Rääde · Flemming Meyer · 21.06.2013 Offenlegung von Gesetzgebungs-Outsourcing

Gesetzgebungsoutsourcing. Dieses 24-Buchstaben-Ungetüm benennt einen neuen Trend. Es geht um die Frage der bezahlten Beteiligung von Dritten – die Antragsteller nennen ausdrücklich Juristen - bei der Normsetzung. Dieses Verfahren der Auslagerung im Gesetzgebungsprozess beschäftigt inzwischen ganze Heerscharen von Juristen. Der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer Otto Filges fragt daher allen Ernstes, ob das Gesetzgebungs-Outsourcing ein neues Berufsfeld für Rechtsanwälte sei.
Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Es gilt für die Gesetzgebung das Strucksche Gesetz, wonach kein Gesetz den Bundestag bzw. den Landtag so verlässt, wie es hineinkommt. Experten, Fraktionen, Nutzer und nicht zuletzt Journalisten nehmen sich Gesetze vor. Und dann werden sie geändert; in der Regel verbessert. Neue Formulierungen werden eingearbeitet und alte verworfen. Die Nutzung außerparlamentarischer Expertise ist also nicht die Ausnahme, sondern der ausdrückliche Normalfall.

Meine Fraktion nimmt jedenfalls für sich nicht in Anspruch, in jeder Fachfrage ohne Beratung von außen auskunftsfähig zu sein. Ganz im Gegenteil, wir verstehen die Gespräche mit Verbänden als probates Mittel der Frühwarnung. Manchmal sind wir hier einfach zu weit weg, um die Veränderungen zu registrieren. Da ist es gut, wenn von außen entsprechende Signale kommen.
So schätze ich besonders die Anhörungen als ein Korrektiv parlamentarischen Handelns. Oft genug haben in der Vergangenheit Anzuhörende Dinge gerade gerückt. Nicht immer unwidersprochen; aber gerade das Zusammenspiel von Rede und Gegenrede lässt der eigenen Meinungsbildung der Parlamentarier breiten Raum. Schließlich haben wir weit überwiegend mit Partikularinteressen zu tun. Es liegt an uns, aus den Einwänden und Argumenten gemeinwohlorientierte Gesetzentwürfe zu erstellen.
Die Beiträge und Protokolle der Anhörungen sind verumdruckt, also im Landtagsinformationssystem nachzulesen; niedrigschwellig und umfassend. Jede Schleswig-Holsteinerin oder jeder Schleswig-Holsteiner kann nachlesen, welcher Verband welche Stellungnahme erarbeitet und abgegeben hat. Das ist in lobenswerter Weise technisch aufgearbeitet, so dass die Vorgänge für Bürgerinnen und Bürger leicht nachzuvollziehen sind, ohne dass man sich durchs System durchklicken muss.
Dem Landtag wiederum steht zur Kontrolle der gesetzgeberischen Arbeit der Landesregierung ebenfalls ein bewährtes Instrument zur Verfügung: die Kleine Anfrage. Sie ist ein bewährtes Verfahren, um Auskünfte zu erhalten. Die Landesregierung liefert auf diesem Wege oftmals Informationen zu Gesetzgebungsverfahren nach. Und zwar allen, denn die Antworten sind öffentlich und jederzeit zugänglich. Diese Transparenz hat sich insgesamt bewährt. Darüber hinaus gibt es dann auch noch die Möglichkeit der Einsichtnahme von Akten und Vorgängen. Es ist also im Wesentlichen alles nachvollziehbar.

Ich will allerdings nicht verhehlen, dass nicht alle Einflussnahmen öffentlich rekonstruierbar sind. Es ist nicht immer klar ersichtlich, wer versucht hat, ein Gesetz umzuformulieren. Das gilt übrigens auch für die Piraten, die alle einladen, sich zu Gesetzen zu äußern. Auch sie sind nicht gefeit davor, dass Lobbyisten diese Öffnung für ihre eigenen Zwecke nutzen, indem sie unter falscher Fahne Mails schicken und auf diese Weise das scheinbar offene System kapern.
Und natürlich kann es auch sein, dass Lobbyisten Gesetze schreiben. Das ist natürlich nicht die Regel, aber es ist schon vorgekommen und es ist auch in der Zukunft denkbar. Und nur dann, wenn Formulierungshilfe und Vorteile zusammen kommen, ist es anrüchig. Der direkte Vorteil ergibt sich, wenn der Auftragnehmer sich ein Gesetz zusammenschustert, von dem er selbst profitiert. Das geht natürlich nicht. Hier müssen wir wachsam sein und sind das in der Regel ja auch.

Aber noch einmal: die Formulierungshilfen von Gesetzen oder Verordnungen sind nicht per se problematisch. Das gilt im Übrigen sowohl für Gesetzentwürfe von Regierungen als auch von Fraktionen. Allerdings ist den Auftraggebern nicht immer bekannt, dass ihre Auftragnehmer einen Vorteil aus der Gesetzgebung ziehen können. Deswegen ist der Nachweis auch nicht ganz einfach. An dieser Stelle wäre Transparenz hilfreich. Aber wie man diese Transparenz umsetzt, ist eine schwierige Frage, die wir noch einmal im Ausschuss beraten sollten.

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