Rääde · Flemming Meyer · 25.09.2003 Vermögensfreibeträge des künftigen Arbeitslosengeldes II

Auch der SSW begrüßt im Prinzip die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, die jetzt im Zuge der Hartz-Reformen vorgeschlagen wird. Wir sehen schon einen Sinn darin, die beiden Hilfeleistungen zusammenzufassen, weil es sich bei diesen Arbeitssuchenden zum großen Teil um die gleiche Gruppe von Men-schen handelt - also sehr viele Überschneidungen gibt. Allerdings gibt es bei den bisherig bekannt gewordenen Vorschläge auch erhebliche Risiken.

Aus unserer Sicht müssen bei der Ausgestaltung der Reformen drei Hauptbedingungen erfüllt werden: 1. Den Kommunen dürfen keine zusätzlichen Kosten oder Ein-nahmeverluste aufgebürdet werden. 2. Das neue „Arbeitslosengeld II“ darf nicht auf das Niveau der jetzigen Sozialhilfe heruntergesetzt werden. 3. Die Beschäftigungs-gesellschaften müssen ihre erfolgreiche Arbeit für Langzeitarbeitslose fortführen können. Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, wird der SSW die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe unterstützen.

Deshalb können wir auch auf gar keinen Fall den Antrag der CDU zu diesem Thema unterstützen. Die Vorschläge der CDU sind einfach ein Schlag ins Gesicht der Be-troffenen. Zum einen will die CDU, dass Menschen, die möglicherweise seit Jahren in die Arbeitslosenkasse eingezahlt haben, schon nach einem Jahr Arbeitslosigkeit Zuwendungen auf dem Niveau der Sozialhilfe bekommen. Zum anderen will sie ei-nen Datenabgleich bei dieser Personengruppe bei allen Behörden auf allen Ebenen zulassen. Allein schon aus datenschutzrechtlichen Gründen sind wir damit nicht einverstanden. Wir könnten uns allenfalls - wie im gemeinsamen Antrag mit SPD und Grüne vorgeschlagen - damit abfinden, dass wegen der Leistungsberechnung des Ar-beitslosengeldes II gewisse Daten für der Einkommen der Betroffenen erhoben wer-den. Mehr nicht.

Nur bei der Frage der kommunalen Trägerschaft für die Hilfeleistungen sind wir uns auch mit der CDU einig. Es macht überhaupt keinen Sinn für die Durchführung der Gewährung von „Arbeitslosengeld II“ die Bundesanstalt für Arbeit zu beauftragen, wie es die Bundesregierung vorschlägt. Es wäre aberwitzig, wenn die BfA in Nürn-berg auf dieser Grundlage mehrere Tausend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen sollte. Nein: Auch der SSW ist dafür, dass es eine kommunale Trägerschaft in diesem Bereich geben muss, weil die Kompetenz in diesem Bereich vielfach in den Rathäusern der Republik vorhanden ist. Das kann man nicht so einfach an die BfA auslagern.

Wir haben uns zu einem gemeinsamen Antrag mit SPD und Grüne entschlossen, weil es uns insbesondere darum geht zu unterstreichen, dass es nicht nur auf die technische Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ankommt. Sondern, sie muss begleitet werden durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik wie sie auch im ge-meinsamen Antrag formuliert ist. Ohne diese aktive Arbeitspolitik, wo endlich auf Vermittlung – und nicht auf Verwaltung - von Arbeitslosigkeit Wert gelegt wird, machen die neuen Initiativen in diesem Bereich keinen Sinn und würden keinen Erfolg haben.

Dazu ist es auch wichtig darauf hinzuwirken, dass der sogenannte zweite Arbeitsmarkt nicht völlig abgewürgt wird. Wir brauchen jenseits aller Hartz-Reformen im-mer noch eine ausreichende Anzahl von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, um die er-folgreich arbeitenden Beschäftigungsgesellschaften weiterzuführen und um genü-gend Angebote für alle Arbeitslosen zu haben. Bei 4,4 Millionen Arbeitslosen kön-nen wir selbst bei optimaler Vermittlung nicht alle in den ersten Arbeitsmarkt unter-bringen. Wir erwarten von der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit eine verantwortungsvolle Weiterführung der entsprechenden Maßnahmen.

Ein letzter Punkt in Zusammenhang mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe liegt uns besonders am Herzen und deshalb hatten wir auch einen eigenen Antrag hierzu eingebracht. Es geht um die Vermögensfreibeträge - insbe-sondere für die Alterssicherung - bei der Berechnung der jetzigen Arbeitslosenhilfe und des zukünftigen Arbeitslosengeld II.

Anfang des Jahres hat die Bundesregierung die Hürden bei der Bedürftigkeitsprüfung für Bezieher von Arbeitslosenhilfe erheblich restriktiver gestaltet. Während Ar-beitslose und ihre Partner bis zur Jahreswende noch jeweils 520 € pro Lebensjahr auf der hohen Kante haben durften, sind seit Januar bei Neuanträgen nur noch 200 Euro pro Lebensjahr als „Schonvermögen“ erlaubt.

Aus Sicht des SSW ist das eine fatale Fehlentwicklung. Denn das führt dazu, dass die Arbeitslosen, die dem Rat der Politik gefolgt sind und privat für ihre Alter – zum Beispiel mit einer Kapitallebensversicherung - vorgesorgt haben, diese auflösen müssen bevor sie mit Geld vom Arbeitsamt rechnen können. Man rechnet schon im Jahr 2003, dass bis zu 100.000 Arbeitslosen auf dieser Grundlage ihre private Alters-sicherung opfern müssen.

Dies ist eine Fehlentwicklung, weil es dem Ziel der Bundesregierung widerspricht neben der gesetzlichen Rente eine private Säule der Altersvorsorge aufzubauen. Warum sollen Menschen die hoffentlich nur vorübergehend vom sozialen Netz abhängig sind, bei der privaten Altersvorsorge so schamlos benachteiligt werden?

Wir meinen, dass diese Entscheidung der Bundesregierung eine soziale Schieflage für die Betroffenen schafft und hatten eigentlich gehofft, dass der Bundeswirt-schaftsminister im Zuge der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe mit der Sozial-hilfe zum Arbeitslosengeld II die Vermögensfreibeträge für das Schonvermögen für Altersersparnisse wieder erhöht. Entsprechendes hatte ein Sprecher des Bundeswirt-schaftsministerium noch vor der Sommerpause signalisiert.

Leider sind wir wieder einmal vom Sozialdemokraten Wolfgang Clement enttäuscht worden. Denn der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf sieht keine Änderungen in dieser Hinsicht vor. Scheinbar schert man sich im Wirtschaftsministerium überhaupt nicht um die sozialen Folgen der geführten Politik. Da kann es keinen verwundern, dass die sozialdemokratischen Wählerinnen und -wähler - wie jüngst bei der Bayernwahl - aus Enttäuschung über die in Berlin geführte Politik einfach zu Hause blieben. Wenn der Unterschied zwischen CDU und SPD nicht mehr ersichtlich ist, warum sollten die sozialbewussten Menschen noch zur Wahl gehen?
Umso mehr freut es mich, dass die Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein immer noch ihr Herz auf dem richtigen Platz neben Bündnis90/Die Grünen haben und das Ansinnen des SSW im gemeinsamen Antrag mitaufgenommen haben. Die notwendi-gen Reformen werden in Deutschland nur angenommen werden, wenn auch die Schwächsten der Gesellschaft fühlen, dass man auf sie Rücksicht nimmt. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung dieses begreift. Ansonsten wird sie nicht lange mehr im Amt bleiben.

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