Speech · 23.01.2013 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes

Ungefähr die Hälfte aller Bürger in Schleswig-Holstein sind Kunden einer Sparkasse. Sie finanzieren jede zweite Existenzgründung in Schleswig-Holstein. Mit über 55 % in 2012 liegt der Marktanteil der Sparkassen über dem aller anderen Bankengruppen im Land, wenn es um Kredite an Unternehmen und Selbständige geht. Mit ihren 328 Filialen bieten die Sparkassen weiterhin das dichteste Netz aller Bankinstitute im Land. Und mit ihren 8.132 Mitarbeitern sind sie außerdem der größte Arbeitgeber in der Kreditwirtschaft von Schleswig-Holstein. Führend sind die Sparkassen darüber hinaus auch bei der Ausbildungsquote und beim Anteil an nicht-staatlicher Förderung von Kultur und gemeinnützigen Investitionen in Schleswig-Holstein.

Mit ihrem regionalen Profil sind sie selbstverständlich in allen Regionen des Landes vertreten und für alle Bürger zugänglich – und das nicht nur im pragmatischen Sinne. Die Sparkassen sind das Rückgrat der Geld- und Kreditversorgung, der überwiegend mittelständischen Wirtschaft, des Handwerks und natürlich auch der Privatkunden. Sparkassen gehören unbestritten zum täglichen Leben bei uns im Land. Wir als Küstenkoalition wollen die Sparkassen, in diesen Fall die öffentlich-rechtlichen- in unserem Land schützen.

Gerade, weil die Sparkassen nicht privatisiert, sondern überwiegend in öffentlicher Hand sind, können sie ihre Geschäftspolitik sehr viel stärker auf die regionale Wirtschaft und den Mittelstand ausrichten als die Privatbanken der großen deutschen Kreditanstalten. Die Sparkassen unterscheiden sich in ihrer Geschäftspolitik von privaten Banken, sie sind nicht rein renditeorientiert und sind flächendeckend vertreten, insbesondere in ländlichen Regionen. Vor allem unterscheiden sich die Sparkassen aber von vielen anderen Großbanken durch das Regionalprinzip und durch die Gemeinwohlorientierung, welche gesetzlich verankert ist.

Wir wollen die Sparkassen vor einer Privatisierung bewahren – und das lieber heute als morgen. Schon lange war das Interesse der Haspa bekannt. Nun liegt der Antrag vor – wir haben es also auf Papier – schwarz auf weiß. Die Bankenaufsicht und das Kartellamt haben dem Vorhaben der Haspa sich bei der Sparkasse in Hohenweststedt zu beteiligen schon zugestimmt. Deshalb besteht jetzt, hier und heute – Handlungsbedarf. Denn wir wollen nicht vor vollendeten Tatsachen stehen.

Schon 2010 haben wir vom SSW zum Thema positioniert. Im Koalitionsvertrag ist unser „Nein“ zur Privatisierung fixiert. Der politische Wille ist also keineswegs eine Überraschung.

Grundsätzlich haben wir vom SSW natürlich nichts gegen die Haspa an sich. Im Gegenteil, wir halten sie für ein verantwortungsvoll wirtschaftendes Institut. Doch in diesem Fall ist Vorsicht geboten. Wir brauchen jetzt eine Korrektur des Sparkassengesetzes, man könnte es auch – wie mein Kollege Stegner das schon formuliert hat- Gefahrenabwehrgesetz nennen.

Das jetzige zügige Handeln, sind wir nicht nur den Sparkassen schuldig, sondern auch allen anderen Ländern in der Bundesrepublik. Denn wenn die Haspa ihr Interesse nachgehen könnte, könnten sich auch andere Privat- und Großbanken bei der EU einklagen. Die Haspa ist rein rechtlich ein echter Sonderfall, sie ist weder eine öffentlich rechtliche Sparkasse noch eine Privatbank. Zur Erinnerung: Die Hamburger Sparkasse ist eine AG, die Finanzholding darüber ist eine Gesellschaft die nach altem Hamburger Recht ihre Geschäfte betreibt.
Bisher gibt es von der EU nur Einschätzungen bezüglich der Kategorisierung der Haspa. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Haspa als eine Privatbank angesehen wird. Mit dem Argument der Wettbewerbsbenachteiligung, könnten sich dann aber andere Banken wie zum Beispiel die Deutsche Bank bei der EU einklagen. Damit wäre das Sparkassenwesen in ganz Deutschland auf dem Kopf gestellt.

