Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 22.09.2016 Bildung muss kostenlos sein - das Krippengeld ist ein wichtiger Schritt

Flemming Meyer zu TOP 7+33 - Gesetzentwurf zur Stärkung von Familien mit Kindern, Kitakollaps verhindern - strukturelle Unterfinanzierung beenden und solides Finanzierungssystem jetzt auf den Weg bringen!

Eins habe ich für den SSW schon in der ersten Debatte zu diesem Gesetz betont: Unser Ziel ist und bleibt die beitragsfreie frühkindliche Bildung. Das Krippengeld ist hier ein erster Schritt zur Entlastung der Familien. Aber eben nur ein erster Schritt. Wir alle wissen, dass unsere Ressourcen nicht unbegrenzt sind. Und doch ist für den SSW und für diese Koalition völlig klar, dass es hierbei nicht bleiben wird. Wir wollen und wir werden noch mehr tun, wenn es um die Unterstützung von Familien mit Kindern geht. Und wir werden weiter dafür arbeiten, dass der Zugang zu Bildung nicht länger vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Nach unserer Überzeugung muss Bildung grundsätzlich kostenlos sein. Das ist unser Ziel. Und ich gebe gerne zu, dass hier noch viel Arbeit vor uns liegt. 

Natürlich kann man auf dem Weg zu einem kostenfreien Bildungswesen andere Schritte vorziehen. Schon allein deshalb kann man unseren Ansatz kritisieren. Das wurde nicht zuletzt auch in der Anhörung deutlich. Aber eins sollten auch die Damen und Herren Oppositionspolitiker zugeben können: Das grundsätzliche Ziel dieser Koalition, dass Bildung - und hierzu gehört auch die frühkindliche Bildung - beitragsfrei sein sollte, wurde von den allermeisten Experten geteilt. Mich persönlich wundert das nicht. Denn so schafft man echte Chancengleichheit und gibt den Menschen die Möglichkeit, durch Bildung aufzusteigen. 

Doch gerade in diesen Zeiten ist man natürlich nicht verlegen, wenn es um die eine oder andere knackige Forderung geht. Den einen fällt nun auf, wie teuer ein Betreuungsplatz sein kann und rufen deshalb, das Krippengeld sei viel zu wenig. Die anderen wollen urplötzlich mehr Qualität in der gesamten frühkindlichen Bildung. Und wieder andere entdecken bei dieser Gelegenheit ihr Herz für die Kommunen. Doch bei aller Kritik - ob berechtigt oder überzogen - ist eins nicht von der Hand zu weisen: Eltern von Krippenkindern haben durch unsere Entscheidung jeden Monat bis zu 100 Euro mehr im Geldbeutel. Das ist für viele eine konkrete Entlastung und lässt sich nicht wegdiskutieren.

Eins ist völlig richtig: Von dieser Maßnahme profitieren auch Familien mit kleinen Kindern, denen es finanziell gut oder sogar sehr gut geht. Doch wer hier direkt die plakativen Beispiele von Reichen hervorkramt, sagt höchstens die halbe Wahrheit. Tatsache ist, dass gerade diejenigen, die einer völlig normalen Arbeit nachgehen und ein überschaubares Einkommen haben, ganz besonders von dieser Maßnahme profitieren. Es gibt einfach deutlich mehr Postboten, Krankenschwestern und ganz normale Facharbeiter im Land, als Superreiche. Und für sie machen 100 Euro pro Kind und Monat nun mal einen echten Unterschied. Gerade diese Menschen haben wir mit unserem Krippengeld im Blick.

Einen anderen Kritikpunkt, der auch im vorliegenden Antrag der CDU durchscheint, halte ich dagegen für völlig unangemessen. Der Vorwurf, wir würden die Kommunen im Regen stehen lassen ist schlicht und einfach unwahr. Weder beim Thema Kita noch beim Thema Finanzen insgesamt, kann hiervon die Rede sein. Ganz im Gegenteil: In der rot-grün-blauen Regierungszeit haben wir nicht nur den Eingriff in den Kommunalen Finanzausgleich zurückgenommen und im Rahmen von verschiedenen Programmen zusätzliche Millionen investiert. Wir haben auch bei der frühkindlichen Bildungsinfrastruktur viel Geld in die Hand genommen. Noch dazu haben die Kommunen in den vergangenen Jahren gleichermaßen von Steuermehreinnahmen profitiert. Wer sich die Zahlen genauer anguckt, wird deshalb feststellen, dass sie noch nie so gut dastanden, wie heute.

