Rääde · Christian Dirschauer · 28.01.2021 Fakt ist, dass es an sozialem und bezahlbarem Wohnraum fehlt

„Wir müssen uns dringend stärker um wohnungs- und obdachlose Menschen kümmern - aber längst nicht nur in Pandemiezeiten“

Christian Dirschauer zu TOP 24 - Mündlicher Bericht über die Situation der Wohnungs- und Obdachlosen in der Corona-Krise (Drs. 19/2691)

Sowohl hier im Plenum wie auch im zuständigen Sozialausschuss wurde wiederholt und sehr engagiert über die Belange von Wohnungs- und Obdachlosen diskutiert und die Frage bewegt, wie wir ihre Situation verbessern können. Auch und gerade unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Krise. Hierfür, und für den gegebenen Bericht, möchte ich mich an dieser Stelle gerne bedanken.

Für den SSW ist völlig klar, dass nicht nur Wohnungs- und Obdachlose sondern auch Menschen, die hiervon bedroht sind, unsere Hilfe brauchen. Und nach unserer Auffassung sollten wir hier noch deutlich stärker unterstützen als bisher. Denn spätestens durch die Pandemie wird doch überdeutlich, wie ungeschützt und verletzlich viele dieser Menschen sind. Wir haben daher schon im April letzten Jahres per Plenarantrag auf die zusätzlichen Probleme hingewiesen, die Corona diesen Menschen bringt. Schon damals haben wir die Schaffung zusätzlicher Unterbringungsplätze für Obdachlose gefordert. Denn auch sie müssen die Möglichkeit haben, „zu Hause“ bleiben zu können. Und auch sie brauchen einen sicheren Zugang zu sanitären Anlagen, der ihnen in diesen Zeiten immer öfter verwehrt bleibt. 

Dass die Corona-Pandemie nicht zuletzt die Unterbringungssituation verschärft, will hoffentlich niemand leugnen. Räume, die sonst für vier Menschen gedacht waren, können zum Beispiel nur noch zu zweit bewohnt werden. Eine Stadt wie Flensburg, die ich hier ausdrücklich für ihr Engagement für Wohnungs- und Obdachlose loben will, hat Bedürftige daher in einem Hostel untergebracht. Kiel verfährt ähnlich, so dass auch hier die gröbsten Härten vermieden wurden. Möglich ist das auch deshalb, weil das Land mit Beginn der Pandemie schnell und unbürokratisch gehandelt und einen Fonds zur Abdeckung sozialer Härten aufgelegt hat. Mich freut, dass wir uns darauf verständigen konnten, diesen mit 3 Millionen Euro fortzuführen. 

So sehr mich dieser gemeinsame Einsatz von Land und Städten auch beeindruckt. Auf eins muss ich dringend hinweisen: Dieser Einsatz muss dauerhaft sein und darf nicht mit der Überwindung der Krise runtergefahren werden. Es kann nicht angehen, dass in unserer Wohlstandsgesellschaft Menschen Leben, die nicht wissen, wo sie schlafen sollen. Deshalb werden wir, wie im Übrigen schon seit Jahren, weiter Haushaltsanträge zum Ausbau der Obdachlosenunterkünfte stellen. Außerdem werden wir selbstverständlich weiterhin den Einsatz des Landtags und Kooperationen mit Trägern und Kommunen im Sinne dieser Gruppe unterstützen. Denn eins war auch schon vor Corona klar: Um hier wirklich Fortschritte zu erzielen, müssen alle staatlichen Ebenen enger zusammenarbeiten.

In Zukunft muss es um eine Verstetigung und in Teilen auch um einen Ausbau der Angebote gehen. Ausbau auch deshalb, weil die Ursachen für und die Probleme durch Obdachlosigkeit immer vielfältiger werden. Menschen aus anderen Ländern oder Menschen, die zum Beispiel durch eine drogeninduzierte Psychose aus der Bahn geworfen werden und auf der Straße landen, brauchen andere Angebote und eine andere Ansprache als herkömmliche Fälle. Wir müssen aber möglichst allen Wohnungs- und Obdachlosen Angebote machen, die sie in ihrer Lebenswirklichkeit erreichen. Und wir müssen durch unsere sozialpolitischen Maßnahmen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ein sinnerfülltes Leben in Würde führen können. Das heißt zum einen, dass wir sie möglichst schnell in eine Wohnung bringen müssen. Aber das heißt eben auch, dass wir sie im Zweifel langfristig und differenziert betreuen. 

Aber selbst mit diesen umfassenderen Hilfen dürfen wir uns nichts vormachen: Natürlich doktern wir auch damit eher an den Symptomen herum. Wenn wir wirklich dauerhaft verhindern wollen, dass Menschen auf der Straße leben, brauchen wir umfassende Veränderungen in der Wohnungs- und Sozialpolitik. Es ist und bleibt Fakt, dass es an sozialem und bezahlbarem Wohnraum fehlt. Im Vergleich zur Jahrtausendwende gibt es über eine Million Sozialwohnungen weniger. Und es herrscht enormer Mangel an Klein- und Kleinstwohnungen. Gleichzeitig schützt nicht einmal unser Mindestlohn vor Armut. Genau wie viele Sozialleistungen, die einfach zu gering bemessen sind. Das mögen zwar noch deutlich größere Aufgaben sein. Aber auch hier müssen wir ran und in Sachen sozialem Wohnungsbau auch als Land noch deutlich mehr tun. Und zwar völlig unabhängig von aktuellen Herausforderungen wie der Corona-Krise.

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