Rääde · Flemming Meyer · 11.09.2008 Anträge zur Lehrerbildung und zur zukünftigen Finanzierung der Universität Flensburg


Die Diskussion um die Zukunft der Universität Flensburg in den Sommerferien war dramatisch. Trotzdem kann man ihr auch Positives abgewinnen. Seit Jahren weisen wir nun schon in diesem Hause darauf hin, dass die nördlichste Universität des Landes hoffnungslos unterfinanziert ist. Obwohl diese Einsicht wohl längst bildungspolitisches Allgemeingut ist, hat diese Regierung - ebenso wie ihre roten und rot-grünen Vorgänger aber wenig unternommen, um Abhilfe zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist es eine große Hilfe gewesen, dass sowohl die Akkreditierungsstelle in Hannover als auch der Universitätsrat – beide der regionalpolitischen Rücksichtnahme vollkommen unverdächtig – nun auch Klartext reden und Konsequenzen anmahnen.

Denn die Situation in Flensburg ist seit Jahr und Tag dramatisch. Kein Bildungsexperte konnte über die Aussetzung der Akkreditierung des vermittlungswissenschaftlichen Studienganges wirklich überrascht sein. Die strukturellen Probleme der Hochschule sind seit Jahren bekannt und bereits im Bericht der Erichsen-Kommission nachzulesen. Die dramatische Unterfinanzierung der Uni resultiert aus der historischen Entwicklung. Die Flensburger Universität konnte den Geburtsmakel als Pädagogische Fachhochschule nicht abstreifen, weil die dafür nötigen Investitionen und Stellenpläne nie vollständig umgesetzt worden sind. Das Land hat lange gezaudert, den Investitionsbedarf herunter gerechnet und die Unterfinanzierung irgendwie hingenommen.

Die mit der Bachelor/Master-Umstellung der Studiengänge erreichte Transparenz hat nun im Sommer die Probleme ins Licht gerückt. Die Prüf-Agentur hat genau hingesehen, hat nachgerechnet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Universität erhebliche Ausstattungs-Mängel hat. Der völlig unterdimensionierte Mittelbau und die Probleme in der wissenschaftlichen Buchversorgung sind für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer und für die zukünftigen „Erwachsenenbildnerinnen und -bildner“ ein massives Problem. Das gleiche gilt übrigens für alle anderen Studierenden an der Flensburger Universität, die gleichfalls Probleme in der Bibliothek haben und zu geringe Beratungskapazitäten beklagen.

Dass die Universität Flensburg mit Ihren Studiengängen so lange überlebt hat und Absolventen produziert hat, die sowohl in der Wirtschaft als auch im Staatsdienst gern gesehen sind, liegt nicht an der Landesregierung sondern an dem enormen Engagement der Menschen vor Ort. Die anderweitig bekannte Spezies des Di-Mi-Do-Professors, der außerhalb der festen Sprechzeiten allenfalls im Golfclub oder im Yachthafen anzutreffen ist, hätte in Flensburg extrem schlechte Lebensbedingungen. Das hohe Aktivitätsniveau an der Uni Flensburg konnte nur deshalb gehalten werden, weil die Lehrenden ein außerordentlich großes Engagement zeigen. Sie haben nicht auf Arbeitszeiten und Gehälter geschielt, sondern Zeit und Herzblut in den Aufbau von Studiengängen engagiert. Sie haben mehr Lehre angeboten als sie mussten. Sie erledigten selbst Aufgaben, für die es an anderen Hochschulen besonderes Verwaltungspersonal gibt.

Dieses besondere Engagement wurde nicht zuletzt in die Entwicklung von Kooperationsprojekten gesteckt. Mit „Bordmitteln“ hat die Universität Flensburg eine breite Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet entwickelt und sich durch diese gemeinsame Plattform mit der dänischen Nachbaruniversität einen exzellenten Ruf erarbeitet; zuletzt mit der gemeinsamen Entwicklung des neuen, interdisziplinären Masterstudiengangs „Kultur-Sprache-Medien“, der interkulturelle Wissensvermittlung und Medienarbeit verknüpft. Nicht ohne Grund hat die regionale Wirtschaft längst die wissenschaftliche Aufbereitung betriebswirtschaftlicher, personaltechnischer und verfahrenstechnischer Fragen an der Universität Flensburg schätzen gelernt.

