Rääde · Lars Harms · 24.02.2023 Bei der Grundsteuerreform darf niemand benachteiligt werden

„Wir müssen uns hier genau anschauen, worum es geht, welche Änderungen in dieser laufenden Reform vollzogen werden sollen und ob dann noch eine Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger gegeben wäre.“

Lars Harms zu TOP 31 - Bescheide über die Feststellung des Grundsteuerwertes zukünftig vorläufig erlassen (Drs. 20/716)

Die Grundsteuerreform bleibt in aller Munde. Anfang Februar verkündete Finanzministerin Heinold, dass in Schleswig-Holstein bis Fristende zum 31. Januar insgesamt 986.703 Erklärungen eingegangen sind, was einer Abgabequote von 78,1 Prozent entspricht. Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger hat sich inzwischen also pflichtbewusst durch diesen Formular-Dschungel gekämpft, der einem teilweise wahrlich die Haare zu Berge stehen lässt. Gleichzeitig hat ein Großteil entweder direkt vorsorglich oder unmittelbar im Anschluss schon einmal Widerspruch gegen den jeweils eigenen Bescheid eingelegt. Während dies natürlich das gute Recht eines jeden Einzelnen ist, führt dieses Vorgehen andererseits jedoch auch zu einer extremen Verstopfung in den Finanzämtern – und diese ächzen eh schon unter der regulären Arbeitsbelastung plus dem Management der Grundsteuerreform, die ja noch obendrauf kommt. Insgesamt ist dies also eine ungünstige Gemengelage an Umständen. 

Die FDP glaubt nun, mit ihrem vorliegenden Antrag die goldene Lösung für dieses Dilemma gefunden zu haben. Wir müssen uns hier aber genau anschauen, worum es geht, welche Änderungen vollzogen werden sollen und ob dann noch eine Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger gegeben wäre. Die Reform ist ja mitten im Gange und kurzfristige Änderungen in laufenden Vorgängen sind ja immer so eine Sache. Zudem wird im Antrag ein entscheidendes Stichwort genannt: „Verfassungsmäßigkeit“. 
Wenn wir diesen Weg über das entsprechende Gericht gehen, dann stellen wir ja nicht nur pauschal jeden einzelnen Grundsteuerbescheid unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit, sondern wir stellen das Grundsteuermodell an sich in Frage. Wir wissen ja, dass die Kollegen von der FDP dies tun, aber in diesem Fall sprechen wir von einer ganz anderen Ebene, auf der eine Umsetzung dieses Antrages stattfinden würde. Dann würden wir die rechtliche Grundlage und das Modell an sich diskutieren, dieses Fass also erneut öffnen – das im Grunde ja nie ganz geschlossen war – sprich: In diesem Fall würden wir eine Änderung des Gesamtgesetzes diskutieren, wodurch automatisch sämtliche bisherige Bescheide hinfällig würden. Dies kann man fordern und sich vornehmen, aber dann müssen wir uns auch erneut die Zeitschiene anschauen und uns fragen, ob dies noch machbar ist und ob dies in der konkreten Frage weiterhilft, wie wir mit der aktuellen Flut an Einsprüchen umgehen wollen, um die Finanzämter nun zügig ganz konkret zu entlasten. 

Grundsätzlich finde ich das Stichwort „Vorläufigkeit“ bei diesem Thema ja gar nicht verkehrt – in der letzten Debatte hatten wir vom SSW ja selbst die Frage aufgeworfen, warum die Bescheide grundsätzlich nicht erst einmal vorläufig erlassen werden könnten. Allerdings hätte man das dann von Anfang an so antizipieren und handhaben müssen. Wenn alle darauf eingestellt gewesen wären, dass alle Bescheide aufgrund der neuen, noch nicht erprobten Reform erst einmal vorläufig wären, hätte man sich am Ende der Bearbeitung von allen Erklärungen final anschauen können, ob dieses Modell tatsächlich die viel beworbene „Aufkommensneutralität“ einhalten konnte und nach diesem finalen Check hätten alle, die sich ungerecht bewertet gefühlt hätten, dann immer noch Widerspruch einlegen können. Aber bis dahin hätten die Finanzämter immerhin alle Erklärungen abarbeiten können. Aber so ist das mit dem “hätte“. 

Stattdessen sind wir nun an einem Zeitpunkt, an dem einige Bürgerinnen und Bürger ihre Erklärungen schon längst abgegeben haben und die Frist zur Einreichung eines Widerspruchs – gerade mal ein Monat – schon verstrichen ist, andere hätten aktuell noch die Chance, Widerspruch einzulegen und die letzten, sprich die restlichen rund 20 Prozent, haben noch nicht einmal ihre Erklärungen abgegeben. Diese ungleichen Voraussetzungen müssen wir bei Änderungsvorschlägen zu laufenden Verfahren stets berücksichtigen, damit hier niemand benachteiligt wird. Und wie gesagt: Änderungsvorschläge, die auf Verfassungsmäßigkeit abzielen, sind zusätzlich noch mal eine ganz andere Hausnummer. Wir plädieren daher für eine Ausschussüberweisung des Antrages, um uns über die Auswirkungen und potenziellen Vor- und Nachteile noch einmal detaillierter mit entsprechenden Experten zu beraten.

 

 

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