Rääde · Flemming Meyer · 01.09.2005 Haushaltsstrukturgesetz zum Haushaltsplan 2006

„Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt“, meint der Kabarettist Dieter Hildebrandt, und vieles spricht dafür zu sagen: „Recht hat er!“ Zum einen nutzen die Interessenverbände der Wirtschaft die angespannte Lage am Arbeitsmarkt dazu, die Arbeitnehmer zu immer neuen Einschnitten aufzufordern. Jüngstes Ansinnen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie: Wer krank ist, soll an den ersten beiden Fehltagen keinen Lohn bekommen. Dieser Vorschlag kommt nicht zum ersten Mal – er ist ein Ladenhüter sozusagen, denn schon im Juni meinte der BDI damit an die Öffentlichkeit gehen zu müssen.

Auch ansonsten sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Arbeitstage vom Urlaub abziehen, drei Karenztage im Krankheitsfall, unbezahlte Rauchpausen, Ausstieg aus dem Unfallschutz, Lehrlingsgehälter senken, Mehrarbeit ohne Lohnausgleich, Feiertage abschaffen, alle Feiertage auf Sonntag legen, 42-Stunden-Woche und weniger Urlaub. – Alles Forderungen der Chefs der Wirtschaftsverbände. Und immer wieder wird ihnen dafür Platz in den Medien und Raum in der öffentlichen Debatte um die Modernisierung unseres Sozialstaates zur Verfügung gestellt. Diese Forderungen werden aufgestellt, obwohl die angesehene britische Wirtschaftszeitschrift „The Economist“ erst vor kurzem erklärte, dass die deutschen Unternehmen und ihre Arbeitnehmer im internationalen Vergleich sehr wettbewerbsfähig sind.

Zum anderen akzeptiert die Politik mittlerweile sang- und klanglos den Gedanken vom Primat der Wirtschaft, was z.B. dazu führt, dass der Vorsitzende des Unternehmensverbandes Nord in einem Sommerinterview auf N3 ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass zuerst die Wirtschaft gefragt wird, wenn es um die Wahl eines Wirtschaftsministers in Schleswig-Holstein geht. Und es führt dazu, dass die Aussage„sozial ist, was Arbeitsplätze schafft“, einfach hingenommen wird. Zu Ende gedacht schließt diese These aber eine ganze Reihe von Fragen ein, die nicht beantwortet werden – so zum Beispiel, ob damit Arbeitsplätze um jeden Preis und zu allen Bedin-gungen gemeint sind. Es wird aber auch eine zweite, unausgesprochene Botschaft transportiert, diejenige nämlich, dass tatsächlich Arbeit geschaffen wird. - Ein Blick auf die heutige Wirklichkeit zeigt, was dies für ganz viele Menschen in Deutschland bedeutet: gesicherte Arbeitsverhältnisse werden ausgehöhlt, die Anzahl der Minijobs nimmt zu und als ALG II-Empfänger oder 1€-Jobber müssen Menschen darauf einstellen, dass sie später nur eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung erhalten werden.
Damit kein falscher Zungenschlag entsteht: wir brauchen eine prosperierende Wirtschaft und eine Wirtschaftspolitik, die dafür Rahmenbedingungen schafft. Nicht zuletzt aber brauchen wir endlich eine Beschäftigungspolitik, die den auch Namen verdient – oder, wie es eine große Regionalzeitung nach Bekanntmachung neuer Wirtschaftsdaten kürzlich formulierte: Deutschland ist ein starker Wirtschaftsstandort. Nun muss es darum gehen, auch ein starker Beschäftigungsstandort zu werden.

Dabei ist es nicht egal, wie man Arbeit schafft - und welche Art von Arbeit man schafft. Wer meint, dass man mit den Niedriglohn-Ländern dieser Welt – China, Südostasien oder auch mit den osteuropäischen Ländern – in einer Abwärtsspirale des Sozial-Dumpings mithalten sollte, hat schon verloren. Wir werden niemals mit den Löhnen aus diesen Ländern konkurrieren können. Wir müssen uns mit neuen Produkten und besserer Qualität sowie mit der Flexibilität, dem Wissen und der Kreativität der Beschäftigten den Herausforderungen der Globalisierung stellen.

