Speech · 19.05.2010 Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl

Zunächst möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um mich bei den Urhebern des Berichts zu bedanken. Der Kommission ist es trotz erschwerter Rahmenbedingungen und zeitlichem Druck gelungen, einen umfangreichen und vor allem informativen Bericht vorzulegen. Der SSW teilt die Auffassung der Landesregierung, wonach beim Thema Kinderschutz in Schleswig-Holstein weitgehend Konsens über alle Parteigrenzen hinweg herrscht. Dies halten wir für erfreulich, aber auch für selbstverständlich. Denn die Tatsache, dass nicht alle Eltern in der Lage oder willens sind, ihren Kindern das zu geben was sie brauchen, führt zur Verantwortung der Gesellschaft für ihre Kinder und Jugendlichen. Dass der Bedarf an Hilfe zunimmt, zeigt allein die große Nachfrage in den Kinderschutzzentren unseres Landes.

In der Tat ist Schleswig-Holstein mit dem Landeskinderschutzgesetz auf dem richtigen Weg. Der vorliegende Landeskinderschutzbericht ist ein wesentlicher Bestandteil und er bringt zum Ausdruck, dass ein effektiver Kinderschutz nur durch eine professionen- und disziplinenübergreifende Zusammenarbeit gelingen kann.

So viel zur Theorie. In der Praxis aber zeigt sich, dass es in viel zu vielen Fällen immer noch nicht gelingt, Kinder effektiv vor den Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl zu schützen. Daran ändert auch der vorliegende Bericht wenig.

Bereits die Ausführungen zum verbindlichen Einladungs- und Erinnerungswesen zu den Früherkennungsuntersuchungen machen deutlich, dass allein dieses Instrument nicht wirkungsvoll genug ist, um Fälle von Kindeswohlgefährdung zu verhindern. Wir sollten uns also darüber bewusst sein, dass wir auch hier noch ganz am Anfang eines langen Weges stehen. So müssen die Verfahrensabläufe, wie von der Kommission im vorliegenden Bericht zu Recht gefordert, weiter optimiert und Aus- und Aufbau der Netzwerke zum Kinderschutz weiter vertieft werden. Nach Meinung des SSW ist die Landesregierung unverändert dazu verpflichtet, die Kommunen durch die Förderung von Kinderschutzprojekten in ihrer Arbeit zu unterstützen und einen Beitrag zur Stärkung der Erziehungskompetenzen von Eltern im Rahmen der Arbeit in den Familienbildungsstätten zu leisten.

Dass die Berichterstattung in Form des uns vorliegenden Berichts zur Sensibilisierung der Entscheidungsträger für Fragen und den weiteren Ausbau des Kindeschutzes beiträgt, kann zwar kaum ernsthaft bezweifelt werden. Für den SSW ist es aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass es hiermit bei weitem nicht getan ist. Ein wirklich effektiver Kinderschutz fordert weitergehende Maßnahmen, wie die Konzentration auf konkrete Hilfen für Eltern und Kinder und eine systematische Sozialarbeit, anstelle bloßer Beratungen. Leider verweist die Landesregierung viel zu häufig nur auf die notwendige Vernetzung der vielen, im Kinderschutz tätigen, Akteure. Dies ist ganz sicher sinnvoll, wie zum Beispiel die Erfahrungen mit dem Programm „Schutzengel für Schleswig-Holstein“ zeigen. Um aber einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr körperliches, geistiges und seelisches Wohl zu gewährleisten muss mehr getan werden. Eine gesicherte finanzielle Unterstützung für kommunale Projekte und Unterstützungssysteme, wie zum Beispiel im Bereich der frühen Hilfen und der Frühförderung, aber auch im Bereich der Förderung von Qualifikationen der in der Jugendhilfe Tätigen, muss ein wesentlicher Bestandteil des Kinderschutzes in Schleswig-Holstein sein und bleiben. Denn auch darüber, dass am Wohl der Kinder und Jugendlichen nicht gespart werden darf, sollten wir uns alle einig sein. Um noch einmal ein konkretes Beispiel aus dem vorliegenden Bericht aufzugreifen: Allein im Kieler Kinderschutz-Zentrum wurden im Jahr 2007 von 60 ehrenamtlichen Beraterinnen und Beratern 2500 Stunden wertvolle und dankenswerte Arbeit geleistet. Diese muss selbstverständlich durch Supervision und Fortbildung unterstützt werden. Sparmaßnahmen haben in einem solchen Bereich jedenfalls fatale Wirkung und sind ganz sicher fehl am Platz. Ob es die Landesregierung mit dem Kinderschutz ernst meint, oder ob es sich um bloße Lippenbekenntnisse handelt, wird sich noch zeigen. In jedem Fall tut sie gut daran, sich in Zukunft an die Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes zu halten.

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