An dieser Stelle müssen wir auch einmal darüber Gedanken machen, was bei einer solchen Klage von Privatbanken passiert. Was wird die Europäische Kommission darauf antworten? Wird die EU den Klägern Recht geben? Wenn ja, dann müsste das Gesetz bzw. die Kooperation zwischen der Haspa und den Sparkassen rückgängig gemacht werden. Und jetzt kommt die Frage auf: Wie kommen wir dann aus dieser Lage wieder heraus? Wie europafest ist also unser heutiges Sparkassengesetz? Fragen über Fragen, die alle noch umfassend evaluiert werden müssen. Bevor diese Fragen nicht positiv geklärt sind, sehe ich das Vorhaben der Haspa kritisch.

Was bedeutet also die mögliche Privatisierung einzelner Sparkassen durch die Hintertür? In diesem Fall würde sich demzufolge eine Privatbank Anteile einer Sparkasse hier im Land kaufen Mit einem Anteil von Beispielsweise 25% hätte die Privatbank als Teilhaberin einen bedeutenden Einfluss auf die Geschäfte der Sparkasse. Die kommunalen Sparkassen würden dann extrem unter Druck geraten und müssten ihre Geschäftspolitik auf mehr Renditeorientierung umstellen. Aus der Bankenkrise der Vergangenheit haben wir aber eines gelernt; nämlich, dass das genau der falsche Weg ist. Die Sparkassen sind zu einem großen Teil gut durch diese Krise gekommen, weil sie gerade, weil sie eben nicht eine so immense Renditeorientierung hatten wie die Privatbanken. Ich halte also fest: Die eigenständige Geschäftspolitik der Sparkasse wäre passé und eine charakterlose pseudo-Sparkasse stünde demnach vor der Tür.

Der SSW möchte ein solches Szenario nicht mittragen. Doch was sind die Alternativen, um unsere Sparkassen zu schützen und unterstützen?
Im Antrag der CDU ist ja eine Möglichkeit schon beschrieben, die nicht die einzige Möglichkeit ist. Eine ordentliche Anhörung wird anhand des CDU-Gesetzentwurfes durchgeführt werden können, in der alle Anregungen diskutiert werden können.

Beispielsweise bestünde die Gelegenheit zur Fusion der Sparkassen in Schleswig-Holstein. Das würde Bewegung des Kapitals bedeuten. Das müssen und können die Sparkassen aber faktisch nur selbst entscheiden. Wir von der politischen Seite dürfen die Entschlusskraft und die Verantwortlichkeit der Sparkassen nicht antasten. Jedoch können wir den Weg bereiten, um eventuelle Fusionierungen zu erleichtern.

Natürlich könnten die jeweiligen Sparkassen sich auch selbst Anteile an anderen Sparkasse verschaffen, das ist ja schon jetzt für schleswig-holsteinische Sparkassen möglich. Vielleicht ist es eine Option, diese Möglichkeiten auch für Sparkassen außerhalb Schleswig-Holsteins zu eröffnen. Außerdem könnte noch debattiert werden, ob die Kommunen sich stärker am Stammkapital beteiligen wollen.

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass es ohne unsere Sparkassen im Land nicht geht – und schon gar nicht mit Eigenkapital-schwachen schleswig-holsteinischen Sparkassen. Der Aspekt der Privatisierung ist die eine Sache – zukunftsorientierte Sparkassen eine andere.
Ab 2019 gelten die verschärften Aufsichtsratsregularien Basel III zu 100%. Dann müssen die Banken eine Eigenkapitalquote von 10,5 % dokumentieren können, wenn sie Kredite ausgeben. Schon jetzt befinden wir uns in der Übergangsphase, in der die Reform schrittweise umgesetzt werden soll. Wir sollten also keine Zeit verlieren und unsere Sparkassen für die Zukunft mobilmachen. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir zu einer bestmöglichsten Lösung kommen werden.

Heute werden wir handeln, um eine Privatisierung der Sparkassen in jedem Fall zu verhindern. Danach werden wir mit den Kommunen und mit den Sparkassen darüber reden, welche Möglichkeiten sie haben, ihre Situation zu verbessern und welche gesetzgeberischen Schritte hierfür notwendig sind.

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