Rääde · Christian Dirschauer · 16.12.2021 Rede zu Protokoll gegeben Junge Menschen brauchen eine Lobby

„Gerade junge Menschen in Heimen oder Pflegefamilien sind darauf angewiesen, dass wir ihnen diese Rechte nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret in ihrem Alltag einräumen.“

Christian Dirschauer zu TOP 14 - Institutionalisierte Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche in den stationären Hilfen zur Erziehung (Drs. 19/3331 (neu))

Ganz grundsätzlich muss sich Schleswig-Holstein nicht verstecken, wenn es um gute Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche geht. Im Ländervergleich hat die Kinder- und Jugendpolitik bei uns seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert. Egal ob wir uns die intensiven Bemühungen im Bereich Kinderschutz, die Kinderrechte in unserer Landesverfassung oder eben die Beteiligungsrechte anschauen: Klar ist, dass es heute ein viel stärkeres Bewusstsein für die Belange und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen gibt als noch vor ein bis zwei Jahrzehnten. Diese Entwicklung kann man aus Sicht des SSW nur begrüßen. 

Doch trotz der Einigkeit darüber, dass diese Regelungen zum Schutz und zu den Rechten junger Menschen wichtig sind, muss ich eins betonen: Sie sind für uns kein „nice-to-have“, sondern absolut unverzichtbar und noch dazu deutlich ausbaufähig. Denn gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie müssen wir selbstkritisch erkennen, dass wir hier noch lange nicht am Ziel sind. In den vergangenen zwei Jahren standen die Belange von Kindern und Jugendlichen längst nicht immer und überall auf der Agenda. Auch hier im Landtag wurden junge Menschen leider nicht selbstverständlich als Expertinnen und Experten in eigener Sache gehört. Damit hat sich wieder einmal gezeigt, dass Kinder und Jugendliche dann doch nicht die Lobby und die starke Stimme haben, die sie eigentlich brauchen. 

Wenn es um Beteiligungs-, Teilhabe- und Mitbestimmungsrechte geht, ist es unheimlich wichtig, auch an die Kinder und Jugendlichen zu denken, die aus den verschiedensten Gründen nicht mehr in ihrem Elternhaus leben. Gerade junge Menschen in Heimen oder Pflegefamilien sind darauf angewiesen, dass wir ihnen diese Rechte nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret in ihrem Alltag einräumen. Es ist also gut und richtig, dass dieser Anspruch im Rahmen der jüngsten Reform des SGB VIII hervorgehoben wurde und eine Rechtsgrundlage für selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung geschaffen wurde. Aber es ist mindestens genauso wichtig, dass wir diesen Rahmen nun auch mit Leben füllen und die Gründung einer landesweiten Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche tatkräftig unterstützen. Und zwar nicht zuletzt auch finanziell. 

Uns freut, dass nicht nur über die finanzielle Unterstützung, sondern vor allem auch über die mit einer solchen Interessenvertretung verbundenen Ziele, grundlegend Einigkeit herrscht. Denn Kinder und Jugendliche in stationären Jugendhilfeeinrichtungen brauchen einfach eine starke Stimme. Sie sollen gehört werden. Wir wollen, dass sie die Gelegenheit haben, aus ihrer eigenen Sicht zu berichten, in welchem Umfang sie beteiligt werden oder wo es hakt. Das halten wir für genauso wichtig, wie das Recht darauf, mitzureden und mitzuentscheiden, wenn es um das zukünftige Zusammenleben in der Pflegefamilie oder in der Wohngruppe geht. Auf diesem Weg können bestehende Probleme erkannt und im Zweifel eben auch im Sinne der Kinder und Jugendlichen verbessert werden. 

Es ist kein Geheimnis, dass so manches Kind in einem Heim oder einer Pflegefamilie einen schwereren Start ins Leben hatte und damit benachteiligt ist. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen, dass nicht wenige dieser jungen Menschen geringere Chancen haben, wenn es um Bildung und ein selbstbestimmtes Leben geht. Ich will hier nur mal an die noch immer unzureichende Regelung zur Schulpflicht erinnern. Vor diesem Hintergrund ist für uns vom SSW völlig klar, dass es das mindeste ist, diesen Kindern und Jugendlichen möglichst weit reichende Rechte zur Beteiligung und zur Mitbestimmung zu geben. 

Aus Sicht des SSW ist es gerade in einer älter werdenden Gesellschaft wichtig, die Beteiligung junger Menschen weiter auszubauen. Da sollte man auch über Verwaltungsgrenzen oder politische Entscheidungsebenen hinweg denken. Wir halten es für geboten, dass Kinder und Jugendliche überall dort mitreden und mitgestalten können, wo es um ihre Belange geht. Für entsprechende Anregungen sind wir immer offen.

