Rede · 14.12.2005 Änderung des Landesverwaltungsgesetzes (Rasterfahndung)

Die Einführung der Rasterfahndung nach den Anschlägen der 11. Septembers 2001 bereitete dem SSW erhebliche Bauchschmerzen. Im Protokoll von damals ist nachzulesen, dass wir einen eigenen Änderungsantrag eingebracht hatten, der die Stellungnahmen des Landesdatenschutzbeauftragten und des Kollegen Nabel mit aufgriff. Wir meinten – und meinen weiterhin, dass die Rasterfahndung nur bei einer wirklich „gegenwärtigen“ Gefahr begründet ist, dass die Kontrolle auch über Berichte an die Parlamentarische Kontrollkommission erfolgen sollte, dass der Schutz von Berufs- und Amtsgeheimnissen präzisiert werden und die damalige Befristung verkürzt werden sollte. Letztlich enthielten wir uns der Stimme – in Anerkennung der Tatsache, dass die Landesregierung auch von sich aus die Rasterfahndung nur mit „Auflagen“ einführen wollte: die Befristung bis 2005, die richterliche Genehmigung, die Kontrolle durch das Parlament und den Datenschutzbeauftragten. – Alles dies waren Schritte in die richtige Richtung, sie gingen uns aber nur nicht weit genug.

Heute, vier Jahre später, ist von diesem schwierigen Abwägungsprozess von Freiheitsrechten und innerer Sicherheit nichts mehr zu spüren. Mit der Änderung des Landesverwaltungsgesetzes ist vorgesehen, dass die bis zum Ende des Jahres gesetzlich befristete Rasterfahndung fristlos verlängert wird. Und wieder mal lautet die Begründung: so steht es im Koalitionsvertrag. Der SSW teilt daher die Auffassung des Landeszentrums für Datenschutz, dass vor dem Novellieren das Evaluieren kommt. Es ist offensichtlich, dass eine solche Prüfung nicht stattgefunden hat.

Daher sage ich, aus keiner Unterlage geht hervor, dass die Maßnahme, die nun zum permanenten Instrument der Sicherheitsorgane werden soll irgendeinen Effekt gehabt hat. Kein einziger Schläfer wurde in Schleswig-Holstein enttarnt. Was fest steht ist aber, dass Tausende von polizeilichen Arbeitsstunden in diese Millionen teure Aktion hineingesteckt wurde. Schon 2001 warnten wir davor, dass Unbeteiligte – unschuldige Menschen also – im Raster hängen bleiben könnten. Heute wissen wir, dass Tausende von Menschen als potentielle Schläfer behandelt wurden, und dass dies zur Gefährdung des Arbeitsplatzes und zu Diskriminierungen geführt hat.

Man wird nun sagen können, für die Sicherheit der Bürger ist uns – fast - jedes Mittel recht. Es macht aber gerade einen demokratischen Rechtsstaat aus, dass er der Freiheit der Bürger den Vorzug gibt, statt mit imaginären Muskeln zu spielen. Wohin dies führen kann – und schon geführt hat – zeigen die aktuellen Medienberichte über die Entführungspraxis des CIA und die geheimen CIA-Gefängnisse. Uns wird ein Spiegel vorgehalten, in den zu schauen wir gezwungen sind. Nur so erkennen wir, wie es um unseren Rechtsstaat bestellt ist, wenn weiter nach der Devise „Augen zu und durch“ gehandelt wird.
Daher wäre es ein wichtiges Signal zu sagen, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag an der Befristung der Rasterfahndung festhält, damit sie zum Ende des Jahres auslaufen kann. Die Rasterfahndung war schon 2001 ein zweifelhaftes Instrument zur Verbesserung der inneren Sicherheit. Heute ist es überflüssig wie ein Kropf.

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