Rääde · Flemming Meyer · 15.11.2002 November-Steuerschätzung

Der vorige Mittwoch war wirklich ein schlechter Tag für Deutschland - und nicht für Rot-Grün wie es einige gerne sehen möchten - denn von der Entwicklung sind wir alle betroffen. Zum einen wur-de das förmliche Verfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik wegen der Überschrei-tung der 3%-Verschuldungsgrenze – der sogenannte Maastricht-Kriterien – in 2002 eingeleitet. Zum anderen präsentierten die fünf führenden Wirtschaftsinstitute ihre traditionelle Herbstprognose zum Wirtschaftswachstum, die nur noch von 1,0 % Wachstum für 2003 ausgeht. Vor Jahresfrist hatten sowohl die Bundesregierung als auch die Wirtschaftsinstitute noch mit einem Wachstum für 2003 zwischen 2 und 3 % gerechnet.
Da kann es nicht mehr verwundern, dass dann auch noch die aktuelle November-Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen, die ebenfalls am Mittwoch präsentiert wurde, von Steuerein-nahmeausfällen für 2002 und 2003 von insgesamt über 31 Mia. € ausgeht. Zusammengefasst muss man sagen: Die Bundesrepublik steht vor einer ernsten wirtschaftlichen und finanziellen Kri-se.
Diese Krise muss natürlich vor dem Hintergrund der internationalen Konjunkturentwicklung bewer-tet werden. Als Exportweltmeister, der wir immer noch sind, trifft uns eine solche Entwicklung be-sonders hart. Dennoch sind ein Teil der Probleme – insbesondere auf dem Arbeitsmarkt – auch hausgemacht. Wir sprachen schon einige dieser Probleme bei der Diskussion über eine mittelstands-freundliche Politik an. Deutschland hat ein systembedingtes Problem, dass zum Beispiel zu hohen Lohnnebenkosten führt. Da hilft das Hartz-Konzept, das wir befürworten, auch nur punktuell. Wir brauchen grundlegende Reformen im Sozialversicherungsbereich, wobei der SSW für ein steuerfi-nanziertes Sozialsystem plädiert. Hier muss die Bundesregierung schnellstens ansetzen, um eine wirkliche Wende am Arbeitsmarkt zu erreichen.
Der Bundesfinanzminister hat für seinen Nachtragshaushalt 2002, der nächste Woche beschlossen wird, den „finanziellen Notstand“ erklären lassen, damit er weitere Kredite zum stopfen der neuen Haushaltslöcher aufnehmen kann. Es ist offensichtlich, dass wir das gleiche Prozedere auch für den Nachtragshaushalt des Landes Schleswig-Holstein durchführen müssen. Denn die regionalisierte Steuerschätzung ergibt auch für Schleswig-Holstein katastrophale Zahlen: Insgesamt werden uns in 2002 im Verhältnis zur Steuerschätzung im Mai, die ja auch schon Steuermindereinnahmen enthielt, fast 280 Mio. € fehlen und im nächsten Jahr sind ist auch nicht besser aus.
Was das für die angespannte Haushaltslage des Landes bedeutet wissen wir alle. Der SSW vertritt die Auffassung, dass wir uns kurzfristig nicht aus dieser Lage heraussparen können. Einsparungen in dieser Größenordnung zerstören mehr, als dass sie etwas bringen. Deshalb unterstützen wir die Landesregierung in ihrem Bestreben zumindest das Haushaltsloch für 2002 durch weitere Kredite zu finanzieren.
Für 2003 muss man sich dann den Haushalt noch mal genau ansehen, ob es weitere Sparmöglichkei-ten gibt. Allerdings warnen wir davor weitere Investitionen zu kürzen. Schon der Haushaltsentwurf 2003 hatte ja eine unglaublich niedrige Investitionsquote. Gerade in dieser wirtschaftlich ange-spannten Lage sind Kürzungen im investiven Bereich kontraproduktiv. Aber auch, wenn wir die konsumtiven Ausgaben ansehen, kann man sagen, dass wir am Ende der Sparmöglichkeiten ange-kommen sind. Die strukturellen Haushaltsprobleme sind eindeutig Konjunkturabhängig.

Dennoch sind wir der Auffassung, dass der Haushalt auf jeden Fall noch in diesem Jahr beschlossen werden muss. Denn wenn wir bis zum Januar oder Februar warten würden, triff das insbesondere die Kommunen, die ja von den Landeszuschüssen abhängig sind. Da auch die Kommunen von der neuen Steuerschätzung stark getroffen sind, sollten wir sie noch nicht zusätzlich belasten. Sollte der Haushalt 2003 im Dezember nur verfassungskonform beschlossen werden können, indem man für jedes Ministerium eine bestimmte Summe von globalen Minderausgaben festsetzt, dann muss auf jeden Fall eine angemessene Beteiligung des Landtages im Haushaltsvollzug gesichert werden.

Besser und ehrlicher wäre es allerdings auch für 2003 den finanziellen Haushaltsnotstand zu erklären damit von solchen globalen Minderausgaben abgesehen werden kann. Dies ent-spricht auch eher dem Selbstverständnis eines Parlamentes.

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