Rääde · Flemming Meyer · 24.02.2012 Menschenrecht auf medizinische Versorgung auch für Menschen ohne Papiere

Der Antrag der Fraktion „Die Linke“ macht auf ein zentrales Defizit in der Gesundheitsversorgung Schleswig-Holsteins aufmerksam. Und was die Notwendigkeit und die rechtliche Herleitung eines Menschenrechts auf medizinische Versorgung auch für Menschen ohne Papiere betrifft, teilen wir die Zielrichtung des Antrags.

Der SSW möchte aber anregen, den Kreis der Betroffenen zu erweitern. Wir haben in Schleswig-Holstein mindestens vier Gruppen von Menschen die auf medizinische Versorgung angewiesen sind, aber keine „Papiere“ haben. Das sind Menschen ohne qualifizierten Aufenthaltsstatus, auf die im Antrag der „Linken“ eingegangen wird. Das sind aber auch Obdachlose, zwangsprostituierte Frauen und Menschen, die aus finanziellen Gründen nicht krankenversichert sind, wie etwa ein Teil der Selbstständigen und Freiberufler. Bei allen handelt es sich zumeist um „bedürftige Menschen ohne Papiere“.

So gesehen reicht es auch nicht aus, die Landesregierung dazu aufzufordern, lediglich die Kommunen, den Flüchtlingsbeauftragten, das MediBüro und die Ärztekammer in die Erarbeitung eines Konzeptes einzubeziehen. Zumindest die Krankenkassen sind zu berücksichtigen, die wohl für die Finanzierung aufkommen müssen. Außerdem muss mit ihnen das Verfahren geklärt werden, wie die Behandlung der „Papierlosen“ anonymisiert abzurechnen ist. Einbezogen werden müssen zudem die Wohlfahrtsverbände und die Gewerkschaften. Auch die örtlichen Leitungen der Gesundheitsämter bzw. der Fachdienste Gesundheit sollten sich in den Konzeptentwicklungsprozess einbringen können. Sind sie es doch, die neben den Migrationsberatungsstellen als sogenannte „Clearingstellen“ unmittelbar mit der Umsetzung betraut werden sollen.

Und hier gibt es ein weiteres Problem. „Die Linke“ strebt ja an, dass die Gesundheitsämter den Menschen ohne Papiere nicht nur einen anonymen Krankenschein ausstellen sollen, sondern auch bei „aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen zu beraten“ haben. Dazu ist zu überlegen, ob das vom örtlichen Personal geleistet werden kann, ob Schulungen stattfinden müssen oder spezialisiertes Personal einzustellen wäre. Der SSW würde vorschlagen, dass die Gesundheitsämter die „Papierlosen“ nicht beraten, sondern an die Stellen vermitteln, die den Menschen bei aufenthaltsrechtlichen Fragen weiter helfen können.

Gleichwohl sieht der SSW in dem Antrag die Möglichkeit die regionalen Gesundheitsämter zu stärken und ihre Funktion im Gesundheitssystem weiter aufzuwerten. Es dürfen aber keine Doppelstrukturen aufgebaut werden. Die Gesundheitsvorsorge ist staatliche Aufgabe und die Etablierung privater Subsysteme ist auf jeden Fall zu vermeiden. Die derzeit bestehenden „informellen“ Parallelstrukturen müssten längerfristig aufgelöst werden.

Schließlich zeigt der Antrag der Fraktion „Die Linke“ eine Reihe von rechtlichen Hürden auf, die auch noch genommen werden müssen. So wird vorgeschlagen, die Übermittlungspflicht der Sozialämter an die Ausländerbehörden auf Bundesebene zu streichen, die Leistungsbeschränkungen des Asylbewerbergesetzes aufzuheben und rechtliche Lösungen für nichtversicherte EU-Bürgerinnen und Bürger zu finden.

Zu berücksichtigen wäre auch, dass Kreise und kreisfreie Städte die Aufgaben der Gesundheitsdienste als Selbstverwaltungsaufgabe wahrnehmen und für die Einrichtung der „Clearingstellen“ eventuell Kreis- oder Gemeindeordnungen angepasst werden müssten.

Alles zusammen genommen, betrachtet der SSW die Zielrichtung des Antrages als Weg weisend. Zum Abbau kleiner Schwächen und zur Weiterentwicklung empfehlen wir die Behandlung im Sozialausschuss.

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