Rääde · Flemming Meyer · 16.07.2015 Kinder und Jugendliche aus Psychiatrien und Behinderteneinrichtungen müssen Anerkennung erfahren und sind keine Opfer zweiter Klasse

Flemming Meyer zu TOP 26 Fonds für die Heimerziehung

Die heutige Diskussion hat es noch einmal verdeutlicht. Niemand in diesem Hause bezweifelt, dass ehemalige Kinder und Jugendliche aus Psychiatrien und Behinderteneinrichtungen natürlich ebenso Zugang zu Entschädigungsmaßnahmen haben müssen wie die damaligen Heimkinder. 

Auch die Kinder und Jugendlichen in diesen Einrichtungen haben erhebliches Leid und Unrecht durch damalige Erziehungs- und Therapiemaßnahmen erfahren. Und auch diese Menschen haben mit gravierenden Folgeschäden ihrer Unterbringung zu kämpfen.

Dennoch wurden ausschließlich damalige Heimkinder berücksichtigt, als Bund, Kirchen und Länder den heute als „Heimerziehung West“ bekannten Fonds errichteten. 

Man müsste ein Unmensch sein, um die himmelschreiende Ungerechtigkeit dieser Ungleichbehandlung nicht zu erkennen. Die Frage, ob hier Handlungsbedarf besteht, ist also überhaupt nicht strittig. Dennoch bin ich ein wenig verwundert über den vorliegenden Antrag der Piraten. 

Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass die Landesregierung erst vor wenigen Wochen sehr deutlich Stellung bezogen hat zu diesem Thema. Am 4. Juni diesen Jahres hat die Sozialministerin in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Kollegin Franzen unmissverständlich anerkannt, dass Kinder und Jugendliche in Psychiatrien und Behinderteneinrichtungen Leid und Unrecht erlebt haben, das dem der Heimkinder vergleichbar ist.  

Allerdings hat die Sozialministerin auch deutlich gemacht, dass sie die Einschätzung der Arbeits- und Sozialministerkonferenz teilt, wonach erhebliche Zweifel bestehen, ob eine Fondslösung überhaupt geeignet ist, um das Leid dieser Menschen zu entschädigen. 

Deshalb hat die ASMK im Jahr 2013 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um gemeinsam mit Bund und Kirchen Alternativvorschläge zu erarbeiten. 

Vor diesem Hintergrund muss ich mich ernsthaft fragen: Wenn nun alle guten Kräfte, wie wir wissen, damit beschäftigt sind, eine bessere Lösung für morgen zu finden, warum kommen die Piraten dann jetzt mit einem Vorschlag von gestern um die Ecke? 

Wenn sich die Mehrheit der Länder einig sind, dass der Fonds nicht optimal funktioniert, dann kann ich heute doch nicht einem Antrag zustimmen, der einseitig eine solche Fondslösung fordert. 

Wir reden hier im Hause viel und gerne über Barrierefreiheit, weil uns wichtig ist, dass jeder Mensch ungehinderten Zugang zur Wahrnehmung seiner Rechte hat. Wie ist es eigentlich damit bestellt beim Fonds Heimerziehung West? 

Vor wenigen Tagen hat das Bundeskabinett eine Aufstockung des Fonds „Heimerziehung West“ um 182 Mio. Euro beschlossen. Geld, das weiterhin ausschließlich ehemaligen Heimkindern zusteht. Und wiederum nur jenen, die bis zum Ablauf der Anmeldefrist am 31. Dezember 2014 Ansprüche angemeldet hatten. Ist das barrierefrei, wenn die Anerkennung von Leid und Unrecht davon abhängt, ob eine traumatisierte Person oder ihr Vormund in der Lage war, Ansprüche fristgerecht geltend zu machen? Ich finde nicht. Wir müssen aber gerade für Kinder und Jugendliche aus Psychiatrien und Behinderteneinrichtungen möglichst barrierefreie Zugänge zur Entschädigung schaffen.

Ich will gar nicht ausschließen, dass sich ein Hilfsfond am Ende als die einzige praktikable Lösung erweist, aber ich will mich nicht von vornherein darauf festlegen, bevor nicht alle anderen Möglichkeiten untersucht worden sind. 

Wichtig ist, dass sie größtmögliche Anerkennung erfahren und nicht Opfer zweiter Klasse bleiben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie dieses Unrecht im Westen oder im Osten erlebt haben. 

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