Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 17.03.2010 Bericht zur Situation der Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel

Die Debatte zu den beiden Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel ist nicht nur eine Debatte über den Zustand dieser beiden Anlagen, sondern auch über die Frage, ob Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden sollen oder nicht. Betrachten wir uns die beiden in Rede stehenden Kraftwerke, so wissen wir, dass diese in der Vergangenheit mit einer Vielzahl von Störfällen „geglänzt“ haben. Das heißt, die Frage, ob diese wieder ans Netz sollen, stellt sich für mich eigentlich nicht. Was nachgewiesenermaßen ständig nicht funktioniert, darf auch nicht ans Netz gehen. Wenn man dann noch betrachtet, mit welcher Informationspolitik wir es von Seiten der Betreiber dieser Anlagen zu tun haben, dann bedeutet auch dies für mich, dass diese Anlagen abgeschaltet bleiben müssen.

Es ist klar, dass das Atomgesetz hier kaum Möglichkeiten bietet. Schließlich ist das Atomgesetz ein Gesetz, dass nahezu perfekt auf die Bedürfnisse der Betreiber von Atomanlagen zugeschnitten ist und nicht die Bedürfnisse der Menschen im Fokus hat. Da die Politik in Berlin, aber auch in Schleswig-Holstein, nicht den Mut gehabt hat, dieses Problem offensiv anzugehen, habe ich hier keine Hoffnung, dass sich noch kurzfristig an der Gesetzgebung etwas ändert. Allerdings muss man dann mindestens am Atomkompromiss festhalten. Das heißt, im Jahr 2022 muss Schluss sein mit der Atomenergie in Deutschland. Das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger im Mindesten von der Politik erwarten dürfen; zumal es eine dauerhafte breite Mehrheit für den Atomausstieg in Deutschland gibt.

Ich glaube aber auch, dass neben den ökologischen Problemen, den Schwierigkeiten bei der Entsorgung der Atomabfälle, der möglichen terroristischen Bedrohung und der öffentlichen Meinung noch ein weiterer Punkt relevant ist.

Betrachtet man die wirtschaftlichen Interessen, so kann kein Weg am Atomausstieg vorbei gehen. Gerade aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen heraus, müssen wir die Atomkraftwerke in Deutschland abschalten. Die kommunalen Stadtwerke haben deutlich gemacht, dass das Angebot an Billigstrom aus abgeschriebenen und hoch-subventionierten Atomkraftwerken, ihnen die Luft zum Atmen nimmt. Bisher haben sich die kommunalen Stadtwerke und andere Anbieter darauf verlassen, dass die Atomkraftwerke spätestens 2022 abgeschaltet sind. Deshalb hat man damit begonnen, in vielerlei Projekte zu investieren. Diese Investitionen lohnen sich aber nur, wenn die AKWs auch wirklich abgeschaltet werden. Geschieht dies nicht, werden jetzt gerade Investitionsruinen geschaffen, die sich niemals rechnen können.

Unser aller Interesse sollte es sein, gerade die Stadtwerke und kleinen und mittleren Energieproduzenten zu stützen und zu stärken. Werden aber weiterhin die hoch-subventionierten Atomkraftwerke betrieben, dann haben diese Anbieter keine Chance. Wir haben also auch vor dem Hintergrund der Wirtschaftsförderung, der Regionalentwicklung und der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit von Projekten geradezu die Pflicht, einen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu verhindern.

Wem nützt eigentlich der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke? Gerne wird ja gesagt, dass die Kraftwerke Steuereinnahmen und Arbeitsplätze generieren. Das ist nur halb richtig, denn das würden andere Energieformen, die nach dem Abschalten der Atomkraftwerke ausgebaut würden, ja auch tun. Auch andere Kraftwerke, Solarparks, Windkraftanlagen, Biogasanlagen, Fernwärmenetze oder Gezeitenkraftwerke generieren Steuern und Arbeitsplätze. Bei den Arbeitsplätzen ist der Effekt bei den Erneuerbaren Energien sogar nachweislich höher. Man muss ihnen aber auch die Möglichkeit dazu bieten.

In Wirklichkeit nützt die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken nur den vier großen Betreibern der Anlagen. Bei einer Laufzeitverlängerung um 8 Jahre auf 2030 würden die Betreiber 60 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Würde man die Laufzeit bis 2050 verlängern, käme man auf gigantische 230 Milliarden Euro für vier Großkonzerne.

Zum Vergleich: Mit dieser Summe könnte man die gesamten seit 1949 aufgelaufenen Schulden des Landes Schleswig-Holstein 10 mal bezahlen. Das, meine Damen und Herren, muss man sich vor Augen halten, wenn man über Atomkraft und Laufzeitverlängerung redet. Mit jedem Jahr mit der wir die subventionierte Atomkraft am Leben erhalten, spülen wir staatlich subventionierte Milliardengewinne in Konzerne. Für uns ist daher klar: Wir wollen eine andere Energiepolitik, die auf Nachhaltigkeit und Regionalität setzt. Und wir wollen den schnellen Ausstieg aus der Atomkraft – nicht nur in Brunsbüttel und Krümmel, sondern überall.

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