Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 12.11.2008 Bericht Einheitliche Küstenwache – Konsequenzen aus dem Pallas-Unglück

Es ehrt ja den Minister, wenn er fordert, dass wir eine einheitliche Küstenwache brauchen. Und wir sind uns, wie in der Vergangenheit, darüber einig, dass auch der heutige Zustand nur ein Zwischenschritt sein kann. Aber, dass wir selbst für den Zwischenschritt mit Namen Havariekommando, 5 Jahre gebraucht haben und wir dann nach weiteren 5 Jahren keinen Schritt weiter sind, ist eigentlich ein Armutszeugnis der Politik in Norddeutschland.

10 Jahre nach dem Pallas-Unglück wissen wir, dass zwar theoretische Konsequenzen gezogen worden und auch durchaus respektable erste Schritte zur Verbesserung der Strukturen eingeleitet worden sind. Aber der ganz große Wurf ist immer noch nicht gelungen. Ich möchte daran erinnern, dass wir 1999 und Anfang 2000 hier beschlossen haben, eine einheitliche Küstenwache einzurichten und wir wollten Hindernisse, die uns die Bundesverfassung setzt, nach Möglichkeit aus dem Weg räumen. Die Landesregierung sollte die notwendigen Umsetzungsschritte hierfür einleiten. Geschehen ist dies aber leider nicht. Dabei spielt es erst einmal keine Rolle welches von den Bundesländern hier der größte Bremser war. Was wir feststellen können ist, dass wir immer noch nicht das haben, was eigentlich von Nöten ist: eine einheitliche, deutsche Küstenwache.

Was haben wir stattdessen? Wir haben ein Havariekommando mit durchaus motivierten handelnden Personen, das einschreiten kann, wenn eine Notsituation entsteht. Wir haben aber auch 4 Bundesbehörden und 3 Landesbehörden, die dieses Havariekommando gemeinsam bilden. Jede dieser Behörden hat seine eigene Struktur und seine eigenen Abläufe. Alle Beteiligten haben ihre eigenen Leitstellen, die dann im gemeinsamen Lagezentrum zusammenarbeiten sollen. Da mag man ja sagen, dass alles nur eine Frage der Selbstorganisation ist, aber wir wissen genau, dass bei solchen Strukturen, die Chancen höher sind, dass Fehler passieren, als bei einer einheitlichen Organisation. Wenn wir dann noch daran denken, dass die Leitung des Lagezentrums regelmäßig zwischen den Partnern wechselt, dann ist das eigentlich keine Organisation, die den dort Tätigen hilft, sondern die diese eher behindert. Das sieht auch die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste so. Auf Dauer sei so eine derartige Institution nicht zu führen, heißt es von Seiten der SDN. Ganz bewusst weist die SDN auf die Vorgänge rund um die Versenkung von Steinen in der Nordsee durch Greenpeace hin. Diese Vorgänge sind zwar nur mittelbar vergleichbar, aber sie zeigen, dass es sehr schnell dazu kommen kann, dass Verantwortungen zwischen Behörden hin und her geschoben werden können. Und genau das kann dann natürlich auch in einer eher festgefügten Zusammenarbeit, wie im Havariekommando, geschehen.

Neben politischen Vertretern an der gesamten deutschen Nordseeküste hat auch der nordfriesische Kreistag genau auf diesen Umstand hingewiesen. Auch dort sieht man die Einrichtung des Havariekommandos zwar als ersten Schritt an, aber dieser Schritt ist eben bei weitem noch nicht ausreichend. Angesichts der stetig ansteigenden Frachtaufkommen im Seeverkehr, wird die Gefahr von Schiffsunglücken statistisch eher steigen als fallen. Wir müssen also für die Zukunft gewappnet sein und dürfen nicht locker lassen. Der WWF hat hier ganz konkrete Vorstellungen, wie wir für mehr Sicherheit im Seeverkehr sorgen können. Er wirft dem Havariekommando nämlich vor, dass es kein ständig aktuelles Lagebild aller Schiffe habe. Man stelle sich dies einmal im Flugverkehr vor! Ein Unfall auf See hat aber nun einmal weitreichendere Auswirkungen als an Land. Dort kann man den Schaden örtlich begrenzen – auf See kann man dies oft genug nicht. Deshalb fordert der WWF die Nutzung des Schiffsidentifizierungssystems AIS. Für uns zeigt die Forderung deutlich, dass es hier noch an vielem fehlt.

Die Erfahrungen der Vertreter an der Nordseeküste sind die, dass es nur schleppend voran geht. Die Schlepperkapazitäten sind zwar ausgeschrieben worden, aber 10 Jahre nach Pallas ist immer noch keine Ende der Geschichte erreicht. Und weil man dies weiß und weiß, dass auch im Norden der Deutschen Bucht Schlepperkapazitäten fehlen, fordert die Insel- und Halligkonferenz einen weiteren Hochseeschlepper im nördlichen Bereich der Nordsee. Auch dies ist für mich ein Zeichen, dass es immer noch nicht zum Besten steht und die Landesregierung hier aktiv werden muss.

Insgesamt sind innerhalb der vorhin genannten 7 Bundes- und Landesbehörden, die das Havariekommando bilden, rund 30 Ämter beteiligt. Und jedes dieser Ämter hat eine eigene Hoheit in Bezug auf EDV-Infrastruktur, Kommunikationsmittel oder auch Fahrzeuge. Dann sind da auch noch die vielen Standorte, auf die sich die Ämter und Behörden verteilen und dann will man noch sagen, dass dies alles nicht zur Unübersichtlichkeit beiträgt? Natürlich arbeiten die Mitarbeiter in den Ämtern und Behörden gut, aber sie bekommen durch die Politik nicht die Strukturen zur Verfügung gestellt, die sie verdient haben. Und daran hat auch die Landesregierung in den vergangenen 10 Jahren ihren Anteil gehabt.

Es reicht also nicht, von Seiten der Landesregierung nur zu sagen, dass man eine einheitliche Küstenwache braucht; wir benötigen auch konkrete Schritte hin zu einer solchen Küstenwache und dabei reicht es nicht aus, zu sagen, dass ein Partner – nämlich Niedersachsen - nicht mitmachen will. Dann muss der Druck auf diesem Partner eben erhöht werden. Schließlich können wir uns eine zweite Pallas-Katastrophe nicht leisten.

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