Rääde · Flemming Meyer · 11.12.1996 Situation der Milchwirtschaft

Die große Anfrage zur Situation der Milchwirtschaft zeigt sehr deutlich den voranschreitenen Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft unseres Landes. Den Strukturwandel, den die Milchwirtschaft in den letzten 10 Jahren durchgemacht hat, kann man in der Tat als dramatisch bezeichnen.

Die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe die Milch verarbeiten fällt laufend. Die durchschnittliche jährliche Milchverarbeitungsmenge pro Betrieb steigt dagegen an. Zwar gibt es hier große Schwankungsbreiten, doch verarbeiten nur drei Unternehmen über die Hälfte der gesamten Milchanlieferung in Schleswig-Holstein. Auch die Anzahl der Milchkuhbestände pro Betrieb steigt ständig. Wobei Schleswig-Holstein hier ganz im generellen Trend liegt, sowohl bundesweit und - mit regionalen Unterschieden - auch europaweit.

Bei den Meieren sieht ist kaum anders aus. Die Anzahl der Betriebe ist den letzten 10 Jahren um über die Hälfte gefalllen. Nur noch Vierfünftel der jährlichen Milchanlieferung wird von schleswig-holsteinischen Meieren selber verarbeitet. Viele landwirtschaftliche Betriebe liefern ihre Milch bereits heute an Meieren in Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen.

Wir erleben also in diesem Bereich die gleiche Entwicklung wie bei den schleswig-holsteinischen Schlachtereien. Man kann befürchten, daß wir in Zukunft nur noch sehr wenige Meieren hier im Land haben werden. In der großen Anfrage sagt es die Landesregierung sehr deutlich: „ Die Anzahl der Meiereien wird auch zukünftig weiter zurückgehen“ und „Der harte Wettbewerb verlangt zunehmend größere Einheiten, die Rationalisierungs- und damit Kosteneffekte ermöglichen.“ Auch dieser Trend gilt für die gesamte Bundesrepublik und die EU.

Es gibt auch positive Ergebnisse der Michwirtschaft zu vermelden: Ein Drittel des Produktionswert der gesamten Landwirtschaft in Schleswig-Holstein wird von der Milchwirtschaft erzeugt. Die durchschnittliche Milchleistung je Kuh und der Eiweiß und Fettgehalt ist in den letzen Jahren gestiegen. Bei den Betrieben, die den strukturwandel überlebt haben, sind in den letzten 5 Wirtschaftsjahren steigenden Gewinne zu verzeichnet. Doch auch hier gilt: umso größer das Unternehmen und die Milchquote - umso größer der Gewinn. Das bedeutet, daß sich der bisher vollzogende Strukturwandel tendenziell auch zukünftig fortsetzen wird.

Nun könnte durch die Große Anfrage der CDU der Eindruck entstehen, daß dieser Trend erst seit Einführung der Michquote-Ordnung durch die EU 1984 eingesetzt ist. Das ist natürlich nicht der Fall. Die, jährlich vom Landwirtschaftsministerium herausgegebene, Statistik der Milchwirtschaft zeigt, daß es diesen Trend zur Konzentration in der Landwirtschaft, und auch in der Milchwirtschaft, mit Unterbrechungen seit den 60-ziger Jahren gibt. Der Zwang zur Rationalisierung und zur Konzentration in größeren Einheiten liegt im Wesen der Industrialisierung der Landwirtschaft. Diese Entwicklung ist durch den Binnenmarkt der EU und die Globalisierung der Weltwirtschaft in den letzten Jahren erheblich verstärkt und beschleunigt worden.

Leider hat man die Ziele, die sich die EU mit der Garantiemengenregelung 1984 gesteckt hatte, nur sehr begrenzt erreicht hat. Das wichtigste Ziel, die Überproduktion der Milch in der gesamten EU zu reduzieren, ist erreicht worden. Das für den SSW genauso wichtige Ziel, dadurch die Preise stabil zu halten und somit die Überlebensmöglichkeiten der kleineren Landwirte zu verbessern, hat man nicht erreicht. Trotz Garantiemengenregelung sind die Preise für Milch stetig gefallen. Die Folge ist, daß viele kleinere und mittlere Milcherzeugungsbetriebe in den letzten Jahren aufgeben mußten.

Insgesamt hat die Einführung und Handhabung der Milchquoten-Ordnung viel Unmut und Zwietracht bei den betroffenen Landwirten erzeugt. Daher gibt sehr viele Landwirte die Aufgrund der gemachten Erfahrungen eine Abschaffung der Milchquoten-Ordnung befürworten. Für einige kleinere Pächter von Milchreferenzmengen würde die Abschaffung der Milchquote vielleicht sogar einen Vorteil, da sie nicht mehr die Pacht für die Quoten bezahlen müßten.

Insgesamt ist es deshalb richtig, daß die bisherigen Erfahrungen mit der Milchquoten-Regelung eher problematisch sind. In vielen Bereichen besteht Änderungsbedarf der starren Milchquotenregelung. Wir warnen allerdings vor einer voreiligen Abschaffung der Milchquoten-Regelung. Das würde ohne Zweifel die Preise schneller fallen lassen und den heutigen Konzentrationsprozes in der Milchwirtschaft nochmal enorm beschleunigen. Der SSW unterstützt deshalb die Bestrebungen ein besser geeignetes Modell zu finden und die bestehende Regelung nur in sehr stark modifizierter Form beizubehalten. Auch muß der Verwaltungsaufwand für die Landwirte in Zusammenhang mit einer neuen Regelung auf ein Minimum reduziert werden.

Der SSW hat sich immer für die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe starkt gemacht. Auch weil diese Betriebe die Voraussetzung für die wirtschaftliche Möglichkeiten des ländlichen Raumes insgesamt sind. Deshalb trifft die Entwicklung in der Landwirtschaft im besonderen Maße die Lebensgrundlage für die Bewohner des ländlichen Raumes. In der Vergangenheit hat man es leider auch versäumt die Familienbetriebe durch neuzuschaffende außerlandwirtschaftliche Erwerbsmöglichkeiten finanziell zu stärken.

Wie auch in der Fleischwirtschaft sind die Möglichkeiten einer Regionalisierung der Milchproduktion- und verarbeitung unter den heutigen Voraussetzungen sehr gering. Trotzdem hält der SSW daran fest, daß die Regionalisierung der Landwirtschaftsproduktion- und verarbeitung langfristig weiterhin unser Ziel bleiben muß. Sowohl strukturpolitisch, aber auch Umweltpolitisch sind die Vorteile hinreichend bekannt. Wir müssen weiter über neue Wege nachdenken dieses Ziel zu erreichen. Die ökologische Landwirtschaft ist ein Weg - aber nur bis zu ein gewissen Grad.

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