Rääde · Lars Harms · 25.01.2017 Nicht alles, was bei Bestattungen denkbar ist, ist auch die denkbar beste Lösung

Lars Harms zu TOP 3 - Gesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes

„Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wir zu haben, aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die Hinterbliebenen und die Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.“

Wir haben schon in der ersten Lesung zum Bestattungsgesetz eine Debatte geführt und dort sind viele Aspekte der Bestattungskultur schon angesprochen worden. Wir haben uns seinerzeit offen für eine Diskussion über eine Reform des Bestattungswesens gezeigt. Und auch nach der Anhörung im Ausschuss sind wir immer noch offen für Veränderungen. Man kann aber auch ganz klar sagen, dass Fragen rund um das Bestattungswesen doch auch sehr persönliche Fragestellungen sind und dass sie auch sehr stark ethische Gesichtspunkte und Standpunkte berühren. Deshalb ist es richtig, dass jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete hier nach alleinigen Sichtweisen entscheidet.

Betrachtet man den gesamten Gesetzentwurf, so kann man für den SSW sagen, dass er in Gänze für uns nicht zustimmungsfähig ist. Zu viele Punkte haben sich gerade auch nach der Anhörung als zu weitgehend gezeigt. Ich sage das deshalb, weil sich für uns nach der Anhörung ganz klar herausgestellt hat, dass die eigene Bestattung nicht nur etwas mit den eigenen Vorstellungen, sondern auch etwas mit dem allgemeinen Pietätsempfinden und auch mit den Bedürfnissen der Hinterbliebenen zu tun hat. Und hier muss gerade auch der Staat Regeln setzen, in denen dann die eigene persönliche Entscheidung getroffen werden kann. Auch hier gilt, alles was machbar oder denkbar ist, muss nicht unbedingt auch sinnvoll sein. Nach der Anhörung haben sich aber vor diesem Hintergrund mehrere Punkte ergeben, wo wir als SSW Veränderungsbedarf sehen. 

Ein erster Punkt ist dabei die Frage, ob die Asche des Verstorbenen auch verstreut werden können soll. Wir sagen vom Grundsatz her „Ja!“ zu dieser Bestattungsform, da sie durchaus von Teilen der Menschen gewollt ist und man durchaus noch pietätvoll mit dieser Bestattungsform umgehen kann. Zugleich muss man ja auch feststellen, dass es jetzt schon Einäscherungen gibt und somit sich nicht gravierend viel ändern würde. Eine würdevolle Bestattungsfeier wäre möglich, aber vor allem wäre dies auch eine Möglichkeit für manch einen selbstbestimmt eine Bestattungsform zu wählen, die vergleichsweise kostenarm vonstattengehen könnte.

In dieser Verbindung steht auch unser zweiter Reformpunkt. Wir sehen es als sinnvoll an, dass man den Gemeinden erlaubt, bestimmte Flächen für die Verstreuung von Asche auszuwählen. Aber auch hier würden wir enge Grenzen setzen. Es müsste ein vorher ausgewähltes Gebiet sein – z.B. ein Teil eines Friedhofes, ein Teil eines Parkgeländes oder auch eine naturbelassene Landschaftsfläche – und dieses Gebiet müsste dauerhaft für diesen Zweck ausgewiesen werden. Und was ganz entscheidend ist, die Fläche müsste für jedermann zugänglich sein. Privatflächen schließen sich da für uns aus, weil  dort die dauerhafte Zugänglichkeit für Jedermann eben gerade nicht gegeben wäre. Hier denken wir vor allem an die Hinterbliebenen, die trotz z.B. möglicher Streitigkeiten mit dem Grundbesitzer Zugang zur Bestattungsfläche des Verwandten oder Freundes haben müssen.

Ein dritter Punkt, der reformiert werden könnte, wäre nach unserer Auffassung die zeitnahe Bestattung nach jüdischer und muslimischer Tradition. Die Anhörung hat gezeigt, dass es wohl kein Problem mit der Leichenbeschau geben würde und eine Fristverkürzung somit unproblematisch wäre, so dass wir hier wirklich eine praktische Hilfe geben könnten, die keines Mehraufwandes bedarf.

Lassen Sie mich aber auch sagen, dass wir auch Punkte haben, die wir kritisch sehen. Mit der Urne auf dem Kaminsims haben wir erhebliche Probleme. Jeder mag da seine eigenen Vorstellungen haben, aber hier wird auch das allgemeine Pietätsempfinden betroffen und vor allen spielt auch hier wieder die uneingeschränkte Zugänglichkeit eine Rolle. Die wäre hier in gar keinem Fall gegeben. Wer klingelt schon am Sonntag-Nachmittag bei irgendjemandem, um dann 10 Minuten still im Wohnzimmer eines womöglich fremden Menschen an einen Toten zu gedenken? Dieses Beispiel soll zeigen, dass eben tatsächlich nicht alles, was denkbar ist, auch die denkbar beste Lösung sein muss. Das hat auch nichts mit Bevormundung zu tun, sondern mit Pietätsempfinden und mit Werten einer Gesellschaft.

Für eine behutsame Weiterentwicklung des Bestattungswesens wären wir zu haben, aber wir müssen neben den Wünschen des Verstorbenen auch die Hinterbliebenen und die Werte unserer Gesellschaft mit bedenken.

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