Rääde · Flemming Meyer · 15.07.2009 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswaldgesetzes

Der größte Unmut im Zusammenhang mit diesem Entwurf wurde verursacht, indem das Betretungsrecht nun wieder aufgehoben werden soll - zwar zeitlich begrenzt, aber es soll aufgehoben werden. Für den SSW möchte ich deutlich machen, dass wir seinerzeit die Öffnung des Betretungsrechts kritisch gesehen haben. Zum einen, weil Schleswig-Holstein das waldärmste Flächenland ist und der Wald daher vor menschlicher Inanspruchnahme grundsätzlich zu schützen ist und zum anderen war aus unserer Sicht die seinerzeit bestehende Regelung klarer formuliert. Dort war ganz klar geregelt, dass das Betreten des Waldes grundsätzlich auf die Waldwege beschränkt ist und als Ausnahme nur die Erholungswälder galten.
Nun legt uns die Landesregierung einen Entwurf vor, der Ausnahmen für das Betretungsverbot vorsieht für die Waldbesitzenden, für Personen, die die Ziele des Artenhilfsprogramms umsetzen und zu Kartierungszwecken von Vogelschutzgebieten tätig sind sowie für die Jägerschaft. Allen anderen Personen wird untersagt, die Waldwege zu verlassen. Mit anderen Worten: Spaziergänger dürfen die Waldwege nicht verlassen, bewaffnete Spaziergänger dürfen aber den Wald uneingeschränkt betreten.
Begründet wird dies damit, es diene dem Schutz von Teilen der Tierwelt vor Beunruhigung in Zeiten, in denen diese bei Störungen besonders gefährdet sind. Sind Jäger kein ruhestörendes Element?
Diese Ausnahmeregelung ist aus Sicht des SSW nicht nachvollziehbar. Im bestehenden Waldgesetz gibt es eine Regelung, die den Schutz sensibler Waldteile aufgreift und das Betreten des Waldes zeitlich und örtlich begrenzt. Diese auf besonders schützenswerte Waldbestandteile abzielende Regelung war zielführend. Besonders schützenswerte Waldnutzergruppen gibt es aber nicht. Deshalb ist die neue Regelung ein Rückschritt, wenn es um den Schutz des Waldes geht. Wir meinen immer noch, dass die alte Regelung, das Betreten des Waldes ist grundsätzlich auf die Waldwege beschränkt und Ausnahmen sind nur die Erholungswälder und Naturerlebnisräume, immer noch die beste Regelung war.

Auch wenn das Betretungsverbot bereits hohe Wellen geschlagen hat, gibt es aus Sicht des SSW andere Punkte im Gesetzentwurf, die noch schwerwiegender sind. Hierbei handelt es sich um die künftige Bewirtschaftung des Waldes. Der Kriterienkatalog des Gesetzentwurfs wurde in wesentlichen Punkten geändert und sogar geschwächt. Er weicht in mehreren Punkten vom bestehenden Gesetz und somit von einer naturnahen Waldwirtschaft ab. Die im bestehenden Gesetz genannten Grundsätze „Ausnutzung der Naturverjüngung, Verzicht auf Entwässerungsmaßnahmen, Beschränkung des Einsatzes von Nährstoffen, Verzicht von gentechnisch veränderten Organismen und der Erhalt von Alt- und Totholz“ wurden jetzt komplett gestrichen.
Damit verfolgt die Landesregierung ausschließlich das Ziel der Wirtschaftlichkeit.
Letztendlich wird damit nicht nur das Ökosystem Wald geschwächt, es wird somit auch zu einer wirtschaftlichen Destabilisierung und Risikoerhöhung beitragen. Denn nur ein gesunder Wald kann sich stabil entwickeln und Holz produzieren. Unterm Strich bleibt festzustellen, dass die Landesregierung mit dem vorliegenden Entwurf von der bisher naturnahen Waldwirtschaft komplett abweicht hin zu reinen Holzproduktionsflächen.Damit beweist Herr Minister von Bötticher wieder einmal, dass er den Titel Umweltminister nicht verdient. Wer die Menschen für den Naturschutz motivieren will handelt anders.

Das kann man auch sehen, wenn es um die so genannte Waldumwandlung geht. Waldumwandlung heißt nichts anderes als die Möglichkeit zum flächenhaften Abholzen. Diese Möglichkeiten werden durch den Gesetzentwurf ausgebaut. So gilt die Genehmigung zur Waldumwandlung als erteilt, wenn die zuständige Behörde nicht schnell genug auf einen Antrag reagieren kann. Das heißt, eine rechtlich normalerweise illegale Abholzung wird durch Fristversäumnis durch eine Behörde quasi legalisiert. Das ist schon ein starkes Stück, wenn man bedenkt, dass wir das waldärmste Land der Bundesrepublik sind. Hier bei uns sollte das Abholzen eigentlich erschwert und nicht erleichtert werden. Aber Schwarz-Rot scheint dies wohl anders zu sehen.
Das wird auch deutlich, wenn man den Grundsatz für Waldumwandlung ansieht, der in § 9 Absatz 1 Satz 2 steht. Dort heißt es, dass man 10 Jahre lang keine Genehmigung zum Abholzen braucht, wenn zum Beispiel ein Baugebiet oder Gewerbegebiet ausgewiesen worden ist und sich im Laufe der Zeit, weil sich keine Bau- oder Investitionswilligen gefunden haben, dort Wald gebildet hat. Das heißt, man hat als Kommune sein Baugebiet nicht gepflegt und dort haben sich dann in weniger als 10 Jahren Bäume und damit Wald angesiedelt. In solchen Fällen darf gnadenlos abgeholzt werden. Ich finde, wer seine Bauflächen nicht los wird und diese Flächen nicht für potentielle Bauwillige pflegt, sollte sich über ein Mehr an natürlicher Entwicklung freuen. Und das Land sollte hier nicht die natürliche Entwicklung zurückdrehen, sondern eher noch befördern. Der Paragraf, der sich mit der Umwandlung von Wald befasst, muss nach unserer Auffassung deshalb gänzlich überarbeitet werden.

Das ganze Gesetz, das uns heute vorliegt ist eigentlich kein Waldgesetz, sondern ein Waldabbbau- oder Waldvernichtungsgesetz. Es geht nicht nur um die Aneinanderreihung von Baumkulturen zur Gewinnmaximierung, sondern um ein kompliziertes ökologisches System. Und dieses System müssen wir erhalten und nicht zerschlagen. Das sind wir kommenden Generationen schuldig.

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