Rääde · Flemming Meyer · 23.03.2007 Vorrang für Erdkabel und Verstärkung des Stromnetzes in Schleswig-Holstein


Im September letzten Jahres hat sich der Landtag eindeutig für Erdkabel beim Stromnetzausbau ausgesprochen. Hiermit sollte ein politisches Signal gesetzt werden, zumal man seinerzeit gerade in der Diskussion war, wie diese Problematik in das neue Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz aufgenommen werden könnte.

Seinerzeit waren wir optimistisch, dass hier endlich ein großer Wurf gelingen könnte. Inzwischen sind wir wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Denn das, was uns die Große Koalition auf Bundesebene beschert hat, ist nichts als ein fauler Kompromiss, der niemandem hilft. Statt eine eindeutige Regelung zu schaffen, unter welchen Bedingungen nun Erdkabel vorgeschrieben sind, hat man in Berlin mal wieder einmal mit einer Kann-Bestimmung, die niemandem wirklich weh tut, kein Problem gelöst. Im Gegenteil. Das Problem ist jetzt nur noch verschärft worden.

Wir wissen jetzt, dass man zwar Erdkabel verlegen und deren Kosten dann auch finanziell umlegen darf, aber eine verbindliche Vorschrift ist das immer noch nicht. Es geht bei dieser Vorschrift immer noch der Grundsatz: Wir kommen dem Volk theoretisch näher, aber praktisch beugen wir uns der Stromlobby.

Auf der Strecke Breklum–Flensburg hat es im Planfeststellungsverfahren für eine Freileitung 580 Einsprüche mit insgesamt 870 einzelnen Einwendungen gegeben – so viele, wie noch nie zuvor. Spinnt man hier das Szenario nun weiter, werden sich nach der Planfeststellung, aller Wahrscheinlichkeit nach, eine Vielzahl von einzelnen Einsprüchen gegen die Trasse und die Baumaßnahme ergeben und die Bürger vor Ort natürlich Rechtsmittel einlegen. Wir werden also zum Jahresende eine planfestgestellte Freileitungstrasse haben, die weiterhin nicht genehmigt werden kann, weil eine Vielzahl von Klagen eingereicht worden sind und deren Bearbeitung wird sich dann über Jahre hinziehen. Der Effekt wird sein, dass jahrelang in Spitzenzeiten der Windstrom in Nordfriesland und anderswo nicht abgeleitet werden kann. Das ist klimapolitisch eine Bankrotterklärung der Gesetzesmacher in Berlin und schädigt die regionale Wirtschaft in Schleswig-Holstein – deshalb muss die Landesregierung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes handeln.

Nach Schätzungen des Bundesverbandes Windenergie müssen die Windmüller, deren Windmühlen aufgrund von Kapazitätsüberlastungen derzeit in Hochlastzeiten abgeschaltet werden müssen, bis zu sieben Prozent Einbußen erleiden. Das heißt, dass eine Windenergieanlage von einem Megawatt Leistung rund 10.000 Euro weniger einbringt, als wenn der gesamte Strom ins Stromnetz eingespeist werden könnte. Für den einzelnen Windmüller ist das eine Katastrophe. Und für einen zukünftigen Investor ist das ein Grund, nicht in Schleswig-Holstein, sondern in einem anderen Bundesland zu investieren. Das darf die Landesregierung nicht zulassen, zumal eine Erdverkabelung ohne weiteres möglich ist.

Aber nicht nur die Windmüller und Investoren verlieren hier Geld. Auch die Gemeinden verlieren Steuereinnahmen. Laut Prognos-Studie betragen die Gewerbesteuereinnahmen pro installiertem Megawatt durchschnittlich 5.000 Euro pro Jahr. Für eine kleine Gemeinde ist dass eine riesige Summe, zumal ja meist nicht nur eine, sondern mehrere Anlagen pro Eignungsfläche aufgestellt werden. Allerdings setzt dies voraus, dass die Anlagen auch laufen und nicht abgeschaltet werden, wenn es sich zu lohnen beginnt. Und es setzt voraus, dass Investoren mit Freuden investieren wollen und die Sicherheit haben, dass man hier auch Geld verdienen kann.

Wenn man aber sieht, dass wir zum Beispiel in Nordfriesland bis zum Jahresende nur 465 Megawatt Leistung maximal in das Netz einspeisen können, aber dort schon 732 Megawatt Leistung installiert sind, dann ist klar, dass dies nicht funktionieren kann. Und wenn die Bundesregierung mit ihrer „Großen Koalition des schlechten Kompromisses“ hier schlechte Gesetze macht, dann muss die Landesregierung hier ganz klar Schleswig-Holsteinische Interessen vertreten. Deshalb schlagen wir vor, dass neue Netze grundsätzlich nur noch als Erdkabel auszuführen sind und so die Freileitung zum Ausnahmefall wird.

Die möglichen zusätzlichen Investitionskosten hierfür können schon jetzt auf den Strompreis umgelegt werden. Allerdings glaube ich nicht, dass sich dies sehr stark auswirken wird, weil ja die Netzunterhaltung sich verbilligen wird. Das hat man auch in Dänemark erkannt. Energienet Danmark, der staatliche Netzbetreiber, wird jetzt in der Nähe von Esbjerg ein Erdkabel verlegen, obwohl dies anfangs kostspieliger ist. Mittel- und langfristig wird sich dies aber rechnen. Das hat man in Dänemark eingesehen und deshalb sollten wir diesem Beispiel folgen.

Durch eine Lösung, wie wir sie vorschlagen, werden die Bürgerwünsche beachtet – was ja an sich ein Ziel von Politik sein sollte. Und wir würden schneller zu einer wirklich nachhaltigen Lösung – nämlich Erdkabel – kommen. Wir wollen dies, weil wir die Menschen in Schleswig-Holstein und deren Gemeinden eben nicht daran hindern wollen, Geld zu verdienen und Arbeitsplätze zu schaffen und weil wir unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

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