Rääde · Flemming Meyer · 09.10.2008 Internationale(r) Jugendaustausch/Jugendbegegnung

Die Zimmerleute wissen es schon lange: Wer sich einmal auf der Walz, in der Fremde, bewährt hat, legt damit einen soliden Grundstein für seine berufliche Zukunft Zuhause. Andere Techniken und die Neugier auf fremde Menschen sind die Gründe, die Gesellen auf Wanderschaft treiben. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein konnte man in einigen Berufen ohne die entsprechenden Wanderjahre gar keinen Meister machen.

Heutzutage ist es genau anders herum. Oftmals müssen Beschäftigte kleiner und mittlerer Betriebe kündigen, um überhaupt eine gewisse Zeit im Ausland Erfahrungen sammeln zu können. Weiterbildung gilt vielerorts immer noch als betriebswirtschaftliche Belastung. Das müssen wir dringend ändern, denn Auslandserfahrungen sichern nicht nur junge Menschen vor Arbeitslosigkeit, sondern sind auch ein echter Gewinn für den Betrieb.

Ich möchte das kurz an einem Beispiel erläutern, und zwar dem Besuch angehender Landwirte aus Westfriesland im Frühling in Nordfriesland. Sie kommen aus Großbetrieben, die sich weitgehend auf Ackerbau spezialisiert haben. Bei hiesigen Betrieben gewannen sie einen Einblick in die Tierzucht, die Veredelung im eigenen Betrieb und die Vermarktung. Was sie aber vor allem mitbekommen haben, waren viele Tipps, die man in keinem Handbuch geschrieben bekommt. Einige überlegen, sich auf neue, für sie vorher unbekannte Techniken einzulassen.

Die Leistungen des kulturellen Jugendaustausches der Chöre und Jugendorcheser will ich nicht in Abrede stellen, doch die beruflichen Austauschmöglichkeiten zahlen sich für junge Schleswig-Holsteiner irgendwann einmal in barer Münze aus.
So paradox es klingt: Wer weggeht, kann in seiner Heimat wieder Fuß fassen. Man muss nicht das Rad neu erfinden, sondern kann sich bei der Erschließung neuer Märkte auf Erfahrungen anderer Länder stützen. Das sichert den rohstoffarmen Standort Schleswig-Holstein am besten.

Der Landesregierung sind diese Zusammenhänge bekannt; sie unterstützt mehrere transnationale Austauschprogramme für Auszubildende. Nahe liegend sind da natürlich vor allem Projekte auf dem deutsch-dänischen Arbeitsmarkt, von denen der Bericht vier näher ausführt. Leider vermisse ich konkrete Zahlen, also Angaben darüber, wie viele Azubis tatsächlich die Chance für einen kurzfristigen Arbeitsaufenthalt im Nachbarland nutzen. Sind es mehr oder weniger als die angegebenen 20 Auszubildenden, die im Zuge des Projekts „Grenzenlose Berufsausbildung“ nach Frankreich, Österreich oder Dänemark gingen?

Die kleine Fallzahl zeigt überdeutlich, dass die berufliche Bildung im Rahmen des Jugendaustausches ein Stiefkind ist; sie kann weder inhaltlich noch von der Breitenwirkung her mit den traditionellen Programmen des Jugendaustausches mithalten. Das Programm „Leonardo“ führt in Deutschland im Vergleich zu „Comenius“ und „Erasmus“ ein Schattendasein. Das unflexible deutsche System der dualen Ausbildung verhindert einen Erfahrungsaustausch während der Ausbildungsphase. Man kann es einem ausbildendem Betrieb kaum verdenken, dass er neben den Berufsschulzeiten nicht noch vier oder fünf Monate auf seinen Azubi verzichten möchte. Lediglich die Großkonzerne schicken ihre Auszubildenden regelmäßig ins Ausland, weil diese dort ebenfalls Fillialen haben und so kein Geld zusetzen müssen – die Mitarbeiten bleiben ja trotzdem, auch bei einem Auslandsaufenthalt, immer noch im Konzern, dem dann die Arbeitsleistung, wenn auch an einem anderen Srtandort, zugute kommt. Besonders ideal ist das beispielsweise für die Firma Danfoss, denn von Nordborg in Dänemark nach Flensburg ist es nur ein Katzensprung. Die jungen Danfoss-Azubis nutzen diese besondere Chance gerne und der Konzern erweitert sein Kompetenzniveau. Betriebliche und individuelle Interessen gehen hier Hand in Hand.

Junge Menschen, deren Horizont nicht hinter der nächsten Kreisstadt endet, sind für jeden Betrieb eine Bereicherung. Die Landesregierung muss in die Bresche: Wir brauchen schleunigst Konzepte, die auch kleinen und mittleren Betrieben den Jugendaustausch schmackhaft macht. Sie müssen für die Zeit des Austausches finanziell entlastet werden. Es muss darauf ankommen, möglichst allen Jugendlichen im Lande internationale Erfahrungen zu ermöglichen. Maßgeschneiderte Gymnasial- und Studienaustauschprogramme sprechen nämlich nur eine Minderheit der jungen Menschen an.
Der SSW fordert darum verstärkte Anstrengungen beim berufsbezogenen Jugendaustausch,

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