Rääde · Jette Waldinger-Thiering · 20.02.2015 Wir brauchen weiter die Fanggründe vor unseren Küsten

Flemming Meyer zu TOP 04 - Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein

Die schleswig-holsteinische Ernährungswirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in unserem Land. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage deutlich hervor. Dort werden alle Aspekte der Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein beleuchtet. Von der Produktion, über die Veredelung und Vermarktung bis hin zu Fördermöglichkeiten, um nur einige Bereiche zu nennen. 

Es mag auch niemanden verwundern, dass dies so ist, da Schleswig-Holstein nach wie vor von der Landwirtschaft und der Fischerei sowie dem dazu gehörenden verarbeitendem Gewerbe stark geprägt ist. 

Aber wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen, lässt sich gerade in der Landwirtschaft ein Strukturwandel feststellen. Hierbei handelt es sich nicht um ein Phänomen der letzten Jahre, sondern vielmehr der letzten Jahrzehnte. Daher gilt es, Strategien zu entwickeln, um diesen Prozess abzufedern. 

Der Strukturwandel ist insbesondere auf die Konzentrationsprozesse in der Landwirtschaft, der Ernährungsindustrie und dem Lebensmitteleinzelhandel sowie die Verlagerung der Verarbeitungsstätten in andere Bundesländer zurückzuführen. So geht beispielsweise aus der Großen Anfrage hervor, dass große Schlachtkonzerne heute das Bild beherrschen. Die relativ günstigen Transportkosten für Schlachtvieh sowie überregionale Überkapazitäten verschärfen den Wettbewerb. Daher muss das Bestreben sein, die Schlachtkapazitäten in Schleswig-Holstein zu halten und neue zu schaffen. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere auf die Förderung der Verarbeitung und Vermarktung von Tieren auf kleine und regional orientierte Unternehmen gerichtet sein. Dies schafft qualifizierte Arbeitsplätze in den Regionen und steigert die Wertschöpfung.

Auch die zunehmende Globalisierung stellt die Schleswig-Holsteinische Ernährungswirtschaft vor große Herausforderungen. Sie bietet aber auch Chancen für unsere Land- und Ernährungswirtschaft. Daher ist die Ausweitung des überregionalen Exports ein wichtiger Bestandteil zukünftiger Entwicklungsstrategien. Die wichtigsten Exportabnehmer für Waren der Ernährungswirtschaft sind derzeit Dänemark und die Niederlande. 

Der Umsatzanteil der schleswig-holsteinischen Ernährungswirtschaft von 19,1 % liegt zwar über dem Bundesdurchschnitt von rund 11 % - was natürlich erfreulich ist - er macht aber auch deutlich, dass Schleswig-Holstein viel zu verlieren hat. Und weil dies so ist, sind Konzepte von Seiten der Landesregierung notwendig. 

Die Landesregierung ist hier nicht allein in der Verantwortung. Die Ernährungswirtschaft hat mit der Landesregierung aber einen verlässlichen Partner an ihrer Seite. Gemeinsam müssen langfristige Konzepte und Strategien erarbeitet werden, um die Ernährungswirtschaft weiterhin so gut dastehen zu lassen. 

Erfreulich ist, dass das Thema Regionalität in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung beim Verbraucher gewonnen hat. Die Ernährungswirtschaft reagiert bereits auf diesen Verbrauchertrend, indem zunehmend regionale Produkte angeboten werden. Aber auch Aspekte wie Tierwohl oder Nachhaltigkeit rücken stärker in den Focus der Verbraucher.

Diese Entwicklung gilt es auszubauen. Sie bietet insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen in unserem Land Zukunftschancen neben dem globalen Markt. Aus diesem Grund hat die Landesregierung Schwerpunkte herausgearbeitet, um auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet zu sein. Zu nennen sind hier unter anderem: Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, Schutz der Lebensgrundlagen, Tierwohl, Regionale Wertschöpfung oder Lebensmitteltransparenz. Dies sind alles Aspekte, die einem verantwortungsvollen Kaufverhalten gerecht werden. 

