Rede · Lars Harms · 26.09.2019 Auch dieser Markt braucht Regeln!

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das gilt auch für den Wohnungsmarkt. Und das spüren auch die Menschen draußen im Land, denn für viele wird es immer schwieriger, ihre Wohnung zu bezahlen oder überhaupt eine Wohnung zu finden. Wir brauchen daher Maßnahmen, die der Wohnraumverteuerung bereits heute entgegenwirken.

Lars Harms zu TOP 03 - Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung (Drs. 19/1427 + 19/1687)

Mit der Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesbauordnung sehen wir durchaus die Möglichkeit, die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein mittelfristig zu verbessern. Das haben wir bereits in der ersten Lesung angemerkt und ich muss sagen, die Anhörung hat dies bestätigt. Die Änderungen werden zu einer Erleichterung des Bauens sowie des Um- und Ausbauens von Gebäuden führen. Durch die Nachverdichtung – also Dachausbauten und Aufstockungen – schaffen wir die Möglichkeit zusätzlichen Wohnraum zu generieren. Dort sehen wir erhebliches Potential für weiteren Wohnraum. Die Vorteile dieser Erleichterung liegen klar auf der Hand: Es wird keine weitere Fläche versiegelt und es bedarf keiner zeitaufwendigen Änderung des Bebauungsplanes. Die vorhandenen Infrastrukturen stehen zur Verfügung und können genutzt werden. 
Angesichts der derzeitigen Lage auf dem Wohnungsmarkt, wo wir insbesondere kleinere Wohnungen benötigen, sehe ich gerade in dieser Änderung der Landesbauordnung eine Chance, die Situation zu verbessern und darauf kommt es in erster Line an. Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass wir Abstriche machen müssen und nicht alle Ziele erreicht werden können. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Barrierefreiheit. Zur Ehrlichkeit gehört, dass wir hier gewisse Abstriche machen. Wir sehen das Problem, dass der Bau oder Ausbau eines neuen Fahrstuhls mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden ist. Durch eine verpflichtende Barrierefreiheit wäre der Aufbau eines neuen Geschosses oder der Ausbau des Dachgeschosses finanziell nicht mehr darstellbar. Das hätte zur Konsequenz, dass die Schaffung von neuem bezahlbarem Wohnraum konterkariert würde und das kann nicht gewollt sein.
Insgesamt tragen die Änderungen zur Landesbauordnung zu einer weiteren Deregulierung im Baugenehmigungsverfahren bei. Das bedeutet, dass Bauvorhaben früher begonnen werden können, auf der anderen Seite bedeutet das aber auch, dass mehr Verantwortung zu den Bauherren, Investoren und Architekten übergeht. Die Praxis wird hier zeigen, inwieweit der Liberalisierungswille tragfähig ist. 
Mit der Änderung der Landesbauordnung wird insgesamt eine Vereinfachung und Erleichterung angestrebt, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Diese Maßgabe unterstützt auch der SSW. Aber zur Abschaffung der Wohnungsknappheit und zur Schaffung von neuem bezahlbarem Wohnraum ist die Landesbauordnung ein Instrument von vielen. Die Änderungen sind gut und richtig, aber die LBO ist nicht das Allheilmittel, um das Problem zu lösen. Nicht alle Erleichterungen oder Maßnahmenpakete der LBO lassen sich sofort umsetzen. Spürbare Verbesserungen werden erst in einigen Jahren zum Tragen kommen. Diese Zeit haben die Menschen zu Teil aber nicht. Wer heute in der Situation steckt, dass dringend eine bezahlbare Wohnung benötigt wird, dem hilft der Verweis auf die Änderungen der LBO nur wenig bis gar nicht. 
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das gilt auch für den Wohnungsmarkt. Und das spüren auch die Menschen draußen im Land, denn für viele wird es immer schwieriger, ihre Wohnung zu bezahlen oder überhaupt eine Wohnung zu finden. Wir brauchen daher Maßnahmen, die der Wohnraumverteuerung bereits heute entgegenwirken. Dafür benötigen wir beispielsweise die Mietpreisbremse, denn nur so verhindern wir, dass die ortsübliche Miete nicht dem Wucher anheimfällt und sie weiterhin für die Menschen bezahlbar bleibt. Wir brauchen eine Kappungsgrenze die sichert, dass Mieterhöhungen nur in einem angemessenen Rahmen stattfinden dürfen. Und Mieter müssen, vor unbewohnbaren Wohnungen, Mietwucher und Zweckentfremdung von Wohnungen wirksam geschützt werden. Aus diesem Grund haben wir als SSW ein Wohnraumschutzgesetz eingebracht, um den Kommunen ein Instrument an die Hand zu geben, damit sie gegen Zweckentfremdung, gegen Mietwucher oder gegen verwahrlosten Wohnungsbestand vorgehen können. All das sind Bausteine, die uns bei der Bekämpfung der Wohnungsknappheit bereits jetzt helfen würden. Aber all das hat Jamaika abgelehnt. 
Der Markt wird’s schon richten. Der Markt hat’s gerichtet – und wir sehen wo es uns hingeführt hat. Wir können und dürfen eben nicht alles den marktwirtschaftlichen Kräften überlassen. Auch dieser Markt braucht Regeln!

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