Gerade weil die Universität Flensburg ohne die beiden Standbeine Wissensvermittlung und grenzüberschreitende Studiengänge nicht denkbar ist, möchte ich sehr davor warnen, Teile und Leistungen der Flensburger Universität gegeneinander aufzurechnen und gegeneinander auszuspielen. Die Universität ist als Gesamtkomplex zu verstehen und nicht als eine Ansammlung von Instituten. Nicht ein Teil der Uni hat ein Problem, wie der Antrag der Grünen unterstellt, sondern die gesamte Universität wird in ihrer Existenz in Frage gestellt. Die Universität ist, wäre sie ein Auto, zu schwach motorisiert. Es reicht nicht, an einen Kleinwagen einfach ein Porsche-Emblem zu schrauben. Vielmehr muss es darum gehen, durch erhebliche Investitionen dauerhaft und nachhaltig dafür zu sorgen, dass der Wagen, immerhin mit mehr als 4.200 Studierenden voll besetzt, einen leistungsstarken Motor und ein stabiles Fahrwerk bekommt, damit er nicht gleich bei der kleinsten Steigung aus der Puste kommt.
Der Antrag der Grünen stellt vor diesem Hintergrund eine isolierte Einzel-Lösung dar. Ohne Zweifel weist die Universität Flensburg allerbeste Kompetenzen in den Vermittlungswissenschaften auf, die bundesweit nachgefragt werden; aber die Wissensvermittlung darf niemals die einzige Kompetenz der Uni bleiben. Sie muss ein breiteres Profil haben, um den Hochschulstandort Flensburg nachhaltig zu sichern.

Sowohl der Universitätsrat als auch die Akkreditierungsstelle haben klar zu verstehen gegeben, dass es für die Universität Flensburg nur zwei Optionen gibt: Entweder sie wird zur reinen Lehrerbildungsanstalt zurückgestuft und kommt dann mit den vorhandenen Mittel aus, oder sie wird konsequent zur „lehr- und forschungsstarken“ Universität ausgebaut und erhält dafür die entsprechenden Ressourcen. Eigentlich ist dieser Beschluss ja schon einmal gefällt worden. Nachdem die Erichsen-Kommission ihr Gutachten vorgelegt hat, in dem sie gerade diese vermittlungswissenschaftliche Schwerpunktsetzung vorschlägt, hat sich die Landesregierung dieses Ziel zueigen gemacht – bei gleichzeitiger Berücksichtigung der internationalen Studiengänge.

Die Reaktionen im Sommer haben ja auch deutlich gemacht, dass nach wie vor niemand die Rückstufung zur PH wünscht. Deshalb gibt es in dieser Situation nur eine Konsequenz: Butter bei die Fische! Die Landesregierung hat bereits 600.000 Euro Soforthilfe für das Wintersemester versprochen und will ab 2009 1,4 Millionen mehr auf den Tisch legen, um die Lehrerausbildung abzusichern. Das ist ein wichtiger Schritt, aber er ist zu kurz. Der SSW fordert eine dauerhaft solide Finanzierung der gesamten wissenschaftlichen Arbeit der Uni Flensburg. Nur auf einem breiten personellen Fundament können die Institute und Abteilungen langfristig den Anforderungen des Wissenschaftsbetriebs genügen.

Der SSW stimmt dem Landesrechnungshof vorbehaltlos zu, der ein langfristiges und tragfähiges Konzept für die anstehenden Investitionen an der Flensburger Universität einfordert. Die Universität benötigt eine langfristige Perspektive, nicht nur aus Verantwortung gegenüber den Studierenden. Aber wenn die Universität Flensburg die gleiche Ausstattung haben soll, wie andere vergleichbare Hochschulen, dann müsste nach Aussage der Universität zum bisherigen Landeszuschuss von rund 14 Millionen pro Jahr zwischen 2,7 und 6 Millionen hinzukommen.

Ich denke es wäre an der Zeit, dass der Landtag und die Landesregierung klar beschließen, dass es eine Gleichstellung der Universität Flensburg mit anderen vergleichbaren Hochschulen in Norddeutschland geben muss. Das wäre die richtige Basis, um gemeinsam mit der Uni zu ermitteln, wie groß die Lücke ist. Wir werden uns im Rahmen der Haushaltberatungen dafür einsetzen, dass wir diesem Ziel in den nächsten Jahren einen deutlicher Schritt näher kommen.

Der SSW wird weiterhin für die Universität Flensburg kämpfen. Dabei freut es uns besonders, den Segen des ehemaligen Wissenschaftsministers Dietrich Austermann zu haben. Er hat mir in Verbindung mit seinem Abgang geschrieben, dass die Universität Flensburg ihm Sorge bereitet und dass sie engagierte Vorkämpfer braucht, um ihre künftige Entwicklung zu sichern. Dieser Bitte kommen wir selbstverständlich auch in Zukunft gern nach.

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