Rääde · Flemming Meyer · 09.11.2005 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen

Schon mehrfach sind wir als Landespolitiker von den Behindertenverbänden, dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen und dem Altenparlament darauf aufmerksam gemacht worden, dass der § 11 im Landesbehindertengleichstellungsgesetz zwar bei Neubauten greift, aber bei Altbauten im Regelfall kaum jemand an die Belange der behinderten Menschen denkt. Auch hier gilt: Was nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wird auch nicht konkret umgesetzt. Alle unsere Aufforderungen, doch auch bei Altbauten die Belange der behinderten Menschen zu berücksichtigen, sind bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Deshalb greift die FDP dieses Thema jetzt auf und das ist sehr zu begrüßen.

Es wird jetzt vorgeschlagen, dass auch bestehende bauliche Anlagen der Träger der öffentlichen Verwaltung barrierefrei herzustellen sind. Die FDP schlägt hierfür eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 vor, damit niemand überfordert wird. Ich glaube, diese Vorgehensweise ist vorausschauend und trägt dazu bei, dass eigentlich niemand sich gegen einen solchen Vorschlag wenden kann. Auch die Tatsache, dass verbindliche Zielvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, wird dazu führen, dass man mehr auf Kommunikation als auf Zwang setzt. Und auch das ist gut so.

Eine Frage, die wir im Ausschuss klären müssen ist allerdings, ob wir nicht die Ausnahmeregelungen für Um- und Erweiterungsbauten, die eigentlich Neubauten sind, in diesem Gesetzgebungsverfahren streichen könnten. Nach diesen Regelungen kann man bei unverhältnismäßigem Mehraufwand auf behindertengerechte Einbauten verzichten. Hier ist meines Erachtens zu viel Spielraum. Entweder meinen wir es ernst, dann müssen überall die gleichen Kriterien gelten. Oder wir weichen das Ganze immer wieder auf, dann werden wir uns immer wieder mit vollendeten Tatsachen abfinden müssen, die wir eigentlich nicht gutheißen können.

Ähnlich ist die Lage im Übrigen auch in Bezug auf den Denkmalschutz. Hier gibt es immer wieder Konflikte, die auch oft nicht auszuräumen sind. Ich bin der Überzeugung, dass es überall Möglichkeiten gibt, Barrierefreiheit herzustellen. Deshalb hat für mich die Barrierefreiheit allerhöchste Priorität. Die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre öffentliche Einrichtung erreichen können, ohne dass sie ihre Behinderung daran hindert. Die Frage, die sich deshalb im Gesetzgebungsverfahren stellt, ist dann, ob die derzeitige Regelung und die Hinzufügung der FDP ausreichend sind, oder ob nicht doch in Bezug auf den Konflikt zwischen Barrierefreiheit und Denkmalsschutz ein genauere Regelung mit in das Landesbehindertengleichstellungsgesetz mit aufgenommen werden muss.

Ich möchte ihre Aufmerksamkeit aber auch noch auf ein weiteres Problem lenken und möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen. Nach § 13 des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes haben die öffentlichen Verwaltungen bei der Gestaltung von Briefbögen und beim Schriftverkehr Behinderungen von Menschen zu berücksichtigen. Das heißt, es sollen große, gut lesbare Schrifttypen gewählt werden. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Die Buchstaben sind winzig, dünn und blass und somit schlecht lesbar. Oft sogar zu schlecht zu lesen für Menschen, die nicht als sehbehindert gelten. Im Normalfall sind die Briefbögen zu tausenden gedruckt und sollte sich jemand beschweren, so wird darauf hingewiesen, dass man bei der nächsten Auflage ja noch einmal über die Gestaltung nachdenken könne. Das Ganze verläuft dann oft im Sande.

Viel schöner wäre es gewesen, wenn man sich vielleicht vorher Gedanken über die Gestaltung gemacht hätte, zumal es hier genügend Informationsmöglichkeiten gibt. Warum wird dies aber nicht getan? In erster Linie sicherlich aus Unwissenheit, dann vielleicht auch aus Desinteresse. In jedem Fall aber auch aufgrund der Tatsache, dass die Nichtbeachtung des Gesetzes keinerlei Konsequenzen hat. Zwar haben Behindertenverbände und Einzelpersonen natürlich ein Klagerecht, aber niemand wird wegen einer verhältnismäßig geringfügigen Sache klagen wollen. Was also in unserem Gesetz fehlt, ist ein Passus, der auch automatische Konsequenzen festschreibt, wenn die Bestimmungen des Gesetzes nicht eingehalten werden. Ohne Sanktionen wird manch einer sich immer noch nicht intensiv um die Belange seiner behinderten Mitbürger kümmern wollen. Deshalb sollten wir auch in den Ausschussberatungen diskutieren, ob und in welcher Weise Sanktionsmöglichkeiten in das Gesetz mit eingebaut werden könnten. Im beschriebenen Fall wäre schon das Einstampfen der Auflage und der Neudruck der Briefbögen Strafe genug gewesen, die mit Sicherheit dazu geführt hätte, dass man sich vorher Gedanken gemacht hätte.

Zusammenfassend kann ich also sagen: Der Vorschlag ist gut, lasst uns außerdem überlegen, ob wir der Barrierefreiheit Priorität gegenüber der Ökonomie und dem Denkmalsschutz einräumen wollen und ob wir Sanktionsmöglichkeiten mit aufnehmen wollen.

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