Rääde · Christian Dirschauer · 11.05.2023 Armutsfeste Löhne und Renten für die Menschen im Land

„Renten und Löhne müssen wirksam und dauerhaft vor Armut schützen“

Christian Dirschauer zu TOP 32+33 - Betriebsrenten stärken – Ausnahmen vom Anpassungsverfahren streichen und Bundesratsinitiative für einen armutsfesten Mindestlohn – damit das Leben bezahlbar bleibt! (Drs. 20/954 und 20/955)

Wie in der Begründung erwähnt, hat der SSW das Ziel eines armutsfesten Mindestlohns das letzte Mal im Herbst 2020 formuliert und auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt. Bekanntlich ist in den zweieinhalb Jahren, die seitdem vergangen sind, enorm viel passiert: Neben den gravierenden Nachwirkungen der Pandemie sind wir mit einem Krieg in Europa konfrontiert, der nicht zuletzt für unsere Energieversorgung und unsere Staatsausgaben massive Herausforderungen mit sich bringt. Mir ist bewusst, dass in dieser Phase auch der allgemeine gesetzliche Mindestlohn auf mittlerweile 12 Euro Bruttostundenlohn gestiegen ist. Doch so begrüßenswert eine Erhöhung auch ist: Sie reicht nach aktueller Studienlage schlicht nicht aus, um wirksam gegen Armut zu schützen. Und zwar weder im Erwerbsleben noch im Rentenalter.

Spätestens vor dem Hintergrund der anhaltenden Rekordinflation halten wir es daher für dringend notwendig, dass wir uns für wirklich armutsfeste Löhne und Renten für die Menschen im Land einsetzen. Dabei möchte ich auch heute noch einmal betonen, dass man trefflich über die exakte Höhe einer allgemein verbindlichen Regelung streiten kann. Aus diesem Grund, und weil es natürlich Aufgabe der Mindestlohnkommission ist, haben wir auf eine konkrete Zahl verzichtet. Aber klar ist, dass der gesetzliche Mindestlohn auch in seiner aktuellen Ausgestaltung nicht alle hiermit verbundenen Ziele erreicht. So ist er eben leider nicht dazu geeignet, zu einem angemessenen Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beizutragen. In letzter Konsequenz schützt er nämlich nicht vor Erwerbs- und Altersarmut. 
Deshalb fordert der SSW weiterhin, dass dieser Schutz vor Armut explizit in die Gesamtabwägung zur Erhöhung des Mindestlohns aufgenommen wird. Unser Ziel ist und bleibt eine wirklich armutsfeste Lösung, die ein Arbeits- und Rentenleben in Würde ermöglicht. Außerdem muss sichergestellt sein, dass diese Regelung jederzeit und dauerhaft vor Armut schützt. Und das bedeutet ganz grundsätzlich, dass die Entwicklung des Mindestlohns an die allgemeine Tarifentwicklung gekoppelt werden muss. Und es bedeutet nach unserer Auffassung auch, dass die Anpassung der Höhe des Mindestlohns in engeren Abständen und damit jährlich von der Mindestlohnkommission beschlossen werden muss. Dieses engere Intervall hilft dabei, entstehende Härten abzumildern. Und ich denke, dass gerade in der aktuellen dynamischen Lage niemand bestreitet, wie wichtig diese möglichst regelmäßige Überprüfung und Anpassung ist. 

Neben dem Schutz vor Armut muss ein Mindestlohn aber auch dem Grundsatz folgten, dass für die gleiche Arbeit der gleiche Lohn gezahlt wird. Genau dies ist mit den bis heute geltenden Ausnahmeregelungen für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren und für Langzeitarbeitslose aber nicht gegeben. Deshalb brauchen wir auch hier eine Änderung. Diese Ausnahmen müssen konsequenterweise gestrichen werden. Das ist nicht nur ein Gebot der Fairness, weil es zum Beispiel nicht zu vermitteln ist, dass der 17-jährige Schüler, der exakt den gleichen Lagerjob macht, wie seine volljährige Kollegin, weniger verdient. Sondern es ist auch und gerade in Zeiten eines massiven Arbeitskräftemangels eine absolut überfällige Maßnahme. 

Mit dem Stichwort armutssichernde Rente habe ich zumindest indirekt die Zielrichtung unseres zweiten vorliegenden Antrags benannt. Denn auch wenn Betriebsrenten nur eine der Säulen der Altersversorgung sind, gibt es auch hier aus Sicht des SSW Handlungsbedarf. Und zwar gerade in Hinblick auf die Frage, ob diese zur Armutsvermeidung beitragen oder vielleicht sogar eher zu Armut führen. Um ehrlich zu sein, halten wie die gängige Praxis, eine realitätsnahe Anpassung durch eine pauschale Erhöhung um einen Prozentpunkt zu umgehen, eher für armutsfördernd als -vermeidend. Deshalb fordern wir eine Änderung des Paragraphen 16 des Betriebsrentengesetzes, nach der eine Umgehung der regelmäßigen Anpassungsprüfung ausgeschlossen wird. Denn auch Betriebsrenten tragen dazu bei, dass die Menschen über die Runden kommen. Und deshalb müssen auch sie an Verbraucherpreise oder Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen angepasst werden. Gerade das Land sollte mit seinen vielen Beschäftigten und der verpflichtenden VBL-Mitgliedschaft voran gehen und die Entwertung der Betriebsrenten stoppen – damit das Leben bezahlbar bleibt. 
 

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