Jette Waldinger-Thiering: Junge Menschenbrauchen eine Lobby 

Presseinformation

Kiel, den 16.12.2021

Rede zu  Protokoll gegeben


Christian Dirschauer
TOP 14    Institutionalisierte Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche in den stationären Hilfen zur Erziehung
Drs. 19/3331 (neu)

„Gerade junge Menschen in Heimen oder Pflegefamilien sind darauf angewiesen, dass wir ihnen diese Rechte nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret in ihrem Alltag einräumen.“

Ganz grundsätzlich muss sich Schleswig-Holstein nicht verstecken, wenn es um gute Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche geht. Im Ländervergleich hat die Kinder- und Jugendpolitik bei uns seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert. Egal ob wir uns die intensiven Bemühungen im Bereich Kinderschutz, die Kinderrechte in unserer Landesverfassung oder eben die Beteiligungsrechte anschauen: Klar ist, dass es heute ein viel stärkeres Bewusstsein für die Belange und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen gibt als noch vor ein bis zwei Jahrzehnten. Diese Entwicklung kann man aus Sicht des SSW nur begrüßen. 

Doch trotz der Einigkeit darüber, dass diese Regelungen zum Schutz und zu den Rechten junger Menschen wichtig sind, muss ich eins betonen: Sie sind für uns kein „nice-to-have“, sondern absolut unverzichtbar und noch dazu deutlich ausbaufähig. Denn gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie müssen wir selbstkritisch erkennen, dass wir hier noch lange nicht am Ziel sind. In den vergangenen zwei Jahren standen die Belange von Kindern und Jugendlichen längst nicht immer und überall auf der Agenda. Auch hier im Landtag wurden junge Menschen leider nicht selbstverständlich als Expertinnen und Experten in eigener Sache gehört. Damit hat sich wieder einmal gezeigt, dass Kinder und Jugendliche dann doch nicht die Lobby und die starke Stimme haben, die sie eigentlich brauchen. 

Wenn es um Beteiligungs-, Teilhabe- und Mitbestimmungsrechte geht, ist es unheimlich wichtig, auch an die Kinder und Jugendlichen zu denken, die aus den verschiedensten Gründen nicht mehr in ihrem Elternhaus leben. Gerade junge Menschen in Heimen oder Pflegefamilien sind darauf angewiesen, dass wir ihnen diese Rechte nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret in ihrem Alltag einräumen. Es ist also gut und richtig, dass dieser Anspruch im Rahmen der jüngsten Reform des SGB VIII hervorgehoben wurde und eine Rechtsgrundlage für selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung geschaffen wurde. Aber es ist mindestens genauso wichtig, dass wir diesen Rahmen nun auch mit Leben füllen und die Gründung einer landesweiten Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche tatkräftig unterstützen. Und zwar nicht zuletzt auch finanziell. 

Uns freut, dass nicht nur über die finanzielle Unterstützung, sondern vor allem auch über die mit einer solchen Interessenvertretung verbundenen Ziele, grundlegend Einigkeit herrscht. Denn Kinder und Jugendliche in stationären Jugendhilfeeinrichtungen brauchen einfach eine starke Stimme. Sie sollen gehört werden. Wir wollen, dass sie die Gelegenheit haben, aus ihrer eigenen Sicht zu berichten, in welchem Umfang sie beteiligt werden oder wo es hakt. Das halten wir für genauso wichtig, wie das Recht darauf, mitzureden und mitzuentscheiden, wenn es um das zukünftige Zusammenleben in der Pflegefamilie oder in der Wohngruppe geht. Auf diesem Weg können bestehende Probleme erkannt und im Zweifel eben auch im Sinne der Kinder und Jugendlichen verbessert werden. 

Es ist kein Geheimnis, dass so manches Kind in einem Heim oder einer Pflegefamilie einen schwereren Start ins Leben hatte und damit benachteiligt ist. Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns eingestehen, dass nicht wenige dieser jungen Menschen geringere Chancen haben, wenn es um Bildung und ein selbstbestimmtes Leben geht. Ich will hier nur mal an die noch immer unzureichende Regelung zur Schulpflicht erinnern. Vor diesem Hintergrund ist für uns vom SSW völlig klar, dass es das mindeste ist, diesen Kindern und Jugendlichen möglichst weit reichende Rechte zur Beteiligung und zur Mitbestimmung zu geben. 

Aus Sicht des SSW ist es gerade in einer älter werdenden Gesellschaft wichtig, die Beteiligung junger Menschen weiter auszubauen. Da sollte man auch über Verwaltungsgrenzen oder politische Entscheidungsebenen hinweg denken. Wir halten es für geboten, dass Kinder und Jugendliche überall dort mitreden und mitgestalten können, wo es um ihre Belange geht. Für entsprechende Anregungen sind wir immer offen.

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