Der Begriff „Vorfahrt für Arbeit“, den auch diese Landesregierung so gern verwendet, mag ja auf Marktplätzen und im Wahlkampf gut ankommen. Er muss aber genau definiert und mit Leben gefüllt werden, um aussagekräftig zu sein, denn Deutschland ist keine Aktiengesellschaft und Schleswig-Holstein kein Unternehmen, das umstrukturiert werden muss, damit die Aktienkurse steigen. Aus Sicht des SSW geht es schlicht und einfach darum,  einen Sozialstaat, der diesen Namen auch verdient, zu erhalten und Fitt für die Zukunft zu machen. Wir orientieren uns dabei weiterhin an dem Modell der skandinavischen Wohlfahrtsgesellschaft, die zwar auch zum Teil schmerzhafte Reformen hinter sich haben, denen es aber gelungen ist, den Staatshaushalt zu sanieren und die Arbeitslosigkeit markant zu senken. Sie haben in Bildung und Ausbildung der Menschen investiert und sind nicht der Versuchung erlegen, die Modernisierung des Sozialstaates mit dessen Abbau gleich zu setzen.
Die Debatte über die Zukunft des Sozialstaates – ob west- oder nordeuropäischer Prägung - wird uns also noch lange begleiten. Sie stellt sich nicht nur am 18. September in Berlin,  sie wird auch immer wieder im Kleinen ausgefochten –z.B. in der Schleswig-Holsteinischen Landespolitik.

Die Bildung der Großen Koalition in Schleswig-Holstein hat jetzt erst einmal dazu geführt, dass es in unserem Land in dieser Frage ein Patt gibt. Das zeigt sich auch im vorliegenden Haushaltsentwurf für 2006. Man wird bei dem vorliegenden Entwurf das Gefühl nicht los, dass hier zwei ungleiche Partner versuchen,  jeder in seine Richtung zu rudern - mit dem Ergebnis, dass der „Schleswig-Holstein-Zweier“ sich erst einmal wenig von der Stelle bewegt. Das liegt natürlich auch an den schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen, die die neue Landesregierung vorgefunden hat. – Wir haben das heute Morgen ja schon angesprochen.
Der Haushaltsentwurf für 2006 sieht eine Reduzierung der Kreditaufnahme von 1,7 Milliarden Euro auf ca. 1,56 Milliarden Euro vor. Die Nettoausgaben des Landes sollen um 0,1% sinken, und die Investitionsquote auf 10% ansteigen. Das sind sicherlich Schritte in die richtige finanzpolitische Richtung, die man nur begrüßen kann. Aber von einer Wende in der Haushaltspolitik zu sprechen, wie es die Landesregierung macht, ist wohl doch etwas vermessen. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Regierung in ihrem Finanzplan erst 2009 mit einem verfassungskonformen Haushalt rechnet.

Trotz einiger Kritikpunkte im Einzelnen steht der SSW der Errichtung des Schleswig-Holstein Fonds positiv gegenüber, der bis 2009 für ein Investitionsvolumen von 1,6 Milliarden Euro sorgen sollen. Natürlich wissen auch wir, dass es sich dabei nicht um zusätzliches Geld der Landesregierung handelt. – Wenn man wollte, könnte man auch das Bild vom „alten Wein in neuen Fässern“ bemühen.  Aber dennoch sieht auch der SSW den Schleswig-Holstein Fonds als einen wichtigen Eckpfeiler der Landespolitik, der dazu dienen soll, Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Forschung und Bildung auszulösen. Allerdings sehen wir bisher mit Bauchschmerzen, wie der Wirtschaftsminister die Prioritäten gesetzt hat. Es kann nicht angehen, dass die Landesregierung die notwendigen Investitionen überproportional auf Kiel oder Lübeck konzentriert. Die Landesregie-rung steht in der Pflicht, auch die strukturschwachen Gebiete und insbesondere den nördlichen Landesteil in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Die Auseinandersetzungen um das Science Center Kiel, die Phänomenta in Flensburg, oder um den Ausbau des Husumer Hafens sowie den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau haben uns bisher noch nicht davon überzeugt, dass die Landesregierung dieser Verpflichtung nachkommt.

