Speech · 12.11.2004 Bekenntnis zum Föderalismus und zur Subsidiarität

Der SSW begrüßt den vorliegenden fraktionsübergreifenden Antrag zur Föderalismusreform. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag gerade jetzt noch mal in die Debatte einbringt, denn die von Bundestag und Bundesrat gemeinsam eingerichtete Kommission zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung soll ja noch vor Weihnachten - hoffentlich mit einem positiven Ergebnis - beendet werden.

Nach Presseangaben wurde ein mögliches Ergebnis zwischenzeitlich von der Bundesregierung in Zweifel gezogen. Das war aus Sicht des SSW völlig unverständlich, denn gerade auch die Bundesregierung und der Bundestag sollten ein ureigenes Interesse an einer Entflechtung der Finanzströme und an eine Beendigung der Aufgabenvermischung haben. Dies geschieht nur, wenn die Kompetenzen wieder klar abgegrenzt werden. Nur so wird die unsägliche Selbstblockade der deutschen Politik ein Ende haben und auch die Bundesregierung wieder handlungsfähiger als jetzt werden. Das gilt natürlich genau so für die Bundesländer, deren langfristige Überlebenschance eng mit einer grundlegenden Reform des Föderalismus zusammenhängt.

Deshalb müssen Bund und Länder jetzt die Chance zur Reform des Föderalismus nutzen und vor Jahresende ein zukunftsweisendes Ergebnis erzielen. Denn das Zeitfenster für eine Reform ist leider nicht zuletzt wegen anstehender Landtagswahlen im nächsten Jahr sehr eng bemessen.

Wir begrüßen daher, dass die Bundesregierung jetzt den Ländern durch die Justizministerin Frau Zypries entgegengekommen ist. Die aktuellen Vorschläge der Bundesregierung zur Föderalismus-Reform sind auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn uns nicht alle Einzelheiten gefallen. Nach den Worten von Frau Zypries ist die Bundesregierung bereit, auf zahlreichen Gebieten Kompetenzen des Bundes abzugeben. Zypries nennt u.a. das Hochschulwesen, die Besoldung und Versorgung der Landesbeamten und interessanter Weise auch einige Steuerarten wie Erbschafts-, Schenkungs-, Vermögens- und Versicherungssteuern.

Natürlich ist dies nicht umsonst zu haben. Im Gegenzug fordert der Bund z.B., dass die Kompetenzen der Inneren Sicherheit – Stichwort Bundeskriminalamt – zum großen Teil auf den Bund übergehen sollen. Wichtig ist aber vor allem, dass nach dem Vorschlag der Bundesregierung die konkurrierende Gesetzgebung stark eingeschränkt werden soll und der Bund z.B. keine Gesetze mehr erlassen darf, die die Länder finanziell belasten. Also insgesamt signalisiert die Regierung mit diesem Vorschlag, dass sie an einem Kompromiss ernsthaft interessiert ist.

Am Ende wird hoffentlich ein tragfähiger Kompromiss dabei herauskommen, der den Forderungen beider Seiten Genüge leistet. Eben deshalb ist es wichtig, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag noch mal seine Positionen in dieser Frage konkretisiert. In diesem Zusammenhang unterstützt der SSW die Münchener Erklärung der Landtagspräsidenten und der Mitglieder der Landtage vom 18.10.2004.

In dieser Erklärung heißt es u.a., dass die Bildungs- und Kulturhoheit der Länder unverzichtbar ist. Das unterstützen wir nicht zuletzt deshalb, weil darunter auch der Bereich Minderheitenpolitik fällt. Für den SSW ist unverzichtbar, den Minderheitenbereich in der Verantwortung Schleswig-Holsteins zu belassen – was allerdings nicht heißt, dass nicht auch der Bund eine Verantwortung seinen Minderheiten gegenüber wahrzunehmen hat.

Wichtig ist für uns auch, dass Sachverhalte, die einen regionalen Bezug haben, weiterhin Teil der Landespolitik bleiben, weil die Landtage einfach näher dran sind. Das ist ein Kerngedanke des Föderalismus, der aus unserer Sicht ganz entscheidend ist. Ein letzter wichtiger Punkt ,den ich heute hier erwähnen will, ist für den SSW die Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Länderparlamente. Dies gehört für uns zu einem funktionierenden und fruchtbaren Föderalismus unbedingt dazu. Wir können nicht weiter tatenlos zuschauen, wenn Entscheidungen immer mehr auf EU- und Bundesebene oder bei den Ministerpräsidenten angesiedelt werden.

Also: Im Interesse der Menschen unseres Landes fordern wir, dass sich die Bundesstaatskommission noch in diesem Jahr auf einen tragfähigen Kompromiss einigt. Alles andere wäre ein weiteres Versagen der Politik. Angesichts der aktuellen Krise unseres Gemeinwesens können wir uns das einfach nicht leisten.

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