Diese Entwicklung ist auch in der Gastronomie zu verzeichnen. Auch dort wird stärker auf die Regionalität von Produkten geachtet. Somit ist dies auch ein touristischer Aspekt, der nicht zu vernachlässigen ist. Qualitativ hochwertige und regionale Produkte und Angebote gehören zu einem modernen Tourismus-Marketing heute einfach dazu. Das gilt für Produkte aus der Landwirtschaft und ebenso für Produkte aus der Fischereiwirtschaft. Wer heute nach Schleswig-Holstein kommt, um hier Urlaub zu machen, der möchte auch den Fisch oder die Krabben frisch vom Kutter kaufen können und es wird erwartet, fangfrischen Fisch im Restaurant bestellen zu können. Das gehört einfach zum Urlaubserlebnis dazu. Die traditionelle Fischerei in Nord- und Ostsee kann nicht regionaler sein. Daher brauchen wir weiter die Fanggründe vor unseren Küsten. 

Die Maßnahmen der Landesregierung hinsichtlich der Qualitäts- und Absatzförderung sind wichtig und richtig. Daher sollte nach Auffassung des SSW die Regionalisierung der Ernährungswirtschaft weiter ausgebaut werden. Rohstoffe aus der Region sollen in der Region verarbeitet werden und nach Möglichkeit sogar in der Region gehandelt und verzehrt werden. Das trägt dazu bei, die Wertschöpfung im Lande zu steigern. Darüber hinaus erzielen wir Effekte, die nicht unerheblich sind. Es kommt zu einer Verringerung des Transportaufkommens und das schont die Umwelt und ist auch aus tierschutzfachlichen Aspekten positiv. Die Direktvermarktung schafft zusätzliches Einkommen für die Landwirte und regionale Produkte stärken das regionale Lebensmittelhandwerk. 

Die Verknüpfung der Branchen spielt hierbei aber eine große Rolle. Die Landwirtschaftskammer hat – mit finanzieller Unterstützung der Landesregierung – im Rahmen einer Fachveranstaltung die Themen Nachfrage des Handels, Qualitätsanforderungen und Logistik mit Beteiligten aus der Land- und Ernährungswirtschaft und des Handels diskutiert. Mit dabei waren Akteure aus der Landwirtschaft, des Ernährungshandwerks, der Ernährungswirtschaft, des Lebensmittelhandels und der Gastronomie. Daraus entstand seinerzeit der Verein „Nordbauern Schleswig-Holstein – Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter Schleswig-Holstein“. Der Verein verfolgt das Ziel Qualität und Absatz von Produkten heimischer Direktvermarkter zu verbessern und den einzelnen Mitgliedern eine Stimme nach außen zu geben. Zur Vereinsarbeit zählen Weiterbildungsmaßnahmen, gemeinsames Auftreten sowie die Intensivierung der Zusammenarbeit in Vertrieb und Logistik – auch im Hinblick auf den Lebensmittelhandel. So ist es der Homepage zu entnehmen. 

Die Möglichkeit, das Gütezeichen „Geprüfte Qualität Schleswig-Holstein“ zu nutzen, verschafft den teilnehmenden Betrieben zusätzliche Vorteile. Das Gütezeichen hat sich in Schleswig-Holstein und darüber hinaus bewährt. Durch die Zusammenarbeit mit dem Gütezeichen werden Doppelstrukturen vermieden und gleichzeitig das Qualitätsmanagement gesichert.

Auch wenn die Zusammenarbeit der Branchen zum Teil noch in den Kinderschuhen steckt, so hat die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein mittlerweile den regionalen Markt für sich erkannt. Und wir können davon ausgehen, dass dieser Sektor in den kommenden Jahren weiter ausgebaut wird. Das Potential ist da, die Verbraucher wollen es und wir haben das Pfund mit dem wir wuchern können.

Die Ernährungswirtschaft und die Politik müssen weiter im engen Kontakt bleiben. Nur so können die richtigen Schritte weiter angegangen werden. Da wir hier und heute nicht alle Aspekte der Großen Anfrage erörtern können, sollten wir dies im Ausschuss fortsetzen.

Hierbei sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, Vertreter der Ernährungswirtschaft einzuladen, um auch deren Meinung zur Großen Anfrage zu hören und wie sie die künftige Entwicklung in Schleswig-Holstein einschätzen.

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