Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 01.07.2011 Auswirkungen der Aussetzung des Wehrdienstes und Zukunft der Freiwilligendienste und des Katastrophenschutzes, Wissenschafts- und Studienplatzstandort nachhaltig sichern! und Bereitstellung von Studienanfängerkapazitäten durch die Aussetzun

Das deutsche Studiensystem ist mit der Umstellung auf Bachelor und Master grundlegend verändert worden. Die kurzfristigen Folgen der Umstellung waren bisher vor allem negativ: Verwirrung und Chaos, Aberkennung wissenschaftlicher Qualität, Prüfungsstress und Verschulung - um nur einige Beispiele zu nennen. Zum Durcheinander der Bologna-Reform kommt hinzu, dass Deutschland die Zahl der Studienanfänger insgesamt erhöhen möchte und wir durch die doppelten Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht mit zusätzlichen jungen Leuten rechnen müssen, die an die Hochschulen wollen.

Dem Bericht der Landesregierung zur nachhaltigen Planung der Masterstudienplätze in Schleswig-Holstein können wir entnehmen, dass es cirka halb so viele Masterstudienplätze wie Bachelorstudienplätze gibt und dass es bisher mehr Masterstudienplätze als Bewerber gibt. Erfreulich ist aus Sicht des SSW, dass es vor allem an der Uni Flensburg im Bereich der Wirtschaftswissenschaften mehr Bewerber als Plätze gibt. Sprich: genau die Studiengänge, die die Landesregierung schließen möchte, sind bei den Studierenden besonders nachgefragt, weil sie nämlich nicht nur, wie zum Beispiel der Studiengang Internationales Management, grenzüberschreitend sind, sondern auch einzigartig in ganz Deutschland - siehe den Studiengang Energie- und Umweltmanagement. Es ist daher schon grotesk, dass die Landesregierung bei nicht ausreichend nachgefragten Angeboten zu einer Überprüfung bzw. Aufhebung der Studiengänge rät, gleichzeitig aber die besonders erfolgreichen Studiengänge kaputt macht.

Die Landesregierung stellt in ihrem Bericht weiter fest, dass es ausreichend Masterstudienplätze gibt und die Gründe für die geringe Nachfrage bisher nur vermutet werden können. Darüber hinaus liegt bundesweit der Übergang an den Universitäten in einen Master-Studiengang bei 66-75% und an den Fachhochschulen bei ungefähr 50%. Daten des Statistischen Bundesamtes oder des Hochschulinformationssystems geben allerdings noch weitere interessante Auskünfte zum Studierverhalten. Abgesehen davon, dass an den Universitäten mehr Studierende auch einen Master-Studiengang belegen, wissen wir aus diesen Untersuchungen, dass die Studierenden, die einen Master machen wollen, die Studienqualität insgesamt besser beurteilen. Mit anderen Worten: wer mit seinem Studium nicht zufrieden ist, möchte auch nicht weiter studieren. Motive für die Aufnahme eines Master-Studiengangs sind außerdem vor allem die persönliche Weiterbildung und die besseren Berufschancen sowie das geringe Vertrauen in die Berufschancen des Bachelor-Abschlusses und das Fehlen der finanziellen Voraussetzungen.

Es ist also nicht so, dass Studierende völlig willkürlich mal den Master oben drauf satteln und mal nicht. Vielmehr gibt es gute Gründe für das Studierverhalten der jungen Menschen. Dementsprechend gibt es für die Politik auch Schalthebel, um mehr junge Menschen für einen Masterstudiengang zu begeistern. Mit dem Hochschulpakt II und der Verbesserung der Qualität der Lehre sind wir daher auf dem richtigen Weg. Dementsprechend muss die Landesregierung auch auf die Aussetzung der Wehrpflicht reagieren. Der SSW begrüßt ganz ausdrücklich, dass die Gemeinsame Wissenschaftsministerkonferenz auf die Aussetzung der Wehrpflicht bereits reagiert hat. Hier muss allerdings erwähnt werden, dass die Landesregierung in ihrer Planung von einer starken Inanspruchnahme des neuen Bundesfreiwilligendienstes ausgeht. Dies ist zum heutigen Zeitpunkt aber mehr als ungewiss. Damit die Rechnung aufgeht, muss also umfassend über diese sinnvolle Tätigkeit informiert werden. Und nicht zuletzt muss im Sinne der Träger dieser Dienste und der Interessierten endlich auch ein verlässlicher Rahmen geschaffen werden. Andernfalls bleiben die prognostizierten Teilnehmerzahlen bloßes Wunschdenken.

Neben diesen Schalthebeln geht es aber vor allem um die grundsätzliche Ausrichtung der Bildungspolitik in Deutschland. Es kann nicht sein, dass wir mit der Bologna-Reform weniger Hochqualifizierte und Wissenschaftler in Deutschland haben werden. Wenn also die Studienplätze nicht ausreichend nachgefragt werden, reicht es nicht aus, den Zugang zu erleichtern oder den Studiengang kritisch zu überprüfen bzw. einzustellen. Es muss dann darum gehen, mehr junge Menschen für den Master zu begeistern und für diesen zu werben.



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