Vor diesem Hintergrund fehlt dem SSW auch eine stärkere Anstrengung der Landesregierung in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit. Es ist schon traurig, wenn sich der dänische Konzernchef Jørgen Mads Clausen von Danfoss öffentlich darüber beklagt, dass die deutsche Seite auf Vorschläge von dänischen Experten für eine gemeinsame Wirtschaftsstrategie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen für Sønderjylland und dem Landesteil Schleswig nicht reagiert hat.
Der nördliche Landesteil hat nur eine wirtschaftliche Perspektive gemeinsam mit seinem nördli-chen Nachbarn. Übrigens gehört zu dieser wirtschaftlichen Perspektive auch die weitere Förderung der Windenergie. Wir werden um jeden Arbeitsplatz in der Windenergie in Schleswig-Holstein kämpfen, und wir lassen uns gute Projekte in unserer Region nicht kaputtmachen.

Es ist verständlich, dass die Landesregierung versucht, den Haushalt in den Griff zu bekommen, indem sie in vielen Bereichen Kürzungen vornimmt. Dennoch kann man die Sinnhaftigkeit einiger dieser Kürzungen aus unserer Sicht durchaus in Frage stellten. Der SSW sieht es z.B. kritisch, dass die Landesregierung die Arbeitszeit der Landesbediensteten verlängern und die Heilfürsorge kürzen will, ohne in einen vernünftigen Dialog mit den Betroffenen zu treten. Wie sollen wir auf diese Weise motivierte Mitarbeiter in den Landesdienst bekommen, die wir ja angesichts des enormen Veränderungsdrucks in der öffentlichen Verwaltung dringend brauchen?

Auch einige der Kürzungen im Sozialbereich sind für uns nicht nachvollziehbar. So z.B. die Kürzungen bei den Beratungsstellen „Frau u. Beruf“, den Sprachkursen für Ausländer oder den vielen Arbeitslosenberatungsstellen. Wegen geringer Beträge wird hier eine sehr gute Arbeit in Frage gestellt. Weiter sehen wir es als bedenklich an, dass im Umweltbereich – scheinbar aus ideologischen Gründen – viele unverständliche Kürzungen vorgenommen werden. Besonders schmerzhaft ist es dabei, dass die Entschädigungen für Nutzungsbeschränkungen in den Natura 2000-Gebieten - für Grünland und für Vertragsnaturschutz - gekürzt werden. Das ist ein falsches Signal. Denn dadurch fehlt z.B. Geld für Naturschutzprogramme, die als Ausgleich für Benachteiligungen durch die Ausweisung von Schutzgebieten gedacht waren. Davon sind nicht zuletzt auch einige Landwirte auf Eiderstedt betroffen.

Ich will aber auch lobend erwähnen, dass die Landesregierung für die Arbeitsmarktpolitik 5 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen will. Auch die Erhöhung der Mittel für die allgemeinbildenden Schulen im Haushalt 2006 findet die Unterstützung des SSW. So sollen die Ausgaben des Landes im Bereich der Unterrichtsversorgung von 2005 auf 2006 von 92 Mio. Euro auf 106 Mio. Euro ansteigen. Das ist sicherlich eine richtige Schwerpunktsetzung, um die Qualität des Unterrichts voranzubringen. Das Thema „ungeteilte Schule“ können wir mit dieser Regierungskonstellation dennoch zu den Akten legen, so schwer es auf jeden Fall dem SSW fällt. In der Bildungspolitik ist von dieser Landesregierung kein wirklich großer Wurf zu erwarten.

Das gleiche wird man wohl auch über die Verwaltungsstrukturreform sagen können. Wir werden uns im November noch im Detail mit den Plänen der Landesregierung befassen. Aber das, was wir bis heute vernommen haben, z.B. über die Einrichtung von Dienstleistungszentren und die Zusammenlegung der Verwaltungen ohne den demokratischen Unterbau mit über 1.100 Kommunen wirklich zu ändern, hat den SSW nicht überzeugt. Im Haushalt sind jetzt die so genannten „Hochzeitsprämien“ eingestellt, aber diese bescheidenen Summen werden die Kommunen kaum dazu bringen, sich freiwillig zusammen zu schließen. Für den SSW bleibt der wichtigster Maßstab bei der Verwaltungsstrukturreform: klare Verteilung von Kompetenzen und flache Strukturen – und nicht die Schaffung neuer Verwaltungen wie die Dienstleistungszentren. Das sehen übri-gens eine Reihe von Verwaltungschefs, z.B. die der Stadt Flensburg sowie der Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland ähnlich.