Wenn aus Sicht der CDU nun trotzdem der Kita-Kollaps droht. Und wenn wir offenbar den fiesen Plan verfolgen, die Kommunen auf diesem Weg auszubluten, um den Zusammenschluss zu größeren Einheiten zu erzwingen. Dann kann ich vor dem Hintergrund unserer Finanzhilfen und der Gesamtsituation der kommunalen Familie nur sagen, dass diese Vorwürfe wirklich mehr als abenteuerlich sind. 

Eins muss in diesem Zusammenhang offensichtlich sehr deutlich gesagt werden: Allein bei den Kita-Betriebskosten lag die Gesamtförderung 2012 noch bei rund 107 Millionen Euro. Heute sind es über 200 Millionen. Die Investitionsmittel sind im gleichen Zeitraum von 134 auf 236 Millionen gestiegen. Wir leisten hier also einen ganz erheblichen Beitrag. Und gerade weil wir wissen, dass es bei der Frage der Betriebskosten kneift, werden wir sehen, ob wir hier noch kurzfristig nachbessern können. Wer hier also über zu wenig Einsatz von Seiten des Landes klagt, sollte auch diese Fakten fairerweise berücksichtigen.

Aus Sicht des SSW ist das Horrorszenario Kita-Kollaps wirklich deutlich überzogen. Und trotzdem sehen wir ganz klar die Probleme vor Ort. Uns ist bewusst, dass Eltern trotz Krippengeld mitunter hunderte von Euro für ihren Betreuungsplatz zahlen. Wir sehen, dass die Betreuungszeiten noch längst nicht immer und überall dem Lebensalltag der Menschen entsprechen. Und auch darüber, dass wir weiter intensiv an der Verbesserung der Qualität arbeiten müssen, brauchen wir hier nicht zu streiten. Aber wir sind an diesen Themen dran. 

Ein großes Problem habe ich gerade schon kurz angeschnitten: Je nach Angebot und Betreuungszeit zahlen Eltern pro Jahr zwischen 514 und 5688 Euro für einen Betreuungsplatz. Diese Zahlen stehen nicht nur im klaren Widerspruch zu unserem Ziel, Bildung kostenlos zu machen. Sondern sie zeigen auch, wie extrem die regionalen Unterschiede bei uns im Land sein können. Für uns ist klar, dass wir hier unbedingt etwas ändern müssen. Bei der grundsätzlichen Forderung, die Kita-finanzierung neu zu ordnen, liegen wir hier also gar nicht so weit auseinander.

Wir alle wissen aber auch, dass das Finanzierungssystem in diesem Bereich sehr kompliziert ist. Wir zahlen an Kreise und kreisfreie Städte und diese wiederum an die Gemeinden oder Kita-Träger. Doch nicht nur diese Zweistufigkeit macht das System unübersichtlich, sondern die vielen Akteure insgesamt. Denn neben uns und den Kreisen und Gemeinden sind eben auch die Träger, Einrichtungen und Eltern beteiligt. Hier müssen wir ganz ohne Frage zu mehr Transparenz kommen. Und natürlich müssen hier Qualitätsaspekte im Vordergrund stehen. Aber nach unserer Auffassung sollen eben nicht die Eltern gleichermaßen herangezogen werden, wie es die CDU fordert. Wir wollen, dass die Eltern von ihren Beiträgen befreit werden. 

Beim Stichwort unterschiedliche Ziele muss ich hier leider auch nochmal auf das völlig gegensätzliche Modell der Herdprämie verweisen. Denn auch diese absurde Idee haben wir hier ja auf Betreiben der CDU diskutieren müssen. Deshalb will ich nochmal klar sagen: Für uns gibt es keine Alternative zum Ausbau der frühkindlichen Bildung und zur stetigen Verbesserung der Qualität. Und aus meiner Sicht setzt auch dieser Gesetzentwurf konkrete Anreize dafür, sein Kind in eine frühkindliche Bildungseinrichtung zu geben. Genau dieser Anreiz ist uns sehr wichtig. Denn seit langem ist klar, dass hier extrem wichtige Weichen für das Leben gestellt werden. Schon in der Kita entscheidet sich, wer später Bildungserfolg haben wird und wer nicht. Deshalb werden wir unser Ziel auch auf gar keinen Fall aus den Augen verlieren, und weiter daran arbeiten, möglichst allen Kindern die bestmöglichen Chancen geben.

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