Rääde · Flemming Meyer · 19.03.2010 Europa 2020-Strategie und Reform der EU-Strukturfonds

Die Strategie „Europa 2020“ ist nicht zuletzt von der Hoffnung beseelt, dass es möglich ist, aus Fehlern zu lernen. Denn nach fünf Jahren dürftiger Ergebnisse, beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs im März 2005, die „Lissabon-Strategie“ neu auszurichten. - Ich rufe in Erinnerung, was die Zielsetzung der „Lissabon-Strategie“ war: Mit ihr sollte nämlich erreicht werden, dass sich die Europäische Union „bis 2020 zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ entwickelt.

Als Kritikpunkte standen zum einen im Raum, dass die „Lissabon-Strategie“ zu viele Vorgaben hatte. Europa 2020 will daher die Anzahl der Ziele deutlich reduzieren. Der EU-Ratspräsident Van Rompuys spricht von fünf „quantitativen Zielen mit einer festgelegten Frist und möglichen unmittelbaren Schritten“. Zum anderen geht es darum, wie eine neue Post-Lissabon-Strategie besser überwacht werden kann.

Der neue Plan „Europa 2020“ wurde im November letzten Jahres zur Konsultation veröffentlicht. Insgesamt kam es im Rahmen des Konsultationsverfahrens zu 1.500 Eingaben, die laut Medienberichten nicht zuletzt die verbreitete Besorgnis über die Beschäftigungskrise deutlich machten, durch die ein umfassender Fahrplan für die wirtschaftliche Erholung der EU-Mitgliedsländer noch dringlicher wird. Auch die Bundesregierung hat Ende 2009 eine Stellungnahme abgegeben – anscheinend aber, ohne dass der Bundesrat in irgendeiner Form daran beteiligt war. Anders lässt sich aus Sicht des SSW nämlich nicht die Empörung des Bundesrates über das Zehnjahresprogramm der neuen EU-Kommission „Europa 2020“ erklären, denn Kernpunkt dieser Kritik ist, dass man gerade einmal drei Wochen Zeit für die Beratung dieses wichtigen Grundsatzprogramms habe. Daher fordern die Länder mehr Zeit für eine „seriöse Befassung“ mit dem EU-Vorhaben und einen Beschluss erst auf dem EU-Gipfel im Juni.

Der vorliegende Antrag von CDU und FDP schlägt in die gleiche Kerbe. Dabei haben Sie den SSW an Ihrer Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn auch wir sind der Meinung, dass die Subsidiaritätskontrolle ernst genommen werden muss, und das setzt Zeit für die Beratung und die öffentliche Debatte voraus.


Gleichwohl wirkt die Reaktion der Landesregierungen etwas hohl, denn die knappe Zeit hat trotzdem dafür gereicht, eine Stellungnahme mit 70 Punkten zusammenzutragen. Erhebliche Bedenken haben die Länder zum Beispiel bei den bildungspolitischen Anliegen der Agenda „Europa 2020“ – nicht nur, weil der Anteil der Schulabbrecher von 15 auf zehn Prozent gesenkt werden soll, sondern auch, weil man befürchtet, dass die Vorgaben der EU die Besonderheiten des deutschen Bildungssystems nicht gerecht werden. Gemeint ist der hohe Anteil der beruflichen Bildung, wird doch das duale Ausbildungssystem der Bundesrepublik im internationalen Vergleich kaum berücksichtigt. - Und gemeint ist, dass europaweit 40% eines Jahrganges eine Hochschulbildung haben soll und die 40-Prozent-Quote für Deutschland schon aus statistischen Gründen schwerer zu erfüllen sein wird.
Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage scheint mir das größte Problem zu sein, dass die Landesparlamente bisher überhaupt nicht einbezogen waren. Das hat zur Folge, dass die parlamentarische Ebene dem ganzen Verfahren hinterher hechelt. Daran ändert nämlich auch der Antrag der regierungstragenden Fraktionen nichts. Es bleibt der Eindruck, dass wir nunmehr die vorgefertigte Meinung des Bundesrates absegnen sollen, und das ist zu wenig.

Der Änderungsantrag der SPD greift zum Beispiel einen Aspekt auf, der in dem Antrag von CDU und FDP entschieden zu kurz kommt, nämlich die soziale Dimension der Europäischen Union. Soll heißen: Wir stimmen dem Ziel dieses Antrages zu, vertreten aber die Auffassung, dass dies nicht zu einer Harmonisierung in Form einer europäischen Sozialunion führen darf. Die Aufstellung sozialer Standards ist notwendig und richtig, wie diese Standards umgesetzt werden, sollte aber nicht von der EU vorgegeben werden.

Fest steht vor diesem Hintergrund auch, dass diese Debatte nur eine erste Lesung der Europa 2020-Strategie sein kann. Das gilt übrigens auch für die Weiterentwicklung der Europäischen Strukturfonds.

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