Im Haushaltsstrukturgesetz wird auch eine Änderung des Quotalen Systems vorgeschlagen, die erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Kreise und Kommunen haben wird. Aus Sicht des SSW muss die Landesregierung sicherstellen, dass die kommunalen Gebietskörperschaften durch diese Änderung keinen finanziellen Nachteil haben. Ob die im Haushalt 430 Millionen eingestellten Euro dabei ausreichend sind, ist keinesfalls sicher. Hier muss die Landesregierung nachbessern oder die Umsetzung erst zum 1.1.2007 erfolgen lassen, wenn verlässliche Daten über die Folgekosten vorliegen.

Auch die Änderung des Kindertagesstättengesetzes und besonders die Aufhebung der Mindest-verordnungen im Kita-Bereich sieht der SSW sehr kritisch.  Es ist zwar positiv, dass die Landesregierung weiterhin 60 Millionen Euro über den kommunalen Finanzausgleich für die Kindertagesstätten ausgeben will, aber uns fehlt die Kontrolle darüber, wie die Kommunen mit diesem Geld umgehen werden. Wir müssen uns also darüber unterhalten, wie das Land die Standards in den Kindertagesstätten in Zukunft sicherstellen will.  

Bei den Kürzungen ist der Minderheitenbereich „glimpflich davon gekommen“. Ich sagte schon heute Morgen, dass der SSW dieses als Signal dafür wertet, dass die Landesregierung die erfolgreiche Minderheitenpolitik des letzten Jahrzehnts fortsetzen will. Die Minderheitenpolitik gilt eben nicht nur für Sonntage oder wenn die Sonne scheint. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass viele Organisationen der dänischen Minderheit und der Friesen seit Jahren keine Erhöhung ihrer Zuschüsse erhalten haben. Der SSW wird sich im Rahmen der Haushaltsberatungen zumindest  um eine Überrollung der Zuschüsse von SSF, Nordfriisk Instituut und der friesischen Kulturarbeit bemühen. Gleichzeitig gehen wir weiter davon aus, dass die Große Koalition spätestens 2008 wieder die reale 100%-Bezuschussung pro Schülerinnen und Schüler der dänischen Minderheit einführen wird. Eine Regelung, die übrigens der CDU-Ministerpräsident Barschel 1985 nach Verhandlungen mit dem SSW-Abgeordneten Karl Otto Meyer eingeführt hatte.

Ich möchte heute aber auch auf ein anderes Problem der finanziellen Gleichstellung hinweisen. Wir erleben gerade, dass sich die nördlichen Kreise aus der Finanzierung der Schülerbeförderung herausziehen wollen - oder werden. – Und zwar mit der Begründung, dass dies eine freiwillige Leistung sei. Dabei gibt es schon seit 1997 Vorschläge,  eine gesetzliche Lösung im Sinne der Gleichstellung zu erreichen. Der SSW hatte dieses Thema nicht zuletzt auf Drängen der CDU-geführten Kreise in die Tolerierungsverhandlungen eingebracht und sich auch mit seinen dama-ligen Tolerierungspartnern auf eine gesetzliche Lösung geeinigt. Daher können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,  sicher sein, dass der SSW in dieser Frage weiterhin am Ball bleiben wird. Denn für uns handelt es sich schlicht und ergreifend um ein entscheidendes Element der Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit. Die Kreise zahlen ja auch zwei Drittel der Kosten der Schülerbeförderung der öffentlichen Schulen.

Der Haushalt 2006 ist also aus Sicht des SSW von Licht und Schatten geprägt und wird kaum als großer Wurf in die Geschichte des Landes eingehen. Aber dennoch ist es das Politikverständnis des SSW, dass wir als Opposition nicht für den Papierkorb arbeiten. Unsere Zustimmung zum Haushalt werden wir daher von den kommenden Verhandlungen abhängig machen.

