel mehr direkt mit den Journalistinnen und Journalisten abklären. Hätten wir jetzt auch noch überall im Land ein stabiles Mobilnetz, könnten wir fast alle journalistischen Nachfragen sofort beantworten. 
Die freie Presse benötigt einen guten Zugang zu Informationen. Das Informationsfreiheitsgesetz, das der SSW vor zwanzig Jahren initiiert hat, hat einen Goldstandard für Transparenz gesetzt. Bundesweit folgten andere Länder unserem Beispiel. Das sind die Taten, die einen starken Journalismus ermöglichen. 
Die Corona-Krise hat ein Schlaglicht auf die Arbeit der Presse geworfen. Sie hat gezeigt, dass sich auch die Presse in Krisenzeiten erst einmal neu sortieren muss. Im März schienen alle Medien das gleiche zu melden. Erst nach und nach mischten sich wieder die Stimmen. Allerdings haben sich zwischenzeitlich auch die Verschwörungstheoretiker wieder neu organisiert und werfen der Politik Gehirnwäsche vor. Mit Argumenten ist diesen Kreisen, die sich unter anderem in Berlin vor der Volksbühne treffen, nicht beizukommen. Nur eine freie und starke Presse kann die weitere Verbreitung der absurden Thesen verhindern. Verständliche und nachvollziehbare Berichterstattung sind die Voraussetzung dafür, dass die verschwurbelten Vorstellungen regelmäßig einem Realitätstest unterzogen werden. 
Auch darum sind die Presse, freie Printmedien, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die privaten Rundfunkanstalten wichtige Säulen unserer Demokratie.
Wir gemeinsam sind dazu aufgerufen, sie zu unterstützen und sie zu schützen.

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