Speech · 20.05.2021 Gender Budgeting Auch bei finanziellen Maßnahmen müssen Männer wie Frauen gleichermaßen profitieren - eigentlich recht simpel

„Gerade in Krisenzeiten zeigen sich die noch immer bestehenden geschlechtsbezogenen Ungleichheiten besonders deutlich. Die Gleichstellungsstrategien der verschiedenen Ebenen müssen daher noch intensiver vorangetrieben und auch finanziell abgesichert werden.“

Lars Harms zu TOP 31 - Gender Budgeting Kriterien bei der Umsetzung der EU-Förderprogramme in Schleswig-Holstein stärker berücksichtigenn (Drs. 19/2965)

Die Corona-Krise hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Das Management der akuten Pandemie und die Abmilderung der Folgen bestimmen vollkommen zurecht seit etwas über einem Jahr die Agenda der Politik. Gleichzeitig dürfen wir andere Fragen und Aufgaben aber auch nicht aus dem Blickfeld verlieren. Dazu gehört auch die Frage, wie wir die Querschnittsaufgabe der vollumfänglichen Gleichstellung der Geschlechter weiter vorantreiben und letztendlich verwirklichen können.

Die SPD-Fraktion hat hierzu den vorliegenden Antrag zum Stichwort „Gender Budgeting“ eingebracht, dem wir uns gern angeschlossen haben. Das Ziel von Gender Budgeting ist die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern durch eine entsprechend gestaltete Haushaltsführung und Ressourcenverteilung. Indem der Gleichstellungsaspekt auf allen Ebenen des Haushaltsprozesses berücksichtigt wird, kann Gender Budgeting ein wirkungsvolles Analyse- und Steuerungsinstrument darstellen. 

Konkret geht es hier um die EU-Förderprogramme: Rund 1,8 Billionen Euro wird die EU ja in den nächsten Jahren im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) sowie des Aufbaufonds „Next Generation EU“ aufwenden. Neben der wirtschaftlichen Erholung von den Folgen der Corona-Pandemie wird die Finanzierung auch auf die langfristigen Prioritäten in allen Politikbereichen der EU gerichtet sein, beispielsweise auf den ökologischen und den digitalen Wandel. Mit diesem historisch umfangreichen Konjunkturpaket soll Europa sozial gerechter, umweltfreundlicher, digitaler und insgesamt zukunftsfähig werden. 

Hier kommt nun die Geschlechterperspektive und damit das Gender Budgeting ins Spiel:
Durch die Pandemie werden die geschlechtsbezogenen Ungleichheiten besonders deutlich sichtbar. Es waren und sind nach wie vor insbesondere die Frauen, die bei geschlossenen Kitas und Schulen den Großteil der unbezahlten Arbeit leisten, die sich nun wieder mit traditionellen Geschlechterrollen konfrontiert sehen und die aus dem Arbeitsmarkt zurückgedrängt werden. Denn die Corona-Krise trifft die frauendominierten Branchen besonders hart. Entsprechend muss hier verstärkt reagiert und investiert werden.

Die Europäische Kommission hat Anfang des Jahres für die EU-Förderprogramme entsprechende Leitlinien für die nationalen Pläne vorgelegt und Geschlechtergerechtigkeit in allen Prioritäten verankert. Diese Vorgaben müssen sich nun auf die Verteilung von Fördermitteln auch auf nationaler Ebene auswirken.

In Schleswig-Holstein hatte die damalige Küstenkoalition ja das Pilotvorhaben Gender Budgeting im Haushaltsvollzug 2014 umgesetzt und einen entsprechenden Bericht erstellt. Hier müssen wir anknüpfen. Denn wir sind nun an einem Punkt, wo wir feststellen können, dass sich bei diesem Thema in den vergangenen Jahren durchaus etwas getan hat und dass die Debatte nun langsam an Auftrieb gewinnt. Auf der konkreten Maßnahmen- und Umsetzungsebene muss aber noch mehr geschehen.
Viele europäische Länder haben dieses Thema längst auf dem Schirm und entsprechende nationale Aktionspläne zur Geschlechtergleichstellung – auch in Form von geschlechtergerechter Haushaltsführung – beschlossen und angefangen, umzusetzen. Beispielhaft sei hier mal wieder auf die nordischen Staaten verwiesen, von deren Aktionsplan im Rahmen des Nordischen Rates wir uns womöglich auch noch einiges abschauen könnten und sollten. Denn in Deutschland wird Gender Budgeting tatsächlich noch kaum umgesetzt.

Der vorliegende Antrag kommt daher zur richtigen Zeit, denn noch kann die Programmierung der EU-Förderprogramme entsprechend ausformuliert werden. Bei finanziellen Maßnahmen ist künftig darauf zu achten, dass eben Männer wie Frauen gleichermaßen profitieren. Eigentlich recht simpel. Die Stichpunktliste im Antrag beinhaltet ja vor allem übergeordnete Forderungen, auf dass überhaupt erst einmal eine entsprechende Umsetzungsstrategie erarbeitet wird, sprich: Es bleibt abzuwarten, ob dieser Antrag so angenommen wird und wie die Landesregierung die Punkte dann aufgreift und umsetzen wird.

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