Die Debatte um die Zukunft unseres Sozialstaates wird uns wie gesagt noch lange begleiten. Wir werden sie auf allen Ebenen unseres gesellschaftlichen Lebens zu  führen haben. Das gleiche gilt grundsätzlich auch für die Finanzpolitik. Klar ist: Die Landespolitik muss ihre finanzpolitischen Schulaufgaben machen, um das Land finanzpolitisch wieder auf die Beine zu bringen. Dennoch kommen wir nicht umhin festzustellen, dass das Land sich aus eigener Kraft nicht wirklich aus dem Sumpf herausziehen kann.

Das wird nur gelingen, wenn auch die bundespolitischen Rahmenbedingungen sich verbessern. Wir brauchen also dringend Reformen auf Bundesebene, die es den Ländern ermöglichen, ihre Finanzen wieder in den Griff zu bekommen. Denn die Situation in Schleswig-Holstein ist trotz der dramatischen Lage ja keineswegs einzigartig. Nahezu keiner der 16 Bundesländer kann einen verfassungsmäßigen Haushalt aufstellen. Noch nie war die Lage der gesamten Staatsfinanzen - ob Bund, Länder oder Kommunen so bedrohlich. Wir erleben seit dem Anfang der Stagnationsperiode in 2002 einen beispielslosen Niedergang der öffentlichen Haushalte. Natürlich spielt dabei die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Folgekosten eine entscheidende Rolle. Allerdings kann ich mir nicht verkneifen auch darauf hinzuweisen, dass die Steuersenkungen der Jahre 2000 bis 2005 mit über 50 Milliarden Mindereinnahmen für die öffentliche Hand auch wesentlich zu dieser vertrackten Situation beigetragen haben. Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Steuersenkungen keinen merkbaren wirtschaftlichen Aufschwung gebracht haben, kann man sich eigentlich nur darüber wundern, dass in der Öffentlichkeit schon wieder über neue Steuersenkungen nachgedacht wird.

Nicht nur die Steuersenkungspartei FDP, sondern auch die große Volkspartei CDU propagiert weitere Steuersenkungen zur Lösung der bundesdeutschen Krise.
Der CDU-Schattenfinanzminister Kirchhof spricht jetzt sogar von einem Einheitssteuersatz von 25%. Mal abgesehen davon, dass wir damit überhaupt keinen sozialen Ausgleich mehr in unserem Steuersystem hätten, gibt es ja seriöse Berechnungen, z.B. von den Länderfinanzministern, die davon ausgehen, dass dieses Steuersystem zu Mindereinnahmen von fast 40 Milliarden Euro führen wird. Man kann nur hoffen, dass Herr Kirchhof nur als Wahlkampflokomotive funktionie-ren soll, denn eine Umsetzung seiner Vorschläge würde praktisch den endgültigen Ruin der öffentlichen Hand bedeuten.

Deutschland leidet aber nicht nur unter einer Wirtschafts- oder Finanzkrise, wir haben auch eine Demokratie-Krise. Viel zu viele Menschen sind somit von den demokratischen Entscheidungsprozessen abgekoppelt und fühlen sich nicht mehr für das Gemeinwohl verantwortlich. Sinnbild dieses Problems ist der komplizierte föderative Staatsaufbau der Bundesrepublik, der dazu führt, dass sich alle politischen Gremien aus der Verantwortung stehlen können mit dem Hinweis, dass sie nicht zuständig sind, sondern immer die anderen. Es muss uns als verantwortliche Politikerinnen und Politiker bedenklich stimmen, das immer mehr Bürgerinnen und Bürger diesen Systemfehler mit einer Abkehr von den demokratischen Institutionen bestrafen.

Wer immer also auch nach dem 18. September die Bundesregierung bildet, sollte deshalb so schnell wie möglich eine Neuordnung des Föderalismus in Angriff nehmen, die zur Stärkung der Länder und Kommunen führt. Geschieht dies wieder nicht, gerät die Eigenständigkeit der Länder - und also auch des Landes Schleswig-Holsteins - in große